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Die französische Version des Inspektor Columbo auf Stöckelschuhen

Candice Renoir: ein Serientipp für Zwischendurch

24. März 2017, 09:07 Uhr
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Manchmal hat man diese Tage, für die man als Serienfan sehr dankbar sein muss. Weil sie so überraschend kommen. Die Tage saß ich Abends vor dem Fernseher und wusste, dass ich an dem Abend keine Lust auf eine englischsprachige Serie hatte. Und so richtig aufnahmefähig für komplizierte Handlungsstränge und Metaebenen war ich auch nicht mehr. Normalerweise greife ich in diesen Situationen auf einen Klassiker zurück. Dies ist derzeit mal wieder „Seinfeld“. Doch an dem Abend hatte ich auch keine Lust auf Jerry, Elaine, Cosmo und George. Ich wollte irgendwas Neues. Aber unbeschwertes. Mein Blick fiel beim durchzappen meiner Mediathek auf eine kleine französische Kriminalserie namens „Candice Renoir“.

Kleiner Einschub: ich bin ein großer Fan französischer Filme, ich mag vor allem diese leicht romantischen und bildgewaltigen Filme wie „Die fabelhafte Welt der Amelie“. Die französische Kreativität und Fantasie in Filmen haut mich sehr oft einfach nur um. Kurzum, die Erzählweise der Franzosen scheint mir zu liegen. Und seit „Die fabelhafte Welt der Amelie“ kann ich den Namen Renoir auch nicht mehr normal aussprechen sondern muss dies immer so tun – also im Kopf – wie es der Maler Raymond Dufayel im Film tut. Wer den Film kennt, weiß, was ich meine. Und genau diese Art der Aussprache des Namens Renoir im Kopf führte dann die Tage dazu, dass ich endlich mal in jene Kriminalserie schauen wollte.

Die kleine französische Serie, die seit 2013 sehr erfolgreich in Frankreich bei France 2 läuft, hatte ich seiner Zeit mal zu ihrer ersten Ausstrahlung der ersten beiden Staffeln bei zdf neo aufgenommen. Warum, weiß ich nicht mehr. Vielleicht lag es auch hier am Nachnamen der titelgebenden Hauptfigur. Und was soll ich sagen, ich blieb hängen. Aus der Idee, den Abend einfach mit einer Serienfolge ausklingen zu lassen, wurde mehr. Zwei Folgen. Und im Laufe der letzten Tage gleich die gesamte erste Staffel. Sind aber auch nur acht Folgen. Aber es gibt ja noch eine 2. Staffel. Aber bevor ich mich wieder nach Südfrankreich beame ein paar Worte zu Serie, denn ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Serie durchaus auch anderen Serienfans gefallen könnte. Und die ersten beiden Staffeln werden in recht regelmäßigen Abständen immer mal wieder bei zdf neo wiederholt.

CANDICE RENOIR- Staffel 1 & 2 - Trailer deutsch - KrimiKollegen

Seriensteckbrief

Name: Candice Renoir
Genre: Krimi, Dramedy
Laufzeit: 52 Minuten
Staffeln (Folgen): 4+ (38)
Ausstrahlung (Deutschland): bisher die ersten beiden Staffeln (zdf neo)

Inhalt

Die titelgebende Hauptfigur Candice Renoir ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Dies beginnt bei den beiden Zwillingen Martin und Léo, die gerade in die Grundschule gehen, über das mittlere Kind Jules bis hin zur Teenagertochter Emma. Im Hause Renoir ist also eigentlich immer was los. Und nicht nur, weil vor allem Martin und Léo einen Heidenspaß daran haben, den Klingelton des Smartphones ihrer Mutter umzustellen. Was vor allem dann auch wieder dem Zuschauer großen Spaß macht, wenn mitten in einer Besprechung das Smartphone der Teamleiterin Affengeräusche von sich gibt. Aber Candice weiß damit umzugehen.

Beruflich ist Candice Renoir als Kriminalkomissarin (im französischen Commandant, also die Leiterin einer Polizeieinheit bzw. hier eines Ermittlerteams) recht eingespannt, war aber in den letzten zehn Jahren beurlaubt, da sie mit ihrem Mann – einem hohen Manager – und ihren vier Kindern durch die Welt gegondelt ist. Immer an den Orten, an dem die Firma ihres Mannes gerade einen guten Posten zu vergeben hatte. Sie hatte sich demnach voll der Erziehung ihrer Kinder und der Unterstützung ihres Mannes verschrieben und ihre eigene berufliche Karriere unterbrochen. Denn, das dürfte niemanden wundern, der schon ein wenig Serienerfahrung hat, Candice ist in ihrem Beruf keine Anfängerin und hat ein Gefühl für Situationen, Täter und Opfer und den gewissen Blick für Details und Nebensächlichem, um daraus auf den richtigen Täter zu schließen. Wie bei Columbo. Nur ohne Trenchcoat, dafür mit Stöckelschuhen und einen unglaublichen Charme.

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Und so handelt die Serie den Alltag einer alleinerziehenden Mutter und der einer leitenden Ermittlerin einer Mordkommission in gehabter Manier aber mit viel Humor und dem gewissen französischen Etwas ab. Natürlich hat Candice vor allem am Anfang mit den Vorurteilen ihrer Person gegenüber zu kämpfen und vor allem muss sie sich im Team erst einmal Respekt verschaffen und Vertrauen aufbauen. Und das ist gar nicht so einfach, denn das Team wurde eine Zeitlang von Capitaine Antoine Dumas geleitet, dem auch die zukünftige Leitung und damit auch die Beförderung versprochen wurde. Und vor allem Dumas geht in den ersten Folgen schon fast in eine Frontalkonfrontation zu seiner neuen Chefin.

Kleiner Einschub: findet es außer mir eigentlich noch jemand witzig, dass jene beiden „Streithähne“ die Nachnamen zweier hochangesehen französischen Künstler tragen. Also mir gefällt sowas.

Aber im Laufe der ersten Staffel kann Candice nicht nur ihr Team sondern auch vor allem den Zuschauer überzeugen, dass sie eine ganz eigene Art hat, die Fälle zu analysieren und dementsprechend auch zu lösen. Wie schon mal erwähnt, gedanklich war ich sehr schnell bei Columbo. Und bei „Code 37“. Denn die Thematik einer weiblichen Führungsfigur und der Konfrontation mit dem Alphamännchen im Team kennt man aus der belgischen Kriminalserie auch. Und wie „Code 37“ so hat auch „Candice Renoir“ einen ganz eigenen Stil gefunden, wie die einzelnen Geschichten erzählt werden. Und die Fälle sind jetzt keine 08/15 Fälle, die man alle in einer gewissen Abweichung schon in den US Amerikanischen Kriminalserien gesehen hat. Die meisten Fälle sind wirklich mal originell. Und starke Frauenfiguren kann man eh nie genug haben.

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Meinung

Es ist mal wirklich wohltuend eine Kriminalserie zu haben, die vom CSI Allerlei abweicht. Recht konservativ gedreht, keine Kameraexperimente oder moderner Hi-Tech Kram im Polizeirevier – die Serie hat mit Cécile Bois eine grandiose Hauptdarstellerin die beide Rollen (Mutter/Polizistin) wunderbar charmant und vor allem humorvoll rüber bringen kann und sie hat Fälle, die unterhaltsam sind. Und das reicht völlig.

Der sonstige Rahmen ist aber auch nicht uninteressant. Natürlich hat man als alleinerziehende Mutter auch mal organisatorische Probleme, die Teenagertochter rebelliert, der Nachbar macht einem schöne Augen und darüber hinaus hat sich der Polizeialltag in den letzten Jahren auch verändert. Nicht nur dass es nun computerunterstütze Recherchedatenbanken gibt, es gibt so vieles, an das sich Candice auch erst einmal (wieder) gewöhnen muss. Dieser fish-out-of-the-water Aspekt spielt aber nur eine ganz kleine Rolle und dient nicht dazu, witzig zu sein.

Der Humor der Serie zielt eher auf die Situation an sich und die ganz ureigene Schlagfertigkeit und Gedankenwelt der Candice Renoir und den Vorgehensweisen, an die sich wiederum ihre Kollegen gewöhnen müssen. Und dies macht einen großen Teil des Charmes dieser Serie aus.

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Und, auch schon fast ein Novum, Cecile Renoir hat zwar mit ihrem Alltag zu kämpfen, sie ist aber keine gebrochene Figur (hardbpoiled) oder trägt ein düsteres Familiengeheimnis („Code 37“) mit sich herum. Eine schöne Szene in der Auftaktepisode hat für mich genau diesen Aspekt – nicht nur sinnbildlich – aus dem Fenster geschmissen. Man sieht Candice Renoir im Auto wie sie eine Esoterik CD hört („positiv denken“) und dann irgendwann den Kopf schüttelt, das Fenster runter kurbelt, die CD aus dem Fenster schmeißt und im Radio Aretha Franklins „Respect“ laut aufdreht. Candice steht mitten im Leben, weiß was sie will und ist eigentlich ganz zufrieden mit sich selbst.

Und dies beschreibt die Serie auch ganz gut. Hier werden keine dritten und vierten Metaebenen verbaut oder man darf den Figuren bei ihrer spannenden Persönlichkeitsentwicklung zuschauen. Hier haben wir einfach eine humorvolle und charmante leitende Ermittlerin mit einem Gefühl für ihren Beruf und Spaß an der Arbeit. Einfach gedreht, aber mit viel Liebe fürs Detail.

Die Serie weiß was sie kann und ist daher ganz zufrieden mit sich selbst. So wie sie ist. Und ich auch.

Bilder: France 2

Beitrag von:
Freitag, 24. März 2017, 09:07 Uhr
Comedy
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