In diesem Beitrag widmet sich unser Gastautor Patrick dem teilweise etwas eingeschlafenen Genre des Westerns.
Nachdem der klassische Western in seiner damaligen Hochzeit über weite Strecken immer mehr in Klischees und romantischen Verklärungen versank, was letztendlich auch zum Stillstand führte, bekam das Genre im Kino frischen Wind mit dem inszenatorisch sehr atypischen „The Wild Bunch“ sowie den Meisterwerken „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Zwei glorreiche Halunken“, um dann nochmals in der Neuzeit mit „Erbarmungslos“ geadelt zu werden. Und ganz aktuell schickt auch Kevin Costner mit „Horizon“ ein episches Großprojekt in diesem Genre an den Start. Der Western betrat dann im Laufe der Zeit natürlich auch das Feld der Serien.
Deadwood
Im Bereich der Western-Serien mein persönlicher Favorit. Im Prinzip ein Spätwestern, der sich stilistisch an den den o.g. Filmen von Sam Peckinpah und Sergio Leone orientiert. Die Serie ist dreckig, brutal und auch die Sprache mit ihren zahllosen Flüchen ist nichts für zartbesaitete Zuschauer. Diese rohe Darstellung passt aber perfekt in das Setting und erzeugt eine sehr authentische Stimmung. Diese Serie macht es dem geneigten Zuschauer schwer, sich über herkömmliche Sympathien mit den Charakteren zu identifizieren bzw. anzufreunden. Die Story ist umfangreich und vielschichtig, dabei aber nicht episch ausladend, und man wird sehr gut über alle drei Staffeln und den nachgereichten Spielfilm unterhalten.
Umfang: 3 Staffeln + 1 Spielfilm
IMDB-Bewertung: 8,6.
Yellowstone (einschließlich der Prequels „1883“ und „1923“)
Hier haben wir es mit einem (Familien-)Drama in Form eines Neowestern zu tun, das in der Gegenwart angesiedelt ist und dessen Dreh- und Angelpunkt die Ranch der Familie Dutton ist, deren Familienoberhaupt von Kevin Kostner gespielt wird. Wie es sich für solch eine Dynastiegeschichte gehört, gibt es große Familien, sowie zahllose interne und externe Verstrickungen. Ein mitunter tiefgreifendes Drama mit zahlreichen Einzelschicksalen, das auch auf emotionaler Ebene punkten kann. Überzeugend geschrieben und hochwertig inszeniert.
Ergänzend dazu gibt es noch dazu das Prequel „1883“, das zur amerikanischen Gründerzeit spielt und den familiären Grundstein für die Mutterserie legt. Inszenatorisch und inhaltlich absolut gleichwertig, gleichwohl emotional involvierender. Hierbei handelt es sich um eine abgeschlossene Miniserie.
Und dann wäre da noch das weitere Prequel „1923“ zu nennen, das von der Folgegeneration nach „1883“ berichtet. Wieder absolut hochwertig inszeniert, aber inhaltlich mit ganz leichten Abstrichen, aber trotzdem auf Augenhöhe. Aktuell ist hiervon nur die erste Staffel verfügbar, die aber weiter fortgesetzt wird. Eine sehr amerikanische Produktion, die dem Zuschauer glücklicherweise pathetischen Patriotismus erspart, was bei dieser Thematik nicht unbedingt selbstverständlich ist. Ein starkes Gesamtpaket mit Sinn und Verstand, was man im heutigen Wirrwarr von Prequels und Sequels nicht immer behauten kann.
Umfang: 5 Staffeln („Yellowstone“), 1 Staffel („1883“), 1 Staffel („1923“, wird fortgesetzt)
IMDB-Bewertung: 8,7.
Justified (einschl. des Sequels „Justified: City Primeval“)
Manch einer wird sich vermutlich wundern, dass ich diese Serie als Western aufführe, obwohl sie doch sonst eher im Bereich eines Crime-Action-Dramas zu verorten ist. Aber meiner Ansicht nach ist sie im Herzen ein Western und eine sehr moderne Interpretation der Westernthematik, weswegen ich sie auch als Neowestern einordne.
Ungewöhnlich für dieses Genre ist ein durchgehend hoher Anteil an humoristischen Untertönen, die eine ständige Lockerheit in das Geschehen einbringen und das, obwohl eine an sich immer ernste und spannende Grundstimmung herrscht. Bitte keine Schenkelklopfer erwarten, aber ständige Schmunzler gehören dazu. Eine gewisse Gute-Laune-Stimmung herrscht eigentlich immer. Darüber hinaus gibt es eine spannende stets flott voranschreitende Geschichte.
Das Sequel „Justified: City Primeval“ präsentiert dann einen komplett neuen Erzählstrang der zeitlich weit hinter der Mutterserie angesiedelt ist. Stilistisch bleibt alles beim Alten, lediglich inhaltlich ist ein gewisser Abfall zu verzeichnen, der aber gemessen an sonstigen Produktionen immer noch als überdurchschnittlich gut gelten muss. Somit bleibt auch diese Serie samt ihres Sequels absolut sehenswert und bietet dabei sogar einen teils locker-flockigen Spaßfaktor.
Umfang: 6 Staffeln („Justified“), 1 Staffel („Justified: City Primeval“, wird fortgesetzt)
IMDB-Bewertung: 8,6.
Outer Range
Formelhaftigkeit im Western-Genre war über lange Zeit ein Thema. In dieser Serie wird mit dieser Beschränkung doch sehr deutlich gebrochen, da sich zu dem Grundkonstrukt eines Neowesterns ein kräftiger Schuß übersinnliche Mystery hinzugesellt. Alles unaufgeregt in einem sehr gemächlichen Tempo vorgetragen und ohne jede Effekthascherei, stets von einer eher düsteren Atmosphäre umgeben. Ganz ruhig und nüchtern. Insgesamt eine eigenartige, schwermütige Stimmung, die aber perfekt mit dem Setting harmoniert, dadurch aber etwas sperrig daherkommt.
Umfang: 2 Staffeln
IMDB-Bewertung: 7,1.
Rauchende Colts
Einen gänzlich klassischen Titel will ich euch natürlich nicht vorenthalten. Diese extrem langlebige Western-Serie kann man jedem Liebhaber der klassischen Westernepoche nur empfehlen, da dort alle beliebten und bekannten Motive Verwendung finden. Diese Serie ist absolut nichts für Freunde der eher moderneren Spielarten. Dafür versprüht sie ganz viel nostalgisches Flair und sie zeigt vor allem die Ursprünge aller späteren Produktionen auf. Sicherlich nicht mehr zeitgemäß, vielleicht etwas naiv, aber definitiv liebenswert.
Umfang: 20 Staffeln (nur teilweise auf Deutsch erhältlich) + 5 Spielfilme
IMDB-Bewertung: 8,1.
Und sonst
Für die nahe Zukunft habe ich mir natürlich bereits weitere Western-Serien bereitgelegt und ich bin gespannt, wie mir diese gefallen werden: Weg in die Wildnis, Longmire, Hell On Wheels, The English, Godless.
Vielleicht habt Ihr noch starke (Geheim-)Tipps. Dann schreibt sie doch bitte in die Kommentare.
Bilder: ARD, Amazon, Disney
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