Lame! Langweilig! Enttäuschend! Jetzt mal ehrlich, werte Drehbuchautoren, ihr sitzt bestimmt stunden- und tagelang in eurem Writersroom, überlegt euch, wie ihr das Geheimnis zu „Daylight“ langsam und stückchenweise lüften wollt, was ihr bis hier hin echt gut hinbekommen habt, und dann ist das Geheimnis rund um „Daylight“, dass, was sich bisher für mich ein wenig wie der eigentliche rote Faden der ersten Staffel angefühlt hat und dermaßen groß aufgebaut wurde – es wissen nur noch zwei Menschen von diesem Projekt – all das baut ihr auf, um uns dann zu erzählen, dass sie … Trommelwirbel, große Augen! … auf illegaler Weise Telefongespräche abhören und Telefondaten auswerten? Really? Keine geheimnisvolle, weltumspannende Verschwörung? Kein Geheimprojekt des US Verteidigungsministeriums in dem alle hohen Beamten einschließlich des Präsidenten eingeweiht sind, aber jeder weiß, wenn das an die Öffentlichkeit gerät, dann gibt’s aber saures? Obwohl das kann ja gar nicht sein, es wissen ja nur noch zwei Menschen von diesem Projekt, wie auch immer das aussehen mag.
Echt, ich habe kurz davor gestanden bzw. gesessen, die Fernbedienung in Richtung des Fernsehers zu werfen aber vor lauter Lachen hatte ich keine Kraft mehr. Aber ich möchte Sie auch beglückwünschen, werte Drehbuchautoren, zur Tatsache, dass sie es in lediglich fünf Minuten geschafft haben, ihre große Verschwörung, die Gefahr, die am Ende jeder Folge lauerte, die sie bisher über sieben Folgen aufgebaut haben ins Lächerliche zu ziehen. Und damit euch selbst. Ein bisschen zumindest. Ich möchte damit keineswegs das Gefahrenpotenzial, das von Abhöraktionen ausgeht, in Abrede stellen, ich habe da eine klare Meinung zu und zu der würde mir Edward Snowden wahrscheinlich gratulieren, aber wir sind hier doch in einer Crime-Thriller-Something Serie, in der es zwei große Geheimnisse gab, die die erste Staffel über tragen sollten. Und nun habe ich etwas Bedenken, was ihr mit dem zweiten Geheimnis macht, also mit den Tattoos und der Geschichte von Jane. Mir schwant übles.
Handlung
Ach ja, eine Handlung gab es ja auch noch. Eine Hochkomplexe dazu. Und die Themen, die die Episode an sich anspricht, sind mindestens genauso brisant wie die illegale Abhörung von Telefongesprächen. Korruption und Erpressung innerhalb der Polizeibehörde, tote afroamerikanische Jugendliche, tote Polizisten, Homosexualität im US-amerikanischen Leistungssport – und das alles in einer Folge. Daher werden sämtlichen Themen nur kurz als einzelner Übergang der Episodenhandlung genutzt, um am Ende auf die Gefahr im Straßenverkehr hinzuweisen, wenn man keine funktionierenden Airbags besitzt. Ich glaube wir dürften damit sämtliche gesellschaftlichen Themen der USA bereits in acht Folgen abgefrühstückt haben. Nice work!
Die Episode selbst beginnt mit den heiß erwarteten Erklärungen von Mayfair, was denn eigentlich dieses „Daylight“ ist, und Weller ist daraufhin bestürzt. Sehr bestürzt. Bestürzt über die illegalen Machenschaften der Sicherheitsbehörden und vor allem das seine Chefin, von der er so viel hält und die ihm allzeit eine moralische Stütze war, darin involviert war. Wie wir in den zahlreichen Rückblenden von Mayfair erfahren – jetzt muss Jane aber erst mal nachlegen, Mayfair liegt nun eindeutig vorne! – war Mayfair von Anfang an nicht wirklich überzeugt von diesen illegalen Methoden auch wenn man dadurch ein paar böse Buben ins Gefängnis bringen konnte. Die durch „Daylight“ abgefangenen Informationen hat Mayfair sich dann im Übrigen ganz offiziell von Guerrero als Mittelsmann zur kriminellen Szene geben lassen, im Austausch für Geld und großzügiger und bevorzugter „Behandlung“, so dass man diese vor Gericht verwerten konnte. Auch das bestürzt Weller außerordentlich.
Die Autoren nehmen diese Unstimmigkeit mit Mayfair zum Anlass, Weller moralisch neu zu synchronisieren, aufzustellen und Weller bzw. Stapleton als Figur wachsen zu lassen. Für mich wurde die Figur Weller dadurch viel greifbarer in dieser Episode als bis hier hin. Ich möchte nicht behaupten dass Stapleton an die schauspielerische Leistung von Jean-Baptiste als Mayfair heran kommt aber er wird auch nicht mehr überstrahlt.
Auch Mayfair wird durch die Rückblenden etwas klarer in ihren Handlungen. Es ist nämlich nicht so, dass sie durch das Mitwirken bei „Daylight“ klar charakterisiert wäre, sie ist da deutlich vielschichtiger. Neben den Verstrickungen offenbart uns Mayfair in ihren Rückblenden zudem, dass sich hinter „Daylight“ auch ein persönliches Drama verbirgt. Neben Carter und Mayfair spielte eine Frau namens Sofia eine größere Rolle bei „Daylight“ – wunderbar dargestellt von Sarita Choudhury aus „Homeland“ – und beide wurden ein Paar. Am Ende konnte Sofia den Druck und die Gefahr der Aufdeckung des Projektes nicht mehr standhalten und wir müssen davon ausgehen, dass sie sich umgebracht hat. Man hat es nicht gesehen aber die Drehbuchautoren wollen uns zumindest den Anschein erwecken. Dies dürfte Mayfair immer noch stark belasten. Carter nicht, der stellte bei der letzten Dreierrunde klar, dass er die Methoden von „Daylight“ als die einzig Wahre sehe und sie niemals in Frage stellen werde. Anders als Mayfair und Sofia.
Der Fall selbst war eher so okay statt wirklich spannend. Worin sie sich in diesem Fall aber fast schon selber überboten haben, waren die mehrfachen Twists innerhalb der Story. Startpunkt war ein Zweifachmord an zwei Cops, eine dritte Polizistin wurde im Laufe der Folge erschossen, am Ende erschoss Weller einen vierten Polizisten und schlussendlich entpuppte sich der Chief des 65. Polizeireviers selber als Drahtzieher hinter den Erpressungen auf der Basis der Filmaufnahmen, die US-amerikanische Polizisten 24/7 von ihrem Berufsalltag aufnehmen – durch die kleine Überwachungskamera an ihrem Funkgerätehalter. Womit wir kurzzeitig bei einem homosexuellen Footballspieler waren, ein Opfer der Erpressungen, der sehr gekonnt und fachdamenhaft von Jane niedergestreckt wurde. Ein Tackling in der NFL sieht auch nicht schlechter aus.
Fazit
Über den Hintergrund zu „Daylight“ bin ich mehr als enttäuscht, ich glaube auch nicht, dass wir hier noch einen weiteren Twist erleben. Ein Spannungsbogen ist damit also schon mal in sich zusammengefallen. Tolle Wurst. Damit hätten wir einen USP (Unique Selling Point) der Serie beerdigt. Auch wenn wir weiterhin den sympathischen Carter in der Szenerie haben, denn Zapata hat in dieser Episode lernen dürfen, dass sie ihm voll und ganz ausgeliefert ist. Ich vermute mal, es dürfte nicht wenige Zuschauer gegeben haben, die es Vertretens Wert gehalten hätten, wenn Zapata Carter in dieser Szene in der dunklen Gasse einfach erschossen hätte. Ich glaube ich schrieb es bereits, ich vermute, dass dieser Job irgendwann mal durch Reade übernommen wird, wodurch er seine Daseinsberechtigung in der Serie bekräftigen würde.
Auch die Herleitung des Zusammenhangs zwischen dem Tattoo und dem Fall empfand ich dieses Mal als sehr gekünstelt. Mir ist wahrlich schleierhaft, wie sie das am Ende auflösen wollen, dass es diese eine Instanz gibt, die das alles wusste und vorhersehen konnte. Wurde „Daylight“ vielleicht mit einer künstlichen Intelligenz weiterentwickelt, machte sich selbstständig und erlernte das Tattoohandwerk in Abendkursen über das Internet?
Fragen über Fragen.
Richtig gut fand ich das Ende der Episode, als Patterson, Jane und Zapata den Tag an der Bar haben ausklingen lassen. Mädelsabend beim FBI. Die dort vorhandene Lockerheit tat der bisherigen Staffel gut, die ging nämlich ein wenig in den letzten Episoden verloren. Oder war nie da. Und sie stellte noch einmal die Damen der Serie in den Mittelpunkt. Ganz ohne Weller oder Reade.
Einen weiteren USP. Denn die Damen geben hier klar den Ton an, die Männer sind bisher eher nützliches Beiwerk. Ich hoffe und denke, dass sie dies beibehalten werden.
Bilder: NBC
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