Erneute Niederlage vor Gericht für Netflix: In der Vergangenheit hatte der Streamingdienst Preisanpassungsklauseln verwendet, bei denen es nicht auf die Zustimmung der Kund:innen ankommen sollte. In zwei Berufungsurteilen gegen Netflix und auch gegen Spotify hat das Kammergericht Berlin die verwendeten Klauseln nun für unwirksam erklärt. Dem vorangegangen waren Klagen des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Spotify und Netflix vor dem Landgericht Berlin, über die wir hier im Blog berichtet hatten.
Jana Brockfeld, Referentin im Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv, erklärt das so: „Das Kammergericht Berlin hat eine richtungsweisende Entscheidung im Sinne der Verbraucher:innen getroffen. Die vom vzbv angegriffenen Preisänderungsklauseln von Spotify und Netflix sind demnach nicht nur unzulässig. Das Urteil könnte grundsätzlich das Aus für künftige einseitige Preiserhöhungen durch Streamingdienste in Deutschland bedeuten. Denn nach Einschätzung des Gerichts dürfen die beiden verklagten Anbieter Netflix und Spotify ihre Preise nicht einseitig anpassen, ohne dass die Kund:innen zugestimmt haben. Das Kammergericht erklärt, dass sich Netlix und Spotify ohne großen Aufwand die Zustimmung ihrer Nutzer:innen zu einer Preiserhöhung einholen könnten. Die Urteile sind ein starkes Signal.“
Netflix räumte sich in seinen Nutzungsbedingen das Recht ein, die Abo-Preise „von Zeit zu Zeit“ und „nach billigem Ermessen“ zu ändern, „um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“ Als Beispiele für preisbeeinflussende Kostenelemente nannte das Unternehmen unter anderem Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für Personal, Marketing, Finanzierung oder IT-Systeme.
„Einseitige Preisänderungen sind bei laufenden Verträgen nur erlaubt, wenn sie fairen und transparenten Regeln folgen“, sagt Jana Brockfeld. „Bei Netflix sind die Bedingungen dagegen derart unklar formuliert, dass sie dem Konzern Spielraum für willkürliche Preiserhöhungen bieten.“
Vor Gericht sah man das anders: Das Landgericht Berlin schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass die Bedingungen für Preisanpassungen nicht ausreichend transparent sind. Für Änderungen der Entgelte müsse es klare und verständliche Kriterien geben, damit Kund:innen eine geltend gemachte Preisänderung nachvollziehen oder zumindest auf Plausibilität überprüfen können. Angesichts der Zugehörigkeit der Beklagten zu einem weltweit agierenden Konzern sei jedoch unklar, welche Kosten die in Deutschland geforderten Preise beeinflussen. Es sei nicht erkennbar, dass nur solche Kosten berücksichtigt werden dürfen, die einen konkreten Bezug zu den Kosten der Bereitstellung des Dienstes in Deutschland haben.
Das neue Urteil stammt vom 15. November, 2023, Aktenzeichen: 23 U 15/22 und 23 U 112/22. Das Urteil des Kammergerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig.
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