Ab sofort wollen wir einmal im Monat einen Kommentar mit seriellem Bezug hochladen. Und wir hoffen, dass wir darüber mit dem ein oder anderen von Euch ins Gespräch kommen. Zudem wollen wir die Seite damit noch ein stückweit persönlicher gestalten, etwas, was für uns schon wichtig ist, denn unpersönliche Webseiten gibt es im Internet reichlich und damit genug. Die Themen die wir mit diesen Beiträgen anschneiden wollen, müssen nicht immer topaktuell sein, werden es aber bestimmt meist trotzdem sein. Vor allem aber liegt dem Verfasser das Thema auf dem Herzen oder beschäftigt ihn schon eine geraume Zeit. Schauen wir mal, ob am Ende das raus kommt, was wir uns davon versprechen. Und ich mache heute den Anfang. Es wird (daher) etwas länger dauern.
Ich würde mich persönlich als recht offen und liberal bezeichnen. Gemäß dem kölschen Motto „levve und levve loße“ soll jeder sein ganz persönliches Glück finden, denn „jede Jeck is anders!“. Aber natürlich stecken auch in mir Vorurteile und oft ertappe ich mich dabei, dass ich nach Stereotypenschubladendenken werte und Menschen in diese Schubladen einordne, die ich noch nicht lang genug kenne. Und evolutionstechnisch gesehen war ja auch genau das der Sinn von Stereotypen und Vorurteilen, sie sollten einem Zeit einsparen, vor Gefahr schützen und mitunter das Leben retten. Die Gefahr besteht dabei natürlich dass sich Stereotypen und Vorurteile verfestigen und man nicht mehr reflektiert, seine eigene Meinung überdenkt und andere Meinungen in sein wertendes Meinungsbild mit integriert und berücksichtigt. Dieser Gefahr muss man sich stellen und sollte daher seinen Wertkompass immer mal wieder neu einstellen und überprüfen.
Brauchen wir mehr weibliche Helden?
Und das will ich heute mal in Ansätzen tun. Beginnen wir mit einem sehr naheliegenden Vorurteil. Ich würde mal vermuten, dass die grundlegende Frage dieses Textes, braucht die Welt weibliche Helden, allerdings nicht durch neue Heldinnen wie Agent Carter sondern durch Ablösung und Weiterentwicklung bestehender, männlicher Helden wie Sherlock Holmes, James Bond oder Doctor Who, in den Redaktionsräumen der EMMA oder allgemein in der feministischen Bewegung mit einem donnernden „Ja“ beantwortet werden würde. Wieder wäre eine männliche Bastion eingerissen und man wäre der vollständigen Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ein stück weit näher gekommen. Die Welt und vor allem die immer noch durch Männer beherrschte Film- und Serienlandschaft könnte so zeigen, dass die Zeit, in denen wir leben, und damit wir, bereit sind, auch diese männliche Vorherrschaft aufzugeben.
Ich bin überzeugt davon, dass sowohl eine Jane Bond, Sherlin Holmes oder eine weibliche Inkarnation des Timelords überzeugen und das jeweilige Universum bereichern würde. Aber „braucht“ die Welt so eine Ablösung? Und mit Welt meine ich hier die Idee des Feminismus, die vollständige Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Die zweite Frage, die sich hier stellt, brauchen die jeweiligen Film- und Serienuniversen derartige Weiterentwicklungen, um heutzutage nicht als rückwärts gewandt zu gelten, um „mit der Zeit zu gehen“.
Meine Antwort auf beide Fragen lautet, unter Umständen ganz stereotypisch, „nein“.
Gerüchte, Ideen, Diskussionen
Jetzt ist es raus, ich bin weder liberal noch offen sondern konservativ und sollte mir ein CSU Parteibuch zulegen. Ok, so einfach ist das natürlich nicht. Das erste Mal in Kontakt mit dieser Idee kam ich aber in der Tat durch einen Politiker. Aber einen britischen. Ed Miliband von der Labour Party hatte im letztjährigen Wahlkampf einen außergewöhnlichen Vorschlag. Neben Steuern, Sozialabgaben und der Bildungspolitik war ihm ein Thema fast genauso wichtig: es wäre an der Zeit, dass wir einen weiblichen James Bond serviert bekommen. Zu einem Höhepunkt der letztjährigen Diskussion um die Zukunft von Daniel Craig brachte der Oppositionspolitiker den wohl innovativsten Vorschlag. Wohl nicht ganz uneigennützig, die Aufmerksamkeit war ihm sicher, ist der Geheimagent doch nicht nur im Auftrag seiner Majestät im Einsatz sondern auch stellvertretend für das gesamte britische Volk. James Bond ist nationales Heilig-und Eigentum. Ideen und Gerüchte um einen ersten schwarzen Bond gibt es schon länger, ein Jane Bond dagegen war neu.
Aber nicht nur in der Welt der Geheimagenten auch bei einer anderen britischen Ikone, Sherlock Holmes, kommen jene Ideen und Vorstellungen immer mal wieder hoch. Zuletzt in einem Interview mit Catherine Tate, die sich eine Rückkehr in die Serie zwar nicht vorstellen kann aber sehr wohl dass es eines Tages einen weiblichen Detektiv, wohnhaft in der Baker Street 221b, geben könnte
Auch Steven Moffat kann sich einen weiblichen Mieter des wohl bekanntesten Apartments jener Strasse grundsätzlich vorstellen. Um das britische Dreigestirn abzurunden, auch hinsichtlich des Timelords sind jene Gedanken nicht von der Hand zu weisen und bewegen die Gemüter. Nicht erst seit gestern. Auch wenn man hier bereits einen Schritt weiter denkt.
Ist die Welt bereit – und braucht sie das überhaupt?
In all den nachfolgenden Diskussionen, Forenbeiträgen und Kommentaren wird immer wieder von Befürwortern darauf abgestellt, dass die Welt bereit ist für Jane, Sherlin oder einem weiblichen Timelord, deren Vornamen man ebenso wenig kennen lernen wird. Nennen wir sie einfach mal Diane. Aber nicht nur das, es scheint fast so als wäre es zwingend notwendig, dass Jane, Sherlin und Diane das Zepter in ihren jeweiligen Universen übernehmen müssten, um das Franchise, die Idee, den Film und die Serie ins moderne Zeitalter hinüberzuführen und zu retten. Und damit uns alle und die Welt. So hoch würde ich das jetzt ja nun nicht hängen.
Gerade die drei beschriebenen Produktionen haben bewiesen, dass sie sich im Laufe der Zeit den aktuellen Gegebenheiten angepasst haben, sich weiterentwickelt und nicht stehen geblieben sind. Hätten Sie es nicht getan, gäbe es wohl nur noch verstaubte und angegraute Erinnerungen an jene Helden. Von daher kann von einer rettungsbedingten Erneuerung der Idee keine Rede sein. Auch die Rolle der Frau hat sich im Laufe der Zeit in jenen Produktionen verändert, insbesondere bei James Bond durften die sogenannten Bond-Girls eine noch 1962 unvorstellbare Emanzipation durchleben. Auch die Besetzung des M in den neueren Bond Filmen mit Judi Dench sehe ich in diesem Zusammenhang.
Ähnliches konnten Fans des wohl bekanntesten britischen Privatdetektivs in „Elementary“ erleben. Dort wurde die Handlung nicht nur von London nach New York verlegt, nein, mit Lucy Liu hat Sherlock Holmes nun zum ersten Mal in Dr. Joan Watson einen weiblichen Begleiter. Apropos Begleiter. Die Rolle der Frau in den Doctor Who Staffeln ist schon von jeher eine Starke. Aber auch hier hat sich die Rolle der Companion aus meiner Sicht schon verändert hinzu einer noch eigenständigeren Rolle und Figur.
Zudem habe ich auch bei den aktuellen Serienproduktionen nicht das Gefühl, das an dieser Stelle ein „externer“ Impuls kommen müsste und notwendig wäre, als würden Frauen auch heutzutage noch in Serien eine eher unterrepräsentierte Rolle spielen. Ich habe eher das gegenteilige Gefühl, Frauen in Hauptrollen sind im Vormarsch, ich nenne einfach mal mit „Extant“ und „Blindspot“ zwei Beispiele. Und bei Filmen würde mir als erstes Rey im neuen Star Wars Film einfallen. Alle Drei stehen nicht „nur“ als Frau im Mittelpunkt sondern mit ihrer Figur und deren Geschichte, die eben eine weibliche ist.
Die Welt hat schon viele weibliche Helden
Von einem für die Serienwelt notwendigen Prozess würde ich hier also nicht sprechen. Genauso wenig in Bezug auf die jeweilige Serie. Natürlich würde die Welt nicht zusammenbrechen, wenn man in Zukunft auf diese Idee käme. Nur beide haben es nicht nötig. Zudem bin ich schon der Überzeugung, dass man mit einem weiblichen Doctor Who, James Bond oder Sherlock Holmes die Grundgeschichte umschreiben müsste damit es eigenständig funktioniert. Veränderungen an den jeweiligen Universen wären also unumgänglich, machbar, aber nicht notwendig. Der Charme der Produktionen wäre dann auch ein gänzlich anderer, einfach weil man die Figuren neu anlegen müsste. Daher kann man auch gleich eine gänzlich neue Welt schaffen und Figuren entwickeln. Und für einen anhaltenden Erfolg braucht „Frau“ auch nicht unbedingt ein erfolgreiches Format, welches sie von einem männlichen Vorgänger übernimmt, um sich dann „ins gemachte Bett zu legen“ – und die emanzipierende Wirkung tritt dann natürlich automatisch ein.
Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass es ausreichend Ideen und Projekte gibt, die völlig eigenständig eine starke weibliche Hauptrolle im Mittelpunkt der Geschichte stellen. Und sie funktionieren. Das Vehikel eines erfolgreichen männlichen Vorbildes ist nicht notwendig und würde der Sache an sich auch nicht unbedingt zuträglich sein.
Was mich wiederum zum Schluss und zu meinem Fazit kommen lässt, dass weder die angedachten Helden eine Ablösung durch einen weiblichen Helden benötigen noch die Serienwelt an sich. Und für den eigentlichen Grundansatz, der verstärkten Fokussierung auf weibliche Hauptrollen und Helden und damit verbunden für eine gewisse Gleichberechtigung zu sorgen, gibt es ausreichend neue und spannende Serien- und Filmproduktionen, in denen Frauen den Männern zeigen, wo der Hammer hängt.
Die Welt wäre in meinen Augen natürlich bereit für Jane, Sherlin und Diane – aber sie würde dadurch kein Stück emanzipierter, gerechter oder freundlicher. Das müssen wir schon anderweitig erreichen.
Oder? Wie seht ihr diese Thematik? Habt ihr eine Meinung, wenn ja, ab in die Kommentare. Vor allem natürlich wenn ihr eine gegenteilige Meinung habt, da würden mich eure Argumente und Anmerkungen wirklich interessieren.
Bilder: iraisaguilar.tumblr (Titel) / Radiotimes / BBC / CBS
Ich bin da ganz bei euch, wir brauchen vor allem modernere Frauenfiguren und nicht „Jane Bond“. Letztens lief ja „Supergirl“ im deutschen Free-TV an und was dort als Frauenbild transportiert wird, ach du meine Güte… Das ist nur knapp über „Verliebt in Berlin“ Niveau.
Auch in anderen Serien fasse ich mir oft an den Kopf, bei „The Blacklist“ hat die Heldin im Pilot angeblich nur 5 Minuten Zeit sich morgens fertig zu machen, aber ist in der nächsten Szene natürlich perfekt frisiert und geschminkt. Bei „The Walking Dead“ wachsen den Männern zauselige Bärte, die Frauen rasieren sich aber weiterhin die Beine. In „The Shannarah Chronicles“ gibt es gleich überhaupt keine Frauen die nicht aussehen wie Supermodels usw. usf.
… das mit dem „modernerem Frauenbild“ stimmt, das hatte ich so gar nicht im Hinterkopf, während ich das so aufgeschrieben habe. Zumindest nicht bewusst. Aber wenn man sich das mal so durch den Kopf gehen lässt, hast du vollkommen recht.
Vielen Dank für dein Kommentar. Jetzt habe ich etwas, worüber ich neu/weiter nachdenken kann. ?
Dazu auch lesenswert:
http://dasnuf.de/serienempfehlung/
… die beiden BBC Produktionen „The Honourable Woman“ und „The Fall“ sind zwei gute Beispiele, die hatte ich in der Tat sogar vor meinem geistigen Auge bei der Behauptung, dass es seit einiger Zeit gute Serien gibt, in denen Frauen die Hauptrolle spielen und eben nicht allein auf das „Frausein“ und eine Nebenrolle reduziert werden. „OITNB“ nicht unbedingt, auch wenn diese Serie in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird. Aber die Aufnahme in die Aufzählung ist natürlich folgerichtig auch wenn ich eher „Prisoners‘ Wives“ beim Thema Frauen und Gefängnis nennen würde. ;o)
Zu „The Honourable Woman“ sollte ich auch mal einen Serientipp schreiben .. und vielleicht ist der auch schon eingeplant .. ;)
Was Doctor Who angeht: Es gab Gerüchte dass Massie Williams (sie würde aber leider dann bei GoT aussteigen) neuer Doctor wird. Aber ich finde sie hatte schon eine zu große wichtige Rolle um neuer Doctor zu werden, was bei Caterine Tate (17 Episoden) erst Recht der Fall ist. Vielleicht eine Darstellerin die nur in einer Episode war wie Lindsay Duncan (Waters of Mars) oder Oliva Colman von Broadchurch? Oder jemand relativ unbekanntes?
Das kann ja nicht so schwer sein jemanden zu finden.
Oder macht doch aus Life is Stange eine TV-Serie mit anderem Ende. BITTE :)
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