Die Nominierungen zum renommierten Grimme-Preis 2024 sind da – und da ist aus Serien-Sicht tatsächlich dieses Mal einiges Spannendes dabei. Was auffällt: Nicht etwa öffentlich-rechtliche Produktionen stehen hier ausschließlich im Fokus. Außergewöhnlich viele Produktionen des Privatfernsehens, der Pay-TV- und Streaminganbieter sind in diesem Jahr unter den Nominierten für den Grimme-Preis. Insgesamt sind es sogar zwölf Produktionen, von denen zwei in der Kategorie Information & Kultur, fünf in der Kategorie Fiktion, zwei in der Kategorie Unterhaltung und drei in der Kategorie Kinder & Jugend nominiert wurden. Disney+ ist im ersten Jahr nach dem Start des deutschen Angebots gleich mit drei Produktionen dabei: „Deutsches Haus“, „Sam – Ein Sachse“ und „Die drei !!!“. Hier kommen alle Nominierungen im Überblick.
Die Disney+-Serie „Deutsches Haus“ erzählt die Geschichte einer jungen Dolmetscherin im Nachkriegsdeutschland 1963. „Sam – Ein Sachse“ zeigt die persönliche Geschichte des ehemaligen Polizeibeamten Samuel Meffire, der als erster afrodeutscher Polizist Ostdeutschlands gilt. Für einen Spezialpreis in der Kategorie Kinder & Jugend wurde das Ensemble der Serie „Die drei !!!“ von der Kommission nominiert.
Wie wichtig das Wissen, die Auseinandersetzung und der verantwortungsbewusste Umgang mit der deutschen Geschichte ist, zeigen nach Ansicht des Grimme-Instituts in Marl die aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen und Ereignisse. Neben den beiden Disney+-Produktionen sortieren die Organisatoren auch der Film „Ich bin! Margot Friedländer“ (ZDF) über die Lebensgeschichte der 101-jährigen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer in der Kategorie Fiktion sowie „Stalingrad – Stimmen aus Ruinen“ (rbb/ARTE/NDR) und „Drei Frauen – ein Krieg“ (rbb/WDR/ARTE) in der Kategorie Information & Kultur als relevante Produktionen zu diesem Themenkomplex. Mit „Einzeltäter“ (ZDF) und „Capital B – Wem gehört Berlin?“ (rbb/WDR/ARTE) sind Produktionen nominiert, die sich zum einen drei rechtsterroristischen Anschlägen in Deutschland widmen und zum anderen die Geschichte Berlins seit dem Mauerfall 1989 illustrieren.
„Songs of Gastarbeiter – Liebe, D-Mark und Tod“ (WDR/rbb/ARTE), nominiert in der Kategorie Information & Kultur, erzählt die Geschichte der türkischen Gastarbeiter:innen in Deutschland anhand ihrer musikalischen Kultur, die sich in ihrer besonderen Form so nur in Deutschland entwickelt hat, und beleuchtet dabei besonders Themen wie Heimat und Identität. Auch die Produktionen „HYPECULTURE: Straßenslang – Wie Rap Deutschland verändert“ (funk), nominiert in der Kategorie Jugend, und „Prison Tapes“ (RTL+), nominiert in der Kategorie Unterhaltung, setzen sich mit dem Thema Musik als Einfluss auf und Spiegel von Jugend, Kultur und Gesellschaft auseinander.
Für die Besondere Journalistische Leistung wurden die Redaktion von „Monitor“ für die herausragenden Recherchen zum Thema Migration, die ARD-Korrespondentin Katharina Willinger (ARD-Studio Istanbul/BR) für ihre Berichterstattung aus der Türkei und dem Iran sowie das Rechercheteam hinter der Dokumentation “China. Macht. Essen“ und mehreren Politikmagazin-Kurzfassungen für die aufwändige Berichterstattung zur geopolitischen Instrumentalisierung der Welternährungsorganisation durch China (SWR/BR/MDR/rbb) nominiert.
Übrigens ist auch eine Netflix-Produktion dabei: Für einen Spezial-Preis in der Kategorie Fiktion ist die Initiation, redaktionelle Begleitung und Beratung von ZDF/ARTE und good karma fiction eines kenianischen Produktionsteams nominiert worden. Als erste kenianische Netflix-Serie zeigt „Country Queen“ die besondere Kooperation, bei der die deutschen Expert:innen beratend zur Seite standen und so eine erfolgreiche internationale Zusammenarbeit geschaffen wurde. Das Ergebnis ist eine Serie, die sich in besonderer Weise mit Heimat und Familie auseinandersetzt.
So funktioniert die Vergabe des 60. Grimme-Preises: 16 Preise aus 64 Nominierungen
Im Marler Grimme-Institut haben Anfang Januar die Nominierungskommissionen zum Jubiläumspreisjahr 2024 getagt. Diese bestehen je Kategorie aus etwa sechs Personen, besetzt in der Regel durch eine:n Vertreter:in einer Volkshochschule (naheliegenderweise), eine:r Hochschulvertrer:in (meist Studierende) und Journalist:innen. Hier kann man sich über alle Kommissionsmitglieder informieren. In den Kategorien Information & Kultur, Fiktion, Unterhaltung und Kinder & Jugend wurden aus mehr als 750 Einreichungen 64 Produktionen und Einzelleistungen für den 60. Grimme-Preis nominiert. Drei der vier Kommissionen haben ihr Kontingent zur Nominierung nicht ausgeschöpft. Ab dem 27. Januar 2024 kommen dann in Marl die Jurys zusammen, um über die Vergabe von 16 möglichen Grimme-Preisen sowie dem Preis der Marler Gruppe und dem Preis der Studierendenjury zu urteilen. Auch sie setzen sich zusammen aus Vertreter:innen von Bildungseinrichtungen oder Volkshochschulen, wissenschaftlichen Vertreter:innen und Journalist:innen. Hier kann man einen Blick auf die Jury werfen. Wer sich schließlich zu den Preisträger:innen des 60. Grimme-Preises zählen darf, wird am 14. März 2024 bekanntgegeben.
Eine Übersicht aller nominierten Produktionen findet sich auf der nächsten Seite.
Bilder: Disney
Bei Preisen, die durch Jurys vergeben werden, lohnt sich immer ein Blick auf deren Zusammensetzung, deren Sachverstand und Kompetenz. Erst dann kann man einschätzen, wie viel Bedeutung man den Urteile der Juroren zuschreiben kann. Eine unpassend besetzten Jury wird auch nicht durch den Titel „Grimme-Preis-Kommission“ geadelt.
Findest Du, dass die aktuelle Jury unpassend besetzt ist? Inwiefern?
Ich habe mir noch nicht alle Juroren angeschaut, hätte es aber passend gefunden, wenn du in deinem Artikel ein paar mehr Worte zu den Kommissionen verloren hättest, denn der Preis wird nun mal nicht auf der Grundlage eines Gottesurteils oder Naturgesetzes vergeben.
OK, total ungewöhnlich, dass man die Jury benennt – ist mir zumindest noch nie bei den Emmy, Oscars usw. aufgefallen. Aber ich schaue das mal nach und ergänze entsprechend. Durch wen ist denn die Jury aus Deiner Sicht unpassend besetzt?
Nun, die Organisatoren/ Veranstalter solcher Preisverleihungen benennen die Jurymitglieder immer, und das aus mehrere guten Gründen.
Man möchte die Bedeutung des Preises nicht durch Intransparenz korrumpieren.
Es soll dem Verdacht der Schiebung oder Begünstigung vorgebeugt werden. (weil z.B. Personen in der Jury sitzen, die zu eng mit den ausgezeichneten Beiträgen verbandelt sind. Produzenten, Geldgeber, gemeinsame Arbeitgeber, etc.).
Die Bedeutung des Preises ist größer, wenn diejenigen, die darüber urteilen, einen erkennbaren/überprüfbaren Sachverstand vorweisen können. Zwischen einem Publikumspreis und einem Fachjurypreis liegen Welten.
Hinzu kommen noch Details wie „Alter“, „Geschlecht“ und „Personenanzahl“ (Überspitzt gefragt: „Sind sich da nur drei alte Herren aus irgendeiner Chefetage über die Gewinner einig geworden oder eine größere, heterogener zusammengesetzte Gruppe von Menschen mit einer gewissen Expertise?“)
Darüber, warum Journalisten das wichtige Thema der Jury-Zusammensetzung vernachlässigen, kann ich nur spekulieren. Da meine Vermutung allerdings nicht besonders schmeichelhaft ist, behalte ich sie lieber für mich.
Alles klar. Ich habe die Hinweise auf jeden Fall ergänzt. Eine Sache verstehe dabei auch nicht – warum da bei Fiktion oder Unterhaltung jetzt Kollegen von DWDL oder TV Wunschliste dabei sind und keiner aus unserem Team…! ;-) :-D
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