Ich muss mich outen, ich habe ein bisschen oder vielleicht sogar ein bisschen viel „Bushido & Anna-Maria“ auf RTL geschaut. Für alle, die nicht wissen, was da gerade jeden Donnerstag auf RTL am Abend läuft, hier eine kurze Beschreibung: „Bushido & Anna-Maria“ ist eine Reality-Doku über das Leben eines sehr bekannten deutschen Rappers. Er, seine Frau und die Kinder ziehen nach Dubai und RTL ist mit dabei.
Schuld daran, dass ich bei dieser Sendung eingeschaltet habe, sind eigentlich Jan Böhmermann und Olli Schulz. Beide haben sich in ihrem Podcast „Fest & Flauschig“ über diese Doku lustig gemacht und dann dachte ich, schau ich doch mal, was dran ist. Und egal, was man auch über diese Doku sagen mag, grundsätzlich bietet dieses Format schon eine Art von Unterhaltung. Allerdings ist diese Unterhaltung meiner Meinung nach aus der Zeit gefallen.
Ich erinnere mich noch an die frühen 2000er. Damals sah man Ozzy Osbourne und seiner Familie zu, wie sie sich angeschrien haben, sich teures Zeug gekauft oder einfach nur rumgesessen haben. Ein bisschen Fremdschämen war dabei und am Ende, trotz vieler Trivialitäten, war es eben etwas Neues, bei einer Promifamilie zu Hause zu sein. Ob es echt war, wahrscheinlich nicht alles, aber es fühlte sich echt an. Fast forward, 20 Jahre nach den Osbournes sehen wir nun also Bushido, seine Anna-Maria, die 8 Kinder und diverse Menschen, die diese Familie am Leben halten. Und ich frage mich, was soll dieses Format? Es ist nicht peinlich und es ist nicht spannend; es hat einfach keine Relevanz.
Um es konkret zu machen: Inhalt der Serie ist zum Beispiel, wie Anna-Maria ihre Kompanie an Angestellten steuert und dabei beteuert (reimt sich, ich weiß), dass diese wie ihre eigene Familie behandelt werden. Natürlich dürfen die Nannies mit zum Essen kommen und am Tisch sitzen. Schließlich kümmern sie sich ja um das wichtigste im Leben der Bushidos. Bei anderen Familien wäre das nicht so, wie wir es aus Anna-Marias Mund erfahren. Denn ohne das ganze Personal könne man die 8 Kinder nicht managen, wenn ein Teil der Familie die große Karriere macht. Wie wichtig das Personal ist, sieht man dann am Beispiel Halloween, denn alle Kinder müssen irgendwo anders hingefahren werden. Dann raspelt Bushido auch Mal ordentlich Süßholz und will seine Anna-Maria noch einmal heiraten – wahrscheinlich das große Finale der Staffel. Zu dem zweiten Antrag kommt ein Wochenende in Europa ohne Kinder, bei dem sie sich wie Teenager verhalten und Anna-Maria von zu viel Wodka sich übergeben muss (was man aber nicht sieht, sondern nur erzählt bekommt). Ansonsten sind oft die Kinder zu sehen oder der Hund, welcher für diese Breitengrade nicht gemacht ist und einem mit seinem dicken Fell schon leidtun kann.
Der große Twist der Serie soll offenbar sein, dass Bushido nicht in Angst vor dem kriminellen Clan lebt, mit dem er – ganz Rüpel-Rapper-mäßig – über mehrere Jahre erst zu seinem Vorteil und später zu seinem Nachteil verbunden war. Das ganze mündete in Anklagen, Gerichtsverfahren und einer gefährlichen Situation für Bushidos Familie, weswegen Dubai sicherer als Berlin erscheint. Diese Story bietet viel Stoff, aber wurde schon in der ersten Staffel und in Talkshows und Magazinen thematisiert.
Übrig bleibt das normale und oft wenig interessante Leben eines reichen Rappers, der am Ende auch nur ein Familienvater ist und kein Rock and Roll Leben führt. Bzw. reich, vielleicht ist er ja doch nicht so reich und deshalb muss sich seine Familie in dieser Sendung zeigen. Ich habe ja nie Bushido gehört, aber wenn man das so alles sieht, fragt man sich, wie viel von diesem Badboy Image wirklich echt war. Und wie kann er das jetzt noch verkaufen? In der letzten Episode sah man unter anderem, dass er mal mit Karel Gott einen Track aufgenommen hat. Wer also damals nicht schon ihm seine Street-Credibility abgesprochen hat, der hat jetzt noch eine Chance. Wenn das so weitergeht, dann würde es mich auch nicht wundern, wenn er in einer weiteren Folge zu Gast bei Florian Silbereisens Schlagerparade wäre (falls es so eine Sendung überhaupt gibt).
Und am Ende von diesem Artikel stelle ich auch fest, dass dieser als Teil unserer „Aufreger“-Reihe vielleicht doch unpassend ist und besser in einer „Gähn-warum-soll-ich-mir-das-anschauen“-Reihe aufgehoben wäre. „Bushido & Anna-Maria“, für Fans vielleicht ganz nett, für alle anderen einfach nur unnötig.
Bilder: RTL+ / TVNow
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