Am vergangenem Montag lief bei NBC das Midsesaon Finale von „Blindspot“, was für uns bedeutet, dass die nächste Folge erst wieder im Februar zu sehen sein wird. Bis dahin kann man sich dann ja mit dem sehr guten Cliffhanger beschäftigen und eigene Überlegungen nach dem „Warum“ und dem „Wie geht’s weiter“ anstellen. Ich stelle meine Gedanken dazu ans Ende des kurzen Rückblicks auf die letzten beiden Folgen der ersten Hälfte der ersten Staffel des neuen Serienhighlights auf NBC.
Authentic Flirt = Lift The Curtain
Die achte Episode von „Blindspot“ benötigt recht lang, eigentlich bis zum Episodenfinale, um richtig ab zu gehen und den Zuschauer mit weitaufgerissenen Augen vor dem Fernseher sitzen zu lassen. Wir haben nämlich einen nicht unbekannten Toten zu beweinen. Vorher werden Jane und Weller allerdings in einer Undercoveraktion als bulgarische Auftragskiller zu einem luxeriösen Stelldichein geladen. Weller im Smoking und Jane im engen Schwarzen. Während Jaimie Alexander in diesem Outfit klasse aussieht, ihre Haare eng nach hinten gestylt hat und ihr Gesicht mit Rouge und Cayal zum Strahlen bringt, sieht Sullivan Stapleton so aus wie immer nur eben in einem Smoking. Unrasiert und eher grumpy denn erfreut auch wenn seine Augen kurz einen Schimmer erhalten, in dem Augenblick, in dem er Alexander das erste Mal im netten Outfit sieht. Da hätte ich mir jetzt einen kleinen Gag erwartet, dass er sich zur Verwunderung aller rasiert und sich darüber alle schön lustig machen, nur Jane eben nicht. Naja, als bulgarischer Auftragskiller darf man wahrscheinlich nicht unrasiert im Auftrage seines Auftraggebers zu einem Geschäftstermin reisen. Der Auftraggeber ist im Übrigen ein bulgarischer Mafiaboss und sein Geschäftspartner ein ehemaliger Hacker und nun Hehler, der im Besitz wichtiger Dokumente ist, die Personen auflistet, die sich in einem Zeugenschutzprogramm befinden und natürlich auch deren Aufenthaltsort. Und diese Dokumente soll im Austausch mit viel Geld den Besitzer wechseln. Der Austausch findet auf einem luxeriösen Anwesen statt und geht ohne große Verzögerung vonstatten. Weller und Jane erfahren allerdings, dass es weitere potenzielle Käufer gibt, da der Hehler mit dem wahnsinnig kreativen Namen Rich Dotcom (eine nicht näher bezeichnete Person in Australien wird sich bestimmt auf den dicken Wams vor Lachen schlagen) natürlich keine Dokumente in Papierform veräußert sondern einen USB Stick.
Bis sie auf den zweiten Kaufinteressierten treffen, ist die Episode recht zäh und ohne wirklichen Höhepunkt. Also wirklich einschläfernd. Als sie aber auf diesen Mann stoßen und ihn überwältigen wollen kommt es zu einer coolen Kampfszene. Zu Zweit haben beide große Probleme mit diesem schwarzen Ninjaverschnitt und es wechseln sich beide ab, verdroschen zu werden. Nur mit Mühe schaffen sie es, die Oberhand zu gewinnen. Gute Idee, hier einen ebenbürtigen Gegner auf der Bildfläche erscheinen zu lassen, da man bei dem vorherigen Austausch von Argumenten nicht darauf schließen konnte, das wir hier Bruce Lee zu Gast haben.
Mr. Dotcom, der ansonsten eine wirklich coole und gefährliche Figur darstellt, leicht überdreht aber schon überzeugend, betritt aufgrund des Kampflärms alarmiert den Raum und stellt Jane und Weller zur Rede. Eine zeitlang können beide ihr Spiel aufrechterhalten, am Ende wird dann aber doch die Waffe gezogen und versucht, Dotcom vom Anwesen zu führen. In der coolen Eigenart des Kriminellen versucht dieser, seine Mannen davon zu überzeugen, dass sie ruhig versuchen sollen, Jane und Weller abzuschießen, Cops würden nie ihn oder die Sicherheitsleute zuerst erschießen. Da Jane und Weller aber beim FBI und nicht bei der Polizei sind und sich beide daraufhin mit einem Blick verständigen, müssen Dotcom und vor allem die Sicherheitsleute erkennen, dass er falsch lag. Eine schöne Einstellung und Auflösung der Szene, mit der man nicht unbedingt rechnen konnte.
Am Ende der Episode, wo der Erfolg teamintern gefeiert wird, erfolgt eine musikunterlegte Abfolge von Szenen. Ein Nebenstrang der Episode sind nämlich die privaten Ermittlungen von David, dem Exfreund von Patterson, der weiterhin seiner Liebe hinterherläuft und dem Trugschluss unterliegt, wenn der Fall aufgeklärt ist, dann hätte Patterson wieder Zeit für ihn, da er weiterhin an die gegenseitige Liebe glaubt. Patterson nimmt ihm aber zu Beginn der Episode den Wind aus den Segeln, wie wir in der neunten Episode erfahren werden, belog sie sich aber selbst. Die Erkenntnis kommt zu spät, denn David kommt bei seinen eigenen Ermittlungen um, nach dem er eine auffällige Frau verfolgte, die sich an dem Codebuch zu schaffen gemacht hat, welches David und Patterson vor einigen Episoden in der Bibliothek gefunden hatten.
David ist nicht der einzige Tote der Episode, Guerrero wird im Gefängnis schon fast „The Wire“ mäßig abgestochen. Wie sich herausstellt, steckt natürlich Carter dahinter. Eine weitere Erkenntnis der Episode, ist, dass Zapata sich gegen die weitere Spitzelarbeit für Carter entschließt. Nice! Move!
Evil Handmade Instrument = And Unveil The Mastermind
Die neunte und letzte Episode vor der Midseasonpause war im Gegensatz zur achten Episode wieder voller Spannung, Action (also jetzt nicht Schwarzeneggermäßig) und Emotionen ob des gewaltsamen Todes von David. Insbesondere Jane macht sich Vorwürfe, da sie durch ihre Tättowierungen eben direkt dafür verantwortlich ist. In ihren Augen. Sie wirft sich vor, dass sie nicht hart genug ihre eigenen Tattoos analysiert hat um unter Umständen frühzeitiger genau jenes Rätsel gelöst zu haben. Sie argumentiert hier ähnlich wie weiland Reade, das man nie genau wissen kann wohin einem ein Rätsel führt und unter Umständen könne man damit als kleines Team gar nicht umgehen. Als Einzelperson dann schon mal gar nicht. Auch Patterson hat am Tode von David zu knacken, natürlich, und diese Szenen gehören zu den Stärksten dieser Episode. Ashley Johnson alias Patterson gehört eh zu den schauspielerischen Lichtblicken der Serie und daher ist es schade, dass die lockere Beziehung zu David so abgeschlossen wurde.
Für den Fall der Woche wird auf einen alten Stereotypen zurückgegriffen: die Russen und ihre eingeschleusten Agenten in den USA. „Blindspot“ trifft inhaltlich also „The Americans“. Und nicht nur das, man verweist auf die Rolle Putins in dieser Angelegenheit und die Gefahr für Dissidenten und systemkritische Blogger in Russland. Denn auf diese Menschen haben es zwei russische Agenten abgesehen, die als treusorgende Ehefrauen eines US-Amerikanes ein scheinbar normales Leben führen. Wie nicht anders zu erwarten war, beherrscht Jane nicht nur bulgarisch sondern auch russisch – klar. Ich vermute mal da werden noch weitere Sprachen hinzukommen. Unser Wunderkind. Das sie beide Agenten ausfindig machen und ausschalten, ist klar, die letzte wird dabei sogar noch von einem musealen Flugzeugträger gestoßen und stirbt. Als alter Fahrensmann Daumen hoch für die Locationauswahl.
Der Cliffhanger beginnt mit einer emotionalen Szene zwischen Patterson und Jane, in dem Patterson ihr Herz ausschüttet und Jane wohl erkennt, dass sie vor ihren eigenen Gefühlen nicht weglaufen sollte, anders als vor ihren Bewachern. Sie lauert daraufhin Weller vor der Wohnung seiner Schwester auf, um ihn einfach zu küssen. Bäm! Ein leichtes Lächeln huscht über sein Gesicht, bevor sie beide aber richtig loslegen können, kommt Wellers Neffe um die Ecke. Bad timing, meint auch Weller!
Auf dem Heimweg wird Jane dann entführt und wie sich herausstellt, steckt hier ebenfalls Carter und sein CIA dahinter. Und nicht nur das, Carter beginnt höchstpersönlich mit einer Interviewrunde, mit Wasser und allem drum und dran. Durch die Folter ploppt bei Jane auch eine neue Erinnerung auf, dass sie Carter kennt im Zusammenhang mit dem „Projekt Orion“. Die Szene ist als Jane-Sympathisant nur schwer zu ertragen und ähnlich wie seinerzeit bei Zapata hofft man auf eine entsprechende Auflösung dieser Szene. Und hier bekommt man sie. Der Mann mit dem Baumtattoo – wir lernen ihn näher kennen, er heißt Oscar – erschießt die Wachen und dann auch Carter. Jubel, Trubel, Heiterkeit!
Und es kommt noch besser, denn Oscar hält Jane ein Video von ihr selbst vors Gesicht, in dem sie sich selbst als Drahtzieherin hinter ihrer Amnesie und den Tattoorätseln offenbart. Man hatte ja schon früher mal eine solche Ahnung, nun wurde sie bestätigt. Jane ist dennoch leicht verwirrt. Schwarzblende. Midseasonfinale erfolgt.
Anagramm der Episodentitel bis zum Midseasonbreak
Der vollständige Satz lautet bisher:
„Who is Jane Doe? Taylor Shaw, the missing girl or maybe not. Will the past cloud eyes? Trust no one, suspect everyone, lift the curtain and unveil the mastermind.“
Ich finde das Spielchen mit den Episodentiteln sehr cool und ist schon eine Besonderheit der Serie.
Fazit
Die achte Episode war wirklich zäh und machte keinen allzugroßen Spaß auch wenn wir durch einen Rückblick gelernt haben, dass Jane mal verlobt war, mit eben jenem Mann und seinem Baumtattoo. Man sieht ihn auch einmal in einer Szene wie er ein Tattoo von Jane zeichnet. Allerdings ist es auch die Szene, wo Jane den Verlobungsring zurückgibt. Dafür, dass in der achten Episode keinerlei Entwicklung an der eigentlichen Geschichte der Serie vonstatten ging, passierte hier in der neunten Episode deutlich mehr, wenn auch nur durch den Cliffhanger und durch den nun toten Carter. Endlich! Sorry, aber hätte Oscar nicht gehandelt, ich hätte es.
Was mir so im Rückblick auf die gesamte bisherige Staffel auffällt, ist, dass die Figuren in Rahmen der Handlung schon ziemlich viele unterschiedliche Orte besucht haben. Auch das sorgt für eine gewisse Stufe der Unterhaltung als würden wir uns immer nur in unterschiedlichen Gebäuden befinden. Gefällt mir.
Ashley Johnson sollte insbesondere nach den letzten beiden Episoden zu urteilen deutlich mehr zu tun bekommen, als immer nur den Part der nerdigen Analystin zu spielen. Auch Abby in „Navy CIS“ hat mehr zu tun und übernimmt weitere handlungstechnischen Schwerpunkte als immer nur für Analysen zu sorgen. Johnson hat eine tolle Art und Weise, wie sie Patterson angelegt hat. Zudem ist sie mindestens genauso „anschaubar“ wie Zapata und Jane. Apropos Zapata. Ich finde es toll, dass die Drehbuchautoren dieser Figur die eigenständige Entscheidung zugebilligt haben, sich von Carter zu lösen und sich von ihm zu befreien. So hat sie diese Entscheidung aufgrund ihres inneren Kompasses getroffen und profitierte nun nicht nur vom Tode Carters. Die Frage wird sein, was mit ihrer Kündigung passiert, die Zapata gestellt hat. Ich konnte die Kündigung selbst nur kurz sehen, glaube aber, dass sie den Grund nicht angegeben hat. Schauen wir mal wie Mayfair damit umgehen wird.
Der Cliffhanger hat bereits jetzt schon eine große Erwartungshaltung gegenüber den neuen Folgen aufkommen lassen. Es wird nämlich angedeutet, dass Jane einfach nur Oscar fragen braucht, er wird ihr alles erzählen. Jetzt muss Jane nur noch die richtigen Fragen stellen. Hoffen wir, dass es die Drehbuchautoren vorgesehen haben. Allerdings lässt der kleine Teaser am Ende der neunten Episode schon erkennen, dass Jane nicht sofort das Vertrauen zu Oscar hat. Zudem muss man sich natürlich fragen, warum sie, um ihr noch geheimes Ziel zu erreichen, den Weg der Amnesie eingeschlagen hat? Mit Erinnerungen dürfte es deutlich einfacher sein. Aber man kann ja auch den schwereren Weg wählen. Und ja, dieser Weg ist natürlich für den Zuschauer viel interessanter. Die zweite Frage lautet natürlich, woher weiß Jane das alles, was sie da an Geheimnissen auf ihrem Körper mit sich trägt? Bin mal gespannt ob sich die Autoren mit dieser Frage schon in den nächsten Folgen beschäftigen. Ich glaube nicht.
Die bisherige Staffel hat großen Spaß gemacht. Es gab nur wenige Episoden bzw. Fälle der Woche, die eher den Beigeschmack einer Füllhandlung mit sich führten. Natürlich war nicht jeder Handlungsstrang äußerst sinnig aufgebaut und frei von Logiklöchern, aber hey, wir haben hier eine TV Serie und keine wissenschaftliche Arbeit. Sofern die Handlung unterhält, ist alles im grünen Bereich. Und „Blindspot“ ist mehr als im grünen Bereich auch wenn ich mit einen Auflösungen nicht zufrieden bin, da man das ein oder andere noch hätte hinauszögern können. Beispielsweise hätte Oscar Carter auch erst in der ersten Folge nach dem Midseasonbreak erschießen und somit Jane retten können. Also ähnlich wie der Cliffhanger von der ersten zur zweiten Staffel bei „Peaky Blinders“. Und wir müssten große Ängste um das Wohlbefinden von Jane aushalten, auch wenn man sich sicher sein kann, dass ihr wohl nichts passieren wird, da sonst die Serie vorbei wäre.
Aber so denkt die Serie eben nicht bzw. legt andere Schwerpunkte. Im Großen und Ganzen kann ich aber völlig damit leben. Denn auch so ist die Serie weiterhin interessant und unterhaltsam, hat starke weibliche Figuren und Schauspieler und ein Setting, welches große Freizügigkeit zulässt, was die Autoren bisher auch entsprechend ausgenutzt haben.
Fotos: NBC
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