In seiner Sendung „Kessler ist…“ trifft Michael Kessler auf Prominente. Er hält ihnen einen Spiegel vor, spricht mit ihren Bekannten und Verwandten, und sitzt ihnen schließlich gegenüber – als sie selbst. Er verwandelt sich in der Maske optisch dabei sozusagen in einen Zwilling des Prominenten. In Sprache, Gestik und Mimik versucht er, zu seinem Gegenüber zu werden – was ihm in der ersten Staffel von „Kessler ist…“ auch hervorragend gelungen ist, mit einigen berührenden und verblüffenden Momenten. Zum Start der zweiten Staffel in ZDF und zdf_neo spricht Michael Kessler im Interview mit seriesly AWESOME zunächst über eine Inspiration aus Israel zur Entwicklung des Formates, ehe er auf der zweiten Seite die emotionalen Momente beschreibt, die er mit den prominenten Gästen in „Kessler ist…“ erlebt hat.
Wer lieber gucken als lesen möchte: Das Interview als Video gibt es direkt hier.
Michael Braun: Wir sprechen heute über „Kessler ist…“, über die zweite Staffel sozusagen – in dieser Serie oder Sendung…
Michael Kessler: Personality-Doku! So nennt man das jetzt!
Michael Braun: … OK, OK. Sie schlüpfen in Rollen von anderen Prominenten, Schauspielern usw. Aber das ist dieses Mal nicht lustig – war das vorher klar für Sie?
Michael Kessler: Ja. Das war ein Format, das mir vorgestellt wurde – die Adaption eines israelischen Formates. Ich habe den Piloten gesehen, der sehr einfach gemacht ist. Der Kollege dort verwandelt sich in eine Musical-Darstellerin, aber wirklich ganz einfach: Karaoke, blonde Perücke auf – fertig. Ich habe aber gleich erkannt, dass das ein sehr, sehr spannendes Fernsehformat ist, das ich so noch nicht gesehen habe; das mich überraschte und neugierig gemacht hat. Ich habe deswegen gesagt: Das gefällt mir, das sollten wir machen; weil ich denke, dass es zu mir passt, denn einerseits kann ich mich verkleiden, wie ich es in anderen Formaten mache. Und ich habe mich auch schon in andere Prominente verwandelt. Aber ich wusste von Anfang an, dass es ein ernstes Format sein würde, und ich finde es auch super so. Denn ich bin ja nicht nur Comedian, sondern ursprünglich auch Schauspieler. Was ich jetzt mache, ist lustig im Sinne von ungewöhnlich, aber ich finde es gut, dass ich die Gelegenheit habe, einen Prominenten noch einmal auf eine andere Art und Weise kennenzulernen.
Michael Braun: Jetzt handelt es sich um ganz verschiedene Prominente. Frau und Mann sind dabei, und mit Heino ist in der ersten Staffel zum Beispiel auch eine durchaus ältere Person dabei – haben die Prominenten irgendwie Vorbehalte gehabt, so dass sie gedacht haben: „Wir werden bestimmt auf den Arm genommen, das ist gar nichts Ernstes, da werden wir vorgeführt?“
Michael Kessler: Ich glaube, dass in der ersten Staffel schon eine große Ungewissheit herrschte, weil man vorher nichts sehen konnte – es gab dieses Format ja nicht zum Angucken. Also dachte man: „Na, da kommt der Kessler, der hat Switch gemacht, da könnte es sein, dass er mich jetzt durch den Kakao zieht. Wir hatten zum Beispiel ein Interview mit dem Trainer des Gewichthebers Matthias Steiner, der unglaublich nervös war und dachte: „Oh, jetzt muss ich lustig sein, und der Kessler wird komisch sein – wird er mich auf die falsche Fährte führen?“ Er merkte dann aber schnell, dass dem nicht so ist. Und auch die Prominenten wussten dann schnell, dass es keine Comedy sein würde und sie keine Sorge haben müssen. Jeder Prominente weiß, dass es nicht darum geht, vorgeführt zu werden, sondern dass es eine tolle Plattform ist, sich einmal anders zu zeigen.
Michael Braun: Würden Sie sich denn auch einmal an Comedians herantrauen? Zum Beispiel: „Kessler ist Pastewka“?
Michael Kessler: Warum nicht, klar, natürlich. In der neuen Staffel gibt es ja einen Comedian – Michael Mittermeier – dem ich begegne. Ich glaube aber, dass es von Vorteil ist, ein bisschen Distanz zu dem Prominenten zu haben, in dessen Rolle man schlüpft. Herrn Pastewka kenne ich jetzt ganz gut; ich glaube, die Sendung wäre jetzt nicht leichter zu machen, obwohl es bestimmt spannend wäre. Ja, das wäre sicher eine sehr unterhaltsame Sendung.
Michael Braun: Das glaube ich auch, wobei die erste Staffel insgesamt schon sehr unterhaltsam ist…
Michael Kessler: …klar, es gibt ja nicht nur ernste Gespräche. Jeder Prominente ist anders. Bei dem einen ist die Lebensgeschichte auch einfach sehr traurig und ernst. Wenn Sie zum Beispiel an Matthias Steiner oder in der neuen Staffel an Horst Lichter denken, die beide für sich einen dramatischen Lebensweg hinter sich haben. Bei dem anderen ist das dann vielleicht nicht so…
Michael Braun: …wenn Sie gerade die ernsten Momente ansprechen – wie bei Matthias Steiner zum Beispiel – da sind Sie im Gespräch auch sehr persönlich geworden. Ist das so eine Sache, die sie sich vorher genau überlegen? Oder tasten Sie auch im Laufe des Gesprächs vor, um zu sehen, wie weit Sie wohl gehen können?
Michael Kessler: Die Fragen überlege ich mir alle selber – ich lasse sie mir nicht schreiben, ich beschäftige mich mit den Prominenten. Ich überlege mir: „Was ist sein Thema, was interessiert mich bei ihm.“ Die Art und Weise der Fragen ist bei mir immer eine sehr behutsame. Ich möchte niemanden überfallen oder ausziehen. Ich gucke natürlich, was geht, aber wir gehen auch nur auf das Feld, auf das der Prominente gehen möchte. Wenn er sagt, dass er das eine oder andere nicht thematisieren möchte, dann akzeptiere ich das und hake nicht weiter nach.
Michael Braun: Das Besondere an den Interviews am Ende jeder Sendung ist, dass die Rollen quasi umgedreht sind, denn die Prominenten befragen ja Sie und damit sich selbst. Haben Sie festgestellt, dass die Prominenten Fragen stellen, die sie sich selbst vielleicht gar nicht zu stellen trauen?
Michael Kessler: Jeder Prominente geht unterschiedlich mit dem Format um. Es gibt ja offenere und verschlossene Prominente – bei den einen hatte ich das Gefühl, dass sie jetzt wirklich neugierig auf sich selbst und auf den letzten Moment sind, der für beide Seiten unglaublich spannend und aufregend ist. Andere sind vielleicht nicht so neugierig, oder aber sie sind routinierter oder wollen auch gar nicht so viel passieren lassen. Das ist ja auch das Spannende: zu sehen, wie der Prominente reagiert.
Michael Braun: Zum Schluss sind einige sogar auch persönlich berührt. Hätten Sie das auch so erwartet?
Michael Kessler: Das erwartet man nicht immer, das ist einfach ein besonderer Moment. Es hat auch damit zu tun, dass eben in diesem Format sehr viel Arbeit steckt, sehr viel Vorbereitung. Und das merkt der Prominente auch. Er ist ja auch dadurch ein bisschen berührt, welche Arbeit sich für ihn gemacht wird. Ich erlebe es immer wieder, dass sie sehr überrascht sind, wenn sie hören, dass ich vier Stunden in der Maske sitze für ein paar Minuten Interview. Und dann wird das alles schon wieder aus meinem Gesicht entfernt, das ist ein enormer Aufwand, den wir betreiben. Das berührt sie schon auf dieser Ebene. Aber klar, auch das Gespräch ist einfach sehr spannend. Und vielleicht für manche eben auch berührend.
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