Conti – Meine zwei Gesichter: Interview mit Malaya Stern Takeda
Sie spielen die junge ehrgeizige Staatsanwältin Henry Mahn. Was zeichnet die Anklagevertreterin aus? Ist sie das Gegenmodell von Conti?
Henry Mahn ist in der Tat eine ehrgeizige, aber vor allem von Gerechtigkeit getriebene Staatsanwältin. Sie möchte alles richtig machen, was ich bewundernswert finde, ihr aber manchmal zum Verhängnis wird. Henry ist jedoch nicht das Gegenmodell zu Conti. Sie ist viel mehr. Sie ist ein eigenständiger Mensch, hat eigene Sehnsüchte, Schmerzen und Ziele, die unabhängig von Conti existieren. Beim Lesen des Drehbuchs fand ich auch genau das spannend: Es geht um zwei sehr unterschiedliche Frauen, die ein hochsensibles Thema verhandeln, sich aneinander abarbeiten und trotzdem für sich alleine stehen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mehr und mehr Drehbüchern begegne, in denen die Autor*innen Frauenrollen entwerfen, die mehr Raum einnehmen. Toll bei „Conti“ finde ich, dass Frauenrollen nebeneinander existieren können, ohne dass sie in einem Vergleich zueinanderstehen.
Wie haben Sie sich auf die Rolle in der Justizwelt vorbereitet – was war die besondere Herausforderung dabei?
Ich hatte das Glück, dass ich schon zwei Wochen vor Drehbeginn in Hamburg war und bin jeden freien Tag ins Landesgericht gegangen. Auch während des Drehs, wenn ich frei hatte. Es war eine ganz besondere, spannende, lehrreiche, aber auch unangenehme Erfahrung für mich.
Es ist schon merkwürdig, in diesem Zuhörer*innen-Bereich zu sitzen. Mit Ausnahme von ein paar Fällen war ich die Einzige und alle gucken einen erst mal an. Ich wurde auch oft gefragt, ob ich von der Presse bin. Ich hätte gern ja gesagt, wollte aber im Gericht besser nicht lügen und musste dann dem gesamten Gerichtssaal erklären, dass ich nur eine kleine Schaupielmaus bin, die Recherche macht. Da habe ich mich schon ziemlich voyeuristisch und echt privilegiert gefühlt. Da sitzen echte Menschen mit echten Problemen und ich darf mir Notizen machen. Ich bereue es aber nicht, weil ich sehr viel gelernt habe. Nicht nur über den Gerichtsprozess, sondern auch über Menschen. Wie schnell wir in der Lage sind, Urteile über andere zu fällen, zum Beispiel.
Wo setzen Sie sich privat für Gerechtigkeit ein?
Ich gehe auf Demos, spende, suche den Diskurs, solidarisiere mich auf Social Media und verbreite Infos. Außerdem habe ich den Verein „Stabiler Rücken e.V.“ mitgegründet.
Henry Mahn bittet Ihre Ex-Chefin Conti am Anfang um Hilfe, schaut in gewisser Weise auch zu ihr herauf. Wer sind Ihre persönlichen Vorbilder, die Sie inspirieren? Und inwiefern wirken diese inspirierend?
Ich habe keine konkreten Vorbilder. Aber ich feiere alle mega tollen, intelligenten, großartigen, talentierten, starken, vulnerablen, krassen Frauen um mich herum. Sie inspirieren mich jeden Tag, indem sie sich für die Rechte der Frauen einsetzen und Diskriminierung bekämpfen. Ich liebe Euch.
Würden Sie sagen, der Film dreht sich um Perspektiven des „Female Empowerment“ und wenn ja, auf welche Art und Weise tut er das?
„Female Empowerment“ spielt eigentlich nur insofern eine Rolle, als dass es um Frauen geht, die mit sich und ihrem Umfeld kämpfen. Allerdings geht es nicht um Emanzipation. In erster Linie erzählen wir eine Geschichte, in der Frauen mit einem tragischen Kindstot und dem darauffolgenden Gerichtsprozess umgehen müssen. Eine Geschichte von Männern, die mit sich und ihrem Umfeld kämpfen, wird ja auch nicht als „Male Empowerment“ beschrieben, sondern selbstverständlich als eine Geschichte akzeptiert. Das wünsche ich mir für „Conti“ auch.
Die bedrohliche Macht der Presse und der Sozialen Medien ist ein großes Thema in Conti. Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen diesbezüglich?
Ich habe zum Glück keinerlei solche Erfahrungen.
Welche Bedeutung und welchen Mehrwert hat Social Media für Sie? Wo ziehen Sie Ihre Grenzen?
Social Media ist gut, um an Infos zu kommen und zu spreaden. Es hilft mir mit meinem Job, und ich mag es, die Beiträge meiner Freund*innen anzuschauen. Ich bin aber auch vorsichtig damit, weil ich nicht zu viel meiner Lebenszeit darauf verschwenden möchte.
Bilder: ZDF
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