„Conti – Meine zwei Gesichter“ heißt eine neue Krimiserie im ZDF, die mit Désirée Nosbusch prominent besetzt ist. Co-Hauptdarstellerin ist Malaya Stern Takeda. Beide spielen in „Conti – Meine zwei Gesichter“ zwei Frauen, die auf unterschiedlichen Seiten für Recht und Gerechtigkeit kämpfen. Dabei sehen sie sich beruflich und privat mit tragischen Schicksalen, menschlichen Schwächen und gefährlichen Verstrickungen konfrontiert. Zu sehen ist die Pilotfolge am Samstag, 15. April 2023, um 20.15 Uhr im ZDF, sowie am Freitag, 14. April 2023, um 20.15 Uhr, auf arte. Ab Samstag, 8. April 2023, 10 Uhr, gibt’s die Folge bereits in der ZDFmediathek. Alle Infos zum neuen Format gibt es in diesem Beitrag hier im Blog (hier klicken). Zur TV-Premiere im linearen TV hat das ZDF Interviews mit den beiden Hauptdarstellerinnen zur Verfügung gestellt, die noch mehr Details zu den beiden Rollen bieten. Hier kommen sie in voller Länge.
Conti – Meine zwei Gesichter: Interview Désirée Nosbusch
Warum sollten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer „Conti – Meine zwei Gesichter“ unbedingt anschauen?
Ich würde nicht sagen, die Zuschauer*innen sollten sich „Conti“ ansehen. Ich würde sie einladen und mich freuen, wenn sie den Film anschauen, weil er viel von dem erzählt, was wir oft im Leben übersehen. Undeutlichkeit zum Beispiel. Eine Frau wird angeklagt, ihr kleines Baby getötet zu haben und sie selbst sagt, sie sei die Täterin gewesen. Aber war sie es wirklich? Ist jede Tat so eindeutig, wie sie vielleicht zunächst aussieht? Ober gibt es Ungewissheiten je tiefer man das Geschehen erforscht? „Conti“ legt Schicht um Schicht dieser Tat frei und jedes Mal ändert sich die Perspektive. Das macht den Film so spannend. Genauso wie die Figuren, starke Frauen, die alle glauben, das Richtige zu tun und irgendwann merken, dass die Wahrheit nicht immer in richtig und falsch oder schwarz und weiß aufzuteilen ist. Denn oft liegt die Wahrheit im Verschwommenen, im Undeutlichen, was sie nicht weniger wahr macht, aber schwerer zu begreifen und zu verurteilen.
Für Ihre Vorbereitung begleiteten Sie eine renommierte Hamburger Strafverteidigerin bei ihrer Arbeit. Inwiefern hat Sie das auf Ihre Rolle vorbereitet und was haben Sie dort erlebt und mitgenommen?
Ich bin Schauspielerin und keine Juristin. Natürlich kann man sich als Schauspielerin in all das hineinlesen, kann Prozessakten, Urteile und Gesetze studieren, aber das reicht nicht, weil es nur Buchstaben sind. Was vielmehr zählt und das habe ich von der Hamburger Verteidigerin und meinen Besuchen im Hamburger Untersuchungsgefängnis gelernt, ist Instinkt, Intuition und das Gefühl für die Situation Gefängnis. Die meisten von uns können sich das nicht vorstellen, weil sie noch nie in so einer Situation waren. Zunächst ist es auch egal, ob jemand wirklich schuldig oder vielleicht auch unschuldig ist, erst mal sitzt man in einer weiß gekachelten Zelle mit einer gekachelten Bank und ist nicht nur allein, sondern auch weggeschlossen. Ich habe mich da selbst einmal einschließen lassen und es war ein Gefühl, was ich nicht kannte. Wann ist man sonst im Leben in einem Raum eingeschlossen und kann nicht mehr selbst entscheiden, eine Tür zu öffnen? Dazu kommen die Einsamkeit und Ungewissheit. Kümmert sich da „draußen“ jemand um mich? Wird mir ein Anwalt helfen? Man kann ja niemanden anrufen oder angerufen werden, man ist wirklich vom Leben weggeschlossen. Da läuft man wirklich gegen die Wände. Und das müssen die Anwält*innen, die den ersten Kontakt zu den Inhaftierten haben, wissen und spüren, was nicht immer leicht ist und sehr viel Einfühlungsvermögen verlangt.
Welche Eigenschaften verbinden Sie mit Conti?
Ich glaube, Eigenschaften ist zu viel gesagt. Die Rechtsanwältin Conti ist eine Figur. Ich bin im wirklichen Leben schon etwas anders. Aber was ich in der Rolle von mir erkenne, ist die Erfahrung, dass es im Leben Sackgassen gibt, in die man geraten kann. Conti ist in eine Skandal-Sackgasse geraten, ihre Karriere als Anwältin schien zerstört und sie brauchte die Kraft, an ihre Fähigkeiten zu glauben, da wieder herauszukommen. Und dieses Wiederaufstehen, nachdem man glaubt, da kommt nichts mehr, kenne ich auch, wenn auch in ganz anderen und auch kleineren Momenten. Es gibt diesen oft zitierten Satz „hinfallen ist keine Schande, nicht wieder aufzustehen aber schon“, der aber stimmt. Und er gilt für Männer und Frauen, aber für Frauen besonders, weil es Frauen immer noch schwerer haben, sich nach einer Niederlage oder einem Fehler, wieder neu zu beweisen. Die Rechtsanwältin Conti schafft das, weil sie nicht nur an ihr Wissen und Können glaubt, sondern vor allem an ihre Intuition. Sie kann schon an Blicken und Stimmen spüren, ob etwas stimmt oder nicht stimmt oder ob es etwas dazwischen ist, was sie freilegen muss.
Conti übernimmt die Pflichtverteidigung von Liz Jordan, einer jungen und erfolgreichen Sängerin, der vorgeworfen wird, ihr wenige Wochen altes Baby getötet zu haben. Die Lage scheint hoffnungslos… Warum übernimmt Conti ausgerechnet diesen Fall, nach ihrer Pause im selbstgewählten Exil?
Wie ich schon sagte, es ist ihre Intuition. Sie erfährt von dem Fall eines toten Babys und der verdächtigten Mutter aus dem Fernsehen und der Fall schien klar. Presse und Öffentlichkeit hatten ihr Urteil schon gefällt, dabei hatte die verdächtigte Mutter noch gar nichts gesagt. Dann, bei der ersten Vernehmung, gesteht die Mutter auch noch die Tat und der Fall scheint noch aussichtsloser. Doch genau in dem Moment spürt die Anwältin Conti, dass es so nicht gewesen sein kann, das sagt ihr einfach ihre Erfahrung als Anwältin und als Frau. Und sie weiß, dass sie erst durch ein kompliziertes und emotionales Dickicht muss, um an die Wahrheit zu kommen. Sie nimmt diese Herausforderung an, ja, sie sucht sie beinahe, um aus ihrem eigenen Tief wieder nach oben zu kommen. Andere hätten vielleicht Einbrecher oder Betrüger verteidigt, um in kleinen Schritten wieder in ihren Beruf zu kommen, aber das ist nicht Conti. Sie weiß, dass sie nur im scheinbar Unmöglichen wieder die wird, die sie mal war.
Wo setzen Sie sich privat für Gerechtigkeit ein?
Immer, schon als Kind. Ich bin in Luxemburg aufgewachsen und mein Bruder, der jünger ist als ich, wurde oft auf dem Schulweg nach Hause verprügelt, weil wir eine sogenannte Gastarbeiterfamilie waren. Also habe ich mich im Gebüsch versteckt und die Jungs verhauen, die meinen Bruder bedrohten. Heute prügele ich mich natürlich nicht mehr, aber ich geh immer dazwischen, wenn ich mitbekomme, dass jemand falsch oder ungerecht behandelt wird. Das war schon 1981 so, als ich bei Joachim Fuchsberger in einer Talkshow saß und der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß telefonisch zugeschaltet einer Beamtennwärterin, die abgelehnt wurde, weil sie angeblich zu dick gewesen sei, sagte, sie solle doch erst mal abnehmen, dann könne man ja reden. Das fand ich ungerecht und habe es in der Sendung auch gesagt. Es gab noch während der Sendung telefonische Morddrohungen gegen mich und ich bekam ein Auftrittsverbot im Fernsehen. Das war hart, aber mir egal und ich würde es jederzeit wieder tun. Da bin ich anstrengend.
Die bedrohliche Macht der Presse und der Sozialen Medien ist ein großes Thema in „Conti“. Wie beobachten Sie diese Art von Kommunikation und wie sind Ihre eigenen Erfahrungen diesbezüglich?
Die Presse und die sozialen Medien haben Macht, das muss man immer wissen, wenn man mit ihnen umgeht. Wie groß diese Macht ist, beunruhigt mich auch, und es ist leider eine Illusion zu glauben, man könnte sie kontrollieren. Es ist ja nicht mehr so wie vor vielen Jahren, wenn Zeitungen irgendeinen Unsinn über mich geschrieben haben, und es gab sehr viel Unsinn, aber das landete dann irgendwann im Altpapier oder in staubigen Archiven und wurde vergessen. Das ist heute völlig anders. Wenn Zeitungen heute etwas schreiben, und sei es noch so harmlos, wird das in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer aufgeheizt, mit Hass, Häme und Blödsinn kommentiert und irgendwann als angebliche Wahrheit verbreitet. Und das Internet vergisst nichts und hat auch kein staubiges Archiv. Das finde ich gefährlich. Weniger für mich, weil ich schon etwas älter bin und sehr aufpasse, was ich von mir erzähle. Aber wenn man jung ist und sich mitteilen will, wenn man zeigen will, was man macht, wie man feiert, wen man liebt oder, dass man mal einen Joint raucht, sind einem diese Grenzen egal, weil man euphorisch das Leben erkundet. Nur kann dieser Joint einem Jahre später das Leben schwer machen. Ich versuche das immer meinen Kindern beizubringen, die schon erwachsen sind, aber diese Tücken oft übersehen.
Wie nutzen Sie Social Media? Und welchen Mehrwert hat Social Media gegebenenfalls für Sie? Wo ziehen Sie Grenzen?
Die Grenzen sind ganz klar: Nichts, niemals etwas Privates. Oder nur das, was ich mitteilen oder zeigen will. Meinen Hund zum Beispiel. Oder meine Kinder, weil ich stolz auf ihre Karrieren als Musiker und Songwriter*innen bin. Und meine Projekte, die Filme in denen ich mitspiele; die Filme, die ich mache; das Buch, das ich über mein Leben geschrieben habe. Hier kommt nach allen Nachteilen von Social Media auch der Vorteil ins Spiel: Ich kann denen, die sich für mich interessieren, die vielleicht sogar Fans sind, direkt sagen, was ich mache und wie es mir geht. Das hätte ich mir für mein früheres Leben gewünscht, als ich sooft in den Zeitungen so viel Falsches und Gelogenes über mich lesen musste. Heute kann ich mich über Social Media selbst wehren und die, die es interessiert glauben mir. Aber wie gesagt, es ist Fluch und Segen zugleich. Den Fluch muss man bändigen, den Segen muss man pflegen.
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