Die letzte Folge Better Call Saul – zumindest fürs erste. Eigentlich konnte die Serie nicht unter schlechteren Bedingungen starten: Breaking Bad als großer Bruder, die Überserie. Wie sollte man diesem Druck nur gerecht werden? Alle erwarteten schließlich nichts geringeres als eine Fortsetzung der Dramatik rund um Walter White. Doch bereits vor dem Finale steht fest, dass sich Better Call Saul nicht verstecken muss. Doch wie endet die erste Staffel, kommt der große Cliffhanger?
Inhalt
Die vorangegangene Folge war bedrückend. Jimmy, der sich durch seine Hartnäckigkeit einen Wahnsinnsfall erarbeitet hat, wurde von seinem Bruder betrogen. Offen sagte er, dass er in ihm immer noch den kleinen Ganoven sieht und er seinen Juraabschluss nicht ernst nimmt, da er von keiner angesehenen Universität ausgestellt wurde. Das hat Jimmy schwer getroffen.
Doch was soll er tun? Alleine kann er den Fall nicht stemmen, also entscheidet er sich zu Beginn der Episode dazu, den Fall doch an HHM – die Kanzlei seines Bruders – abzugeben. Daraufhin versucht er in sein normales Leben zurückzukehren, Bingo Spiele für Senioren zu organisieren, um so Kunden für seine neue Spezialität, Testamente aufsetzen, zu gewinnen. Doch er ist zu mitgenommen. Während einer Veranstaltung kann er nicht an sich halten. Er hält einen Monolog darüber, wie sehr ihn das Leben gebeutelt hat und verschwindet dann, während die alten Leute verdattert im Saal sitzen bleiben.
Jimmy kehrt zurück in seine Heimatstadt Chicago – die Stadt, in der er damals mit seinem Kumpel Marco Leute über den Tisch zog. Beispielsweise mit der Rolex Nummer aus der ersten Folge. Er geht in seine alte Bar und trifft dort seinen alten Kumpel Marco. Dieser ist zwar etwas betrübt, dass Jimmy sich 10 Jahre nicht bei ihm gemeldet hat, aber die beiden mögen sich zu sehr, so dass es nur kurz dauert, bis sie in alter Manier einen Gast in der Bar um $110 Dollar bringen.
Daraufhin sehen wir eine wahnsinnig imposant inszenierte Bildfolge. Wie in 60er/70er-Jahre-Filmen sind Jimmy und Marco vor schwarzem Hintergrund zu sehen, es ertönt Jazz-Musik. In verschiedenen Verkleidungen und Posen wird angedeutet, wie sie einen nach den anderen übers Ohr hauen. Jimmy als Blinder oder Marco als Antiquitätenhändler. Sie machen einfach alles, inklusive bekannten nigerianischen Geldtrick.
Beendet wird dies durch ein Frauengesicht. Es schaut entsetzt und weckt Jimmy mit den Worten:
You are not Kevin Costner!
So hatten die beiden zwei Damen flachgelegt, als Kevin Costner und sein Manager. Damit ist eine verrückte Woche beendet, denn Jimmy muss zurück. Er weiß, dass dies keine Zukunft hat. Marco überredet ihn noch einmal, die Nummer mit der Rolex zu machen. Dabei lockt Jimmy einen Ahnungslosen in eine Gasse, dort liegt Marco bewusstlos im feinen Anzug. An seiner Hand eine gefälschte Rolex, die dann der Ahnungslose aus Gier heraus Jimmy abkauft. Doch bei diesem Stunt geht etwas schief, Marco bekommt einen Herzinfarkt. Marcos letzte Worte lauten:
This has been the best week of my life.
Jimmy ist traurig. Während er im schwarzen Anzug eine Zigarette vor der Kapelle raucht, in der Marco aufgebahrt ist, ruft Kim an. Sie sagt, dass HHM mit dem von ihm beschafften Fall überfordert ist und eine weitere Anwaltskanzlei mitmischen wird und diese Jimmy haben will. Er ist also am Ziel, genau das wollte er die ganze Zeit. Als er zum vereinbarten Treffpunkt zurück in Alberquerque fährt, macht er Halt. Er dreht einen Ring, den ihm die Mutter von Marco gegeben hat, er denkt nach und dreht um. Er trifft auf der Ausfahrt des Parkplatzes Mike, mit dem er über ihre vergebene Chance auf $1,6m der Kettlemans spricht, das Geld, was sie zurückgegeben haben, da Jimmy das Richtige tun wollte. Jimmy stellt fest, dass er diese Bedenken nie wieder haben wird und fährt davon. Das ist die Transformation: Jimmy ist Saul geworden.
Fazit
Genial. Ich kann nicht anders, als den Stil von Better Call Saul in den höchsten Tönen zu loben. Die Szene in der Mitter der Folge, als abstrakt mit Jazz Musik Marcos und Jimmys Raubzüge dargestellt wurden, einfach nur gut. Die Serie nimmt sich nicht nur die nötige Zeit, sie setzt es auch in künstlerischer Form perfekt um. Jimmy wollte eine Auszeit nehmen und genau das passiert auch beim Zuschauer, man denkt für eine kurze Weile gar nicht mehr an das große Ganze. Man ist komplett in dem Moment gefesselt, den Jimmy und Marco durchleben – eine echte Bromance im Stil der 60er.
Wenn ich diese Folge und die vorangegangen Revue passieren lasse, dann steht fest, Better Call Saul hat sich von seinem Bruder durch einen ganz eigenen Stil losgesagt. Ich finde es fast schade, dass irgendwann der Bogen zu den Ereignissen in Breaking Bad geschlagen werden muss und diese Serie nicht frei in ihrer Entwicklung ist.
Das führt mich auch zum einzigen Kritikpunkt. Die Transformation am Ende zu Saul ist mir etwas zu platt dargestellt. Wir sehen als Zuschauer, wie Jimmy Spaß daran hat, wieder als Gauner aufzutreten – aber eben nur als Auszeit, als Urlaub von seinem neuen Leben. Beispielsweise wie er den Kettlemans das Geld zurückgegeben hat oder sich aufopferungsvoll um seinen Bruder gekümmert hat, all das hat einen Charakter geformt, der nicht innerhalb von ein paar Sekunden sein großes Ziel in den Wind schlägt. Natürlich war der Verrat von seinem Bruder Chuck ein heftiger Schlag, aber so, wie wir Jimmy kennen gelernt haben, kann er dies mit der Aussicht auf einen angesehenen Anwaltsposten doch eigentlich weg stecken?
Aber an dem Punkt muss Better Call Saul leider Tribut an die Vorlage und das Breaking Bad Universum zahlen. Sei es drum, auch wenn die Transformation nicht gelungen ist, können wir uns ohne quälenden Cliffhanger darauf freuen, dass wir in Staffel Zwei endlich Saul Goodman mit Mike in Aktion sehen werden.
Bis auf die kleine Kritik hat Vince Gilligan alles richtig gemacht. Er hat sich von dem Druck nicht beirren lassen und die Freiräume durch den Erfolg von Breaking Bad genutzt, etwas Wunderbares zu schaffen. Chaupeau, Vince.
Ich war ehrlich gesagt etwas „enttäuscht“ vom Finale. Ja, die Aktionen in der alten Heimat waren nett, aber vor allem der plötzliche neue (mögliche) Job und das noch plötzlichere „Ich scher mich nicht mehr drum“-Moment wirkten etwas aus dem Nichts gegriffen. Dazu kein wirklicher Cliffhanger bzw. Bam zum Ende. Visuell ganz gut, hier und da gagig, aber für mich eher eine der schwächeren Folgen der Staffel…
Trackbacks