Agent Carter ist der jüngste Serienspross aus dem Marvel-Superhelden-Universum. Die Serie dreht sich um die eben genannte Agentin, welche an der Seite von Captain America im Film „The First Avenger“ kämpfte und sich in ihn verliebte. Die Serie knüpft direkt bei dem Moment an, in welchem Carter glaubt, sie würde die letzten Worte mit Captain America wechseln, als er in einem Flugzeug über eine Eiswüste abstürzt. Sie weiß natürlich nicht, dass Captain America in unserer Gegenwart wieder aufgetaut wird, ihrer Meinung nach ist ihre große Liebe gestorben.
Inhalt
Es ist 1946, der Krieg ist vorbei. Agent Carter lebt verdeckt mit einer Mitbewohnerin, offiziell arbeitet sie bei einer Telefongesellschaft. In Wahrheit ist sie jedoch bei einer geheimen Reserveeinheit angestellt, wird dort aber eher als bessere Sekretärin behandelt. Ihre Heldentaten im Krieg sind vergangen und vergessen.
„Hey, you work at a phone company – that ain’t life or death!“ – „You have no idea…“ (Mitbewohnerin / Agent Carter)
Ihre Einheit bekommt die Aufgabe, Stark aufzuspüren. Er soll mit dem Feind kollaboriert und geheime Waffentechnik verkauft haben. Agent Carter weiß, dass das nicht stimmt, denn Stark ist einer der Guten. Er sucht sie daraufhin auf und bittet um ihre Hilfe. Sie willigt ein, den Komplott gegen ihn aufzulösen, während er untertaucht. An Carters Seite befindet sich fortan der Helfer Starks, Jarvis, dessen Name in den späteren Iron Man-Filmen Vorlage für die Künstliche Intelligenz ist.
Bei der Recherche kommt sie mit einer hoch instabilen Substanz in Kontakt, die von Stark entwickelt wurde, explodieren und wahnsinnige Zerstörung nach sich ziehen kann. Sie schafft es, die Substanz dank Jarvis zu entschärfen, kurz danach bringt ein Killer mit seltsamer Narbe an der Kehle ihre Mitbewohnerin um. Sie kann ihn nur verscheuchen – in seinem Versteck sieht man, wie er Befehle über eine Schreibmaschine bekommt, die per Funk angesteuert wird. Das erste Faxgerät der Menschheit.
Carter und Jarvis finden eine Fabrik, in welcher die gefährliche Substanz in Massen hergestellt wird. Sie schafft es jedoch nicht, die Männer zu stellen, sondern nur zu fliehen. Einer der Bösen – ebenfalls mit Narbe an der Kehle und nur mit Kehlkopf-Sprechhilfe zum Reden fähig – sprengt die ganze Anlage mit einer Kostprobe der Substanz. Während sie noch in den darauffolgenden Szenen auf der Suche nach den Hintermännern ist, sucht die geheime Organisation nach einem Käufer für die Massenvernichtungs-Substanz.
Um die Ereignisse abzukürzen: Während sich Agent Carter waghalsig in die Recherche stürzt, bedroht wird und um ihr Leben kämpfen muss, kommen ihre dumpfen Kollegen immer zu spät. Natürlich wissen sie nicht, dass Carter zuvor da war. Sehr viel mehr passiert in der Doppelfolge nicht.
Fazit
„Eine hübsche toughe Lady, böse Nazis, eine Prise Ironman durch den alten Stark, abgeschmeckt mit den klassischen Rollenbildern der 40er Jahre, ja, daraus lässt sich eine knorke Serie verzapfen“ – so ungefähr muss der Pitch bei ABC gelaufen sein. Daraufhin nickten die Network Heads sich artig zu und rieben sich ob des zu erwartenden Erfolgs die Hände.
Ein toller Plan, wenn er aufgegangen wäre, denn diese 80 Minuten der zwei ersten Folgen gibt mir keiner mehr zurück. Aber bevor ich richtig los lege, zunächst die positiven Aspekte: Die Kulissen sind gelungen, die 40er Jahre wurden gut eingefangen.
Auf der negative Seite: Es ist wahnsinnig langweilig. Die ersten Minuten lassen noch hoffen, dass wir in eine unterhaltsame und actiongeladene Story in der Manier des First Avenger gezogen werden. Dagegen sehen wir einen Charakter, der alleine einfach nicht funktionieren mag. Agent Carter kann alles, weiß alles, muss aber das Dummchen spielen, weil sie keiner ihrer Männer-Kollegen ernst nimmt. Das ist 5 Minuten ganz nett, die restlichen 75 Minuten nur ermüdend und einschläfernd.
Beispielhafte One-Liner der Carter Kollegen:
“We shouldn’t have spent all that time changing our clothes.“
„The least you could do is smile.“
„We’re gonna need a new stick.“
Dann die undurchsichtige Story – wer zur Hölle ist diese böse Organisation, in der alle Kehlkopfkrebs haben und sich nur mit einer Sprechhilfe artikulieren können, die sie wie Roboter klingen lässt? Woher haben sie das erste Faxgerät der Geschichte und warum muss Carter alleine gegen sie vorgehen? Achja, ich vergaß, Agent Carter wird ja nicht ernst genommen, deshalb muss sie komplett alleine ermitteln.
Die Action und Comedy verpufft total. Stellt sich dagegen Spannung ein? Nein. Selbst bei der drohenden riesigen Explosion am Ende der ersten Folge stellt sich nicht mal ein einziges Nackenhaar in die Höhe, dagegen waren selbst die schlechtesten Wetten aus Lanz‘ Wetten, dass…? spannender.
Keine Action, keine Comedy, keine Spannung, wenigstens etwas Drama? Nein, auch hier Fehlanzeige. Nach dem Mord an Agent Carters Mitbewohnerin verdrückt die gute Agentin eine halbe Träne und geht sofort zum Tagesgeschäft über.
Große Marvel-Fans werden sicherlich viele Kleinigkeiten aus dem Comic-Universum finden. Für diese Zielgruppe mag Agent Carter etwas bieten. Alle anderen schauen lieber den zweiten Captain America-Film und sparen sich dieses langweilige und überflüssige Intermezzo im Marvel Universum.
Maiks Meinung
Eine toughe Frau, die den Männern zeigt, wo es lang geht und stets einen Schritt voraus ist. Smartness statt Kraft – eine Serie, die Alice Schwarzer gefallen dürfte. Aber selbst die dürfte sie langweilig finden. Dazu gibt es auch einfach zu viele Dinge, die unlogisch erzählt oder schlicht falsch dargestellt werden. Die Giftgranate soll vorsichtig behandelt werden, Carter wirbelt ihre Handtasche aber energisch umher. Charaktere gehen bevor man überhaupt ihren Namen erinnern konnte, Maschinengewehr-Salven geben einem Auto nichtmals Kratzer und ein dicker Mann joggt scheinbar Kilometer binnen Sekunden mit einem Stuhl auf dem Rücken. Nein, das geht so nicht. Dazu immer wieder der pathetisch-anmutende Cpt. America-Ethos, der mich schon am Film gestört hat.
„When I’m through with you, Hitler, you see stars – and stripes!“ (Cpt. America-Stimme)
Dafür gibt es immerhin etwas Agenten-Stuff: Bewusstlosigkeits-Lippenstift, Safeknacker-Armbanduhr, Chatten per Funk-Schreibmaschine, Blitzdings und… eine Karotte?! Dazu sind britische Butler eigentlich immer gut, auch wenn hier leider zu schnell ein zu stereotypisches Bild verbraten wird – wenn das die komplette Dauer über so ist, dürfte das auch schnell lahm werden.
Und wenn dann der eigentlich ganz gut inszenierte 40er-Charme durch One-Liner wie dem folgenden (und somit modern angehauchten TV-Humor) gebrochen wird – sorry, Leute, dann macht lieber SHIELD weiter…
„That’s Sarah. She’s a slut.“ (Neue Nachbarin)
Alles in allem viel „nett“ und „gewollt“, aber wenig gekonnt. Hier haben entweder zu viele Köche den Brei verdorben oder es gab nie eine richtige Linie. Der Auftakt war ungemein zäh und das, obwohl man eigentlich in die Story reingeworfen wurde und einige Charaktere bereits bekannt waren. Bei SHIELD kann man das locker-selbstironische Gehabe noch akzeptieren, das gehört zur Serie und passt in die Zeit, hier wirkt es oft fehl am Platz. Schade, ich werde es wohl nicht weiter schauen.
Lauras Meinung
Während Jonas und Maik einige Punkte ansprechen, denen ich zustimme —wie zum Beispiel die Taschenwirbelei mit dem hochexplosiven Inhalt— muss ich die Aufmerksamkeit doch auf einige Dinge lenken, die in der Review der Beiden nicht angesprochen wurden oder nicht gut weg gekommen sind.
Ich war sehr überrascht, das mir Agent Carter so gut gefallen hat. Meine Sorge, dass die ersten paar Folgen, wie bei Agents of SHIELD, einfach beschissen werden würden, hat sich nicht bewahrheitet. Und auch dass Peggy nur als prügelnde Frau in Uniform dargestellt werden würde, war glücklicherweise nicht so, obwohl das “Asskicking” da überhaupt nicht zu kurz kam.
Wenn wir mal so darüber nachdenken, was einen (männlichen) Helden in der allgemeinen Popkultur ausmacht, sind zwei Dinge signifikant.
Zum Einen haben wir da eine Sache, die es wert ist, sein Leben dieser vollständig zu widmen, was meistens darauf hinausläuft, dass die Welt gerettet wird. Yay!
Zum Anderen haben wir das was Leute heutzutage unter “Manpain” verstehen, nämlich die Motivation sich komplett von Mitmenschen zu isolieren. Denn je näher eine Person einem ist, umso größer ist die Chance, dass diese Person sterben wird, was natürlich unter allen Umständen vermieden werden muss.
Klingelt da was? Hört sich doch nach Peggy an. Motivation: die Welt vor den Erfindungen Howard Starks retten. Check. Mitbewohnerin wird erschossen, weil man die Welt retten möchte? Sogenanntes “Fridging”, check. Was wir hier also haben ist eine Heldin, wie der Held im Buche steht.
Wenn Jonas also sagt, “Achja, ich vergaß, Agent Carter wird ja nicht ernst genommen, deshalb muss sie komplett alleine ermitteln,” dann sehe ich das nicht so. Der Grund warum Peggy alleine ermittelt, ist nicht, dass sie nicht ernst genommen wird, sondern ganz einfach der, dass das Patentrezept für jeglichen Heldencharakter aus den o.g. Dingen besteht: selbstauferlegte Isolation und “Weltretterei” auf eigene Faust.
Und das in einer Zeit, in der Frauen wirklich nur eine Aussicht hatten: Heiraten, Kinder kriegen, In der Küche stehen, wie man ja schön an dem Interview zum Ende der zweiten Folge sieht.
Was Agent Carter hierbei gut gemacht hat, ist es, dieses sexistische Setting niemals zu vergessen. Maik hat das Kommentar von der neuen Nachbarin (“She’s a slut!”) angesprochen und als “den 40er Charme brechend” erklärt. Wenn ich 40er Charme ansehen möchte, dann grabe ich den Film Pleasantville heraus.
Nein, was Agent Carter mit diesem kleinen Kommentar von einer durchaus liebenswerten Figur, der freundschaftlichen Diner-Bedienung und zukünftigen Nachbarin, gemacht hat, ist es das 40er-Setting eben nicht zu zerstören. Denn Agent Carter vergisst oder vertuscht die sexistische Welt in der Peggy lebt, und in welcher verinnerlichter Sexismus auch bei den Frauen an der Tagesordnung stand, nicht, und darum macht es gerade Spaß, die Serie anzuschauen.
Denn in dieser Weise ist sie realistisch. Und trotzdem stellt Agent Carter das Ganze nicht ultra-ernst dar, sondern macht das Ganze durch die Radioshow-Peggy und Peggys Reaktion auf das Hörprogramm zu einer Sache, bei der man über die allgemeine Situation lachen kann und trotzdem Mitgefühl für Peggy hat.
Dass die männlichen Agenten dabei schlecht wegkommen, und in ihrer Investigation zu langsam sind oder gar als dumm dargestellt werden… nun, damit muss die männliche Zuschauerschaft einfach mal leben. Doofe Kollegen oder Mitmenschen, die dem Hauptcharakter das Leben erschweren, gibt es in allen Serien.
Aber wir haben auch andere männliche Charaktere, denen wir vielleicht stattdessen Aufmerksamkeit schenken sollten. Nicht unbedingt nur weil sie Peggy mit Anstand behandeln, sondern weil sie relativ vielversprechende Backgrounds zu haben scheinen.
Zum einen haben wir dort Howard Stark, der übrigens einfach Tony Stark 1.0 ist, und Jarvis, die Peggy anheuern, um Howards Namen rein zu waschen und ihr dabei aber zumindest einen Teil ihrer Absichten verschweigen. Jarvis möchte bei allen Exkursionen dabei sein. Der Vorwand, er wolle helfen, was er vielleicht auch tut, aber ist das der wirkliche Grund?
Zum anderen haben wir den Kollegen Daniel, einen WWII-Veteran mit Beinverletzung, der ein bescheidener Agent mit äußerst guter Intuition ist, und somit für Peggy, die also undercover ist, ein großes Risiko darstellt, was mit Sicherheit zu einem interessanten Konflikt werden wird.
Zu den stummen Attentäten, habe ich Folgendes zu sagen: Von Agents of SHIELD sind wir bereits gewohnt, dass Marvel sich mit seinen Serien ganz gut daran tut, die Villain Story über mehrere Stränge zu einem großen Schurken, der allen Anscheins nach wieder Hydra sein wird, zusammen zu führen. Komische Attentäter, denen die Stimme genommen wurde, sind hier nur der Anfang, denn in Agents of SHIELD sahen wir Peggy zum Beispiel dabei, wie sie Hydra’s Daniel Whitehall verhörte.
Dass die Show keinen Witz oder Action besitzen soll, das sehe ich einfach anders. Und an die Hollywood-Science, die meist wenig Sinn macht, habe ich mich schon durch Agents of SHIELD gewöhnt und dafür dass sie im 40er-Jahre Stil ist, scheint sie nicht allzu abgefahren. Wie meine Vorredner schon angesprochen haben, fängt die Show das Vierzieger-Jahre Ambiente einfach gut ein.
TL;DR (Too Long Didn’t Read), Agent Carter is off to a good start. Ich werde weiterschauen.
Mein Rating sieht da also ganz anders aus als bei Jonas und Maik:
Agents of S.H.I.E.L.D hat ja auch etwas langsam angefangen, darum hoffe ich das es noch besser wird
Am Ende ist es sicherlich auch geschmackssache; aber ich habe bei Carter nicht mal das Gefühl, dass hier Story aufgebaut wird, die entweder Fallhöhe enstehen lässt oder auf ein spannendes Ziel hin arbeitet, alles ist einfach so belanglos. Die Charaktere bieten bei der Erzählweise ebenfalls kein Entwicklungspotential, weil sie so eindimensional sind.
Ich würde nicht drauf bauen, dass sich bei der Serie noch viel tut :-/
Schon spannend wie unterschiedlich die Meinungen ausfallen können :-)
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