Morgen ist der letzte Tage des Jahres. Und das ist auch gut so, blicken wir doch vermutlich alle auf ein eher bescheidenes 2020 zurück. Nicht nur die Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht den Jahreswechsel dieses Jahr besonders, sondern auch die regulierten Umstände. Hat man sich früher immer nach der besten Feier umgeschaut und darin versucht, DIE Party des Jahres hinzulegen, fallen die Feiereien dieses Jahr im kleineren Rahmen und böllerlos statt. Eigentlich gar nicht mal so übel, ist so doch ein jeder mal dazu gezwungen, sich auf sich zu besinnen, nicht unnötig (viel) Geld für Feuerwerk auszugeben oder andere mit ihrem unlöblichen Einsatz von Sprengsätzen in Gefahr zu bringen. Ach ja, und, um Fernsehen zu schauen! Hat man sonst genug mit gemeinsamem Kochen, Gesellschaftsspielen und Smalltalk zu tun, hocken wir dieses Jahr ja alle alleine, zu zweit, dritt oder viert daheim. Da haben sich die TV-Sender doch bestimmt etwas Besonderes einfallen lassen, oder etwa nicht?! Spoiler-Alert: Nope. Same procedure as every year…
Das Silvester-Programm 2020
Film-Klassiker gehen natürlich immer, aber sind wir mal ehrlich, besonders ist das auch nicht. In der Primetime gibt es „Ice Age 3“ (Sat.1), „Der Schuh des Manitu“ (ProSieben), „Police Academy I“ (KabelEins) oder auch „Wall-E“ (RTL II) zu sehen, später noch „Shrek“ (22:05, „Sat.“), „(T)Raumschiff Surprise“ (22:15, ProSieben) oder auch „Der Sinn des Lebens“ (22:10, KabelEins). Joa, nett, aber eben alles bekannte Filme, nichts wirklich Neues. Verständlich in gewisser Weise, muss man ja die Masse abholen mit Bekanntem, so richtig aktiv zuschauen wird vermutlich eh niemand. Aber da geht mehr – und Serien sucht man vergeblich…
Klar, da wäre noch „Dinner For One“, das im Original und etlichen Variationen den ganzen Tag über immer irgendwo und notfalls im Netz läuft (Sendetermine 2020. Mir ist das mittlerweile zu öde, ich greife seit Jahren lieber zur „The Limo“-Episode von „How I Met Your Mother“ (S01E11) zurück, in der die Gruppe auf der Suche nach der besten Party der Stadt ist und Nicht-Moby trifft. Gerade dieses Jahr dürfte das besonders seltsam wirken – Umarmungen inklusive…
Wo wir bei Traditionen sind: 3Sat zeigt den Tag und die Nacht über Konzertmitschnitte, was immer schön ist – je nach Artist. Vox macht es sich ähnlich leicht und sendet einfach die ganze Zeit Ausgaben von „100 Songs, die die Welt bewegten“, okay… Ach ja, und dann wären da die Silvester-Shows. Das wäre doch mal eine Möglichkeit, um innovativ zu werden dieses Jahr… Oder? Ne, eher nicht.
„Die Silvester Show mit Jörg Pilawa“ im Ersten hat Stargäste wie DJ Ötzi, Beatrice Egli, Santiano und Karat am Start – um nur die ersten vier der PR-seitig verwendeten Auflistung zu benutzen. Schnarch! Das wird dann wieder ein Potpourri der langweiligen Anekdoten, Selbstbeweihräucherung und lahmen Auftritte. Das ZDF hält – nachdem erstmal planmäßig „Die Rosenheim Cops“ die Primetime besetzt haben – „Willkommen 2021“ mit Johannes B. Kerner und Andrea Kiewel dagegen, die Gäste wie Giovanni Zarrella, Álvaro Soler, Höhner und – ach, schau an – Karat bereithalten. Und sonst? Nichts. „Die Neujahrsansprache vom König der Kindsköpfe“ ist vermutlich der Gipfel der TV-Verblödung „auffem“ RTL, das zuvor und danach meint, das Land mit „Der Ultimativen Chart-Show“ in den Schlaf wiegen zu müssen. Auf Tele5 gibt es vielleicht mit „Kalkofes Mattscheibe: Fresse 2020 – Der Jahresrückblick“ noch eine der besseren Varianten, aber ansonsten schauen wir alle in die Röhre, wenn es darum geht, auf die Röhre zu schauen (Ältere dürften sich erinnern…).
Wieso nichts Neues?
Dieses Jahr wäre DIE Chance gewesen, mal was auszuprobieren! Mal wirklich Leute am Empfangsgerät zu erreichen. Auch dürften etliche der Prominenten eher Zeit für einen Live-Auftritt gehabt haben. Gerade von ProSieben oder auch ZDF neo hätte ich da mehr erwartet, statt einfach nur Wiederholungen rauszuhauen. Vor allem diese 24-Stunden-Belagerung mit ein und demselben Programm verstehe ich nicht. Bietet den Leuten doch Abwechslung! Wie wäre es mal mit einem Serienmarathon? Eine Miniserie mit X Folgen – das wäre doch was! So streamen meine Eltern irgendwas oder hauen eine DVD rein (nochmal an die Älteren – ihr wisst Bescheid!).
Eine große Jahresabendshow mit Joko und Klaas und lauter verrückten Spielen? Das längste „Schlag den Star“ aller Zeiten? „Wer weiß denn sowas?“ in der Silvester-Live-Ausgabe? Eine Silvester-Gala-Show mit wirklich interessanten Gästen, Themen und Settings? „Bares für Rares“ aber mit Horst Lichter im Silvester-Dress – keine Ahnung! Ich muss mir da nichts überlegen, am besten kommt mit etwas, das nicht einfach nur ein Abklatsch, sondern endlich mal was Neues ist! Aber macht was, verdammt nochmal! Sonst stiehlt euch „Mensch ärgere dich nicht“ mal wieder die Show. Und wir alle gehen kurz nach 12 ins Bett…
Naja, von einem Quotenstandpunkt lohnt sich Silvester halt nicht. In einem normalen Jahr gehen halt alle feiern und in diesem Jahr wünscht man sich halt etwas von der üblichen Silvesterstimmung. Da wär der Shitstorm bei irgendwelchen Programmexperimenten vorprogrammiert.
Allerdings sind bei mir in der Familie die Silvesterabende schon immer Filmabende gewesen. Früher hat man sich einen Stapel aus der Videothek geliehen, heute haben sie alle zu und Streaming hat nie was man sehen will, also holen wir einen Haufen Serienfolgen nach, die sich auf unseren Festplatten stapeln. Heute vermutlich Simpsons und/oder Modern Family.
In diesem Sinne: Frohes Neues!