Zugegeben, die Kategorie der schönsten Bildkompositionen in Serien kommt meinem Beitrag zu den Serien mit der tollsten Kinematographie schon sehr nah. Das liegt natürlich daran, dass Kinematographie auch die Komposition der Bilder mit einschließt. Dennoch möchte ich heute einen Blick auf die Serien werfen, von deren Bildern ich einfach nicht genug bekomme – wegen ihres Aufbaus, wegen der Anordnung und Verbindung der Elemente, die man auf ihnen sieht, wegen der Harmonie, die sie ausstrahlen – oder dem Bruch, den sie hervorrufen. Und insbesondere die Symmetrie von Bildern macht einen ganz besonderen Reiz für mich aus.
The Night of
Und nun fang ich an, die Serien, die ich im „Kinematographie“-Beitrag aufgegriffen habe, einfach nochmal zu verwenden? In diesem einen Fall führt absolut kein Weg dran vorbei. „The Night of“ ist der reinste Schmaus für die Augen. Auch wenn die Story ziemlich düster ist und die Serie nicht unbedingt in die Feel Good-Kategorie einzuordnen ist, kann man die einzelnen Bilder und Szenen nur genießen. Die Kamera nimmt zum Teil Positionen ein, in denen man sich selbst in die Ecke getrieben fühlt und schafft dadurch Identifikationspotenzial, das trotz der tiefen Charakterzeichnung und des tollen Schauspiels in diesem Ausmaß nicht zu vermitteln wäre. Ich möchte beim Schauen der Serie am liebsten alle paar Sekunden auf Pause drücken, um die Bilder einfach noch ein bisschen länger zu betrachten und das Framing zu studieren, denn die Anordnung der Bildelemente ist genial.
Breaking Bad
Im Kinematographie-Beitrag habe ich „Better Call Saul“ aufgegriffen – gilt es, wenn ich hier nun „Breaking Bad“ anführe? Natüüürlich! Jede Bestenliste, egal in welcher Kategorie, muss „Breaking Bad“ enthalten. Ich liebe eben Serien, die klug gemacht sind und in denen so viel Detailverliebtheit steckt. Eigentlich könnte dieser Beitrag auch „Die fünf besten Bildkompositionen aus ‚Breaking Bad'“ heißen. Exzentrische Kamerapositionierungen, Frames innerhalb von Frames und die Verlagerung des Fokus, der zum Spiel mit Unschärfe führt – bei allen Einstellungen, Positionen, Farben und Formen kann man tiefer in die Analyse einsteigen und herausziehen, wie genau dies Auswirkungen auf die Story hat, wie diese Dinge die Story befruchten, uns als Zuschauer stärker das fühlen lassen, was die Macher wollen, wie alles etwas zu bedeuten hat und nichts dem Zufall überlassen wird. Es können gar nicht genug Referenzen der Serie angegeben werden, die das Ausmaß der Genialität ihrer Bilder widerspiegeln. Deswegen gibt es hier auch das folgende Video mit zwölf der besten Shots der Serie.
Westworld
Allein das Intro von „Westworld“ ist ein einziges Kunstwerk und könnte bis ins kleinste Detail studiert werden. Aber auch in der laufenden Handlung der Sci-Fi-Serie gibt es einige bemerkenswerte Kompositionen. Wie auch bei „Breaking Bad“ ist die Gestaltung der Bilder so bedeutungsschwanger, dass man alles fast schon dreimal schauen muss, um die Tiefe verstehen zu können. Und selbst dann bleibt einem meistens noch ein Detail verborgen, das man dann beim nächsten Mal voller Freude wahrnimmt.
„Westworld“ spielt sehr viel mit der Wiederholung von Bildern und Szenen, in denen allmählich Brüche anfangen aufzutreten. Man befindet sich als Zuschauer also in der ständigen Position, Vergleiche anzustellen und zu interpretieren – noch und nöcher. Was aber darüber hinaus noch beeindruckend ist, ist der Einsatz von Reflektionen, die besonders im Zusammenhang mit der Figur des Robert Ford auftreten und die darauf hindeuten, dass mit diesem Charakter irgendetwas nicht stimmen kann.
Sherlock
Symmetrie! Holt eure Liniale raus, denn das, was „Sherlock“ schafft, ist einfach so schön anzusehen! Vor allem, wenn man auf Ordnung und Geradlinigkeit steht. Ganz schön anspruchsvoll, jedes Bild der Serie so zu komponieren, wie es hier getan wurde. Aber nicht nur damit besticht „Sherlock“ uns. Die gesamte Inszenierung, mit der wir als Zuschauer die genialen Gedankengänge des Protagonisten nachvollziehen können und die Perspektivwechsel, die uns mit ihm die Fälle analysieren lassen, ziehen uns förmlich so tief in die Story, dass man nicht anders kann, als sich darin völlig zu verlieren.
Mr. Robot
Wenn wir von toller Kinematographe und damit verbundener besonderer Bildkomposition sprechen, darf auch „Mr. Robot“ in der Aufzählung nicht fehlen. Das Storytelling ist grandios und wenn dann auch noch eine hochwertige Machart dazu kommt, befinden wir uns auf ganz hohem Niveau. Das unkonventionelle Framing der Serie ist das, was sie dazu dann noch ganz besonders macht, denn sie bricht mit altbekannten Kompositionsregeln, die zum Aufbau von Bildern gelten. Die Emotionen von Elliot stehen nicht im Vordergrund der Show, weshalb auch darauf verzichtet wird, uns als Zuschauer kameratechnisch für diese empfänglich zu machen. Die Art des Bildaufbaus bewirkt vielmehr, dass wir uns als Zuschauer mit unseren eigenen Gedanken und Gefühlen zum Gesehenen auseinander setzen.
Natürlich sind hier auf jeden Fall auch Serien wie „Better Call Saul“ (obviously!), „The Handmaid’s Tale“ und „Fargo“ anzuführen, wahrscheinlich auch noch zahlreiche weitere Schmankerl, deren Bilder ein reiner Genuss für die Augen sind. Welche Serien sind für euch der reinste Augenschmaus? Schreibt es uns in den Kommentaren.
Toller Beitrag! Ich bin auch wirklich ein Opfer für solche Einstellungen und großer Fan dieser neu geformten visuellen Fernsehkunst. Und ich muss wohl unbedingt endlich mal in „The Night of“ reinschauen… ;)