Erinnert ihr euch noch an die Jahre 2003 bis 2008? „Digitales Fernsehen für alle und überall mit DVB-T! Lediglich ein neuer Receiver muss angeschafft werden und schon geht es los“. Und tatsächlich, es klappte, war relativ einfach einzurichten und machte Freude. Ich weiß noch gut, wie ich mir für Praktikumsplätze in anderen Städten einen Empfänger für den Computer anschaffte und damit davon unabhängig war, ein langes Kabel zu verlegen oder einen Fernseher mitzunehmen. Das Angebot war und ist zwar etwas eingeschränkter als im digitalen Kabel, aber immer noch mehr als ausreichend. Neben den öffentlich-rechtlichen Kanälen findet man RTL, Pro7 und Co. im Funknetz – ein Rundum-Sorglos-Paket.
Diese heile Welt wird bald enden. Nicht nur könnt ihr euren DVB-T Empfänger getrost in die Tonne treten, nein, ihr dürft auch bald Geld für private Sender zahlen. Wann ist es soweit? Schon am 29. März wird ein Großteil der Deutschen in die Röhre schauen.
„Warum regt der sich auf?“, wird sich der ein oder andere fragen. „DVB-T2 ist doch viel besser, alle Sender in HD!“. Es gibt viele Punkte, die man kritisch erwähnen sollte:
Abo-Gebühr für Private Sender
Private Sender finanzieren sich durch Werbung. Dafür zahlt man nichts für den Empfang, schließlich geht es ja für die Sender darum, Reichweite zu generieren. Genau wie die Gratiszeitung jede Woche, die voll von Werbung ist, aber dafür umsonst im Briefkasten liegt (leider). Trommelwirbel! Mit DVB-T2 ändert sich das. Ihr dürft für die Entschlüsselung pro Jahr 69€ entrichten. Ihr bezahlt also Geld dafür, dass ihr euch als Werbekonsument zur Verfügung stellt. Meiner Meinung nach hat das nichts mit dem Gedanken des privaten Fernsehens zu tun. Ja, es gibt auch dort tolle Formate – oder zumindest tolles Trash-TV, aber dafür bezahlen?
Geld für das CI Modul
Ihr denkt mit 69€ ist es getan? Nein, ihr dürft für das CI Modul auch noch einmal 80€ zahlen. Das Modul dient zur Entschlüsselung und muss in den Receiver gesteckt werden. Ihr müsst also, damit ihr regelmäßig Geld bezahlen „dürft“, erstmal Geld bezahlen.
Geld für die Hardware
Ihr habt euch dieses oder letztes Jahr keinen neuen Fernseher gekauft? Schade, dann könnt ihr nochmal mindestens 40€ für einen sehr einfachen Receiver dazu rechnen. Wenn man das alles zusammen rechnet, ergeben sich im Normalfall für das erste Jahr für das tolle neue DVB-T2 folgende Kosten: 69€ + 80€ + 40€ = 189€. Einhundertneunundachtzig, das sind 378 D-Mark! Für DSDS, für die zehnte Wiederholung von The Big Bang Theory oder die bekloppten Geissens. Und von da an geht es weiter, jedes weitere Jahr rund 6 € pro Monat noch oben drauf. Vielen Dank, liebes Privatfernsehen.
Keine Aufnahmefunktion
Ihr denkt, naja, aber ich bekomme HD und kann meine eigene kleine HD Videothek erstellen. Pustekuchen! DVB-T2 verbietet euch weitestgehend – ARD und ZDF werden es euch wohl erlauben – Sendungen aufzunehmen. Ihr bezahlt also auch noch dafür, dass eurer Funktionsumfang eingeschränkt wird. Dafür sparen die Sender höchstwahrscheinlich noch Geld, da sie ja nicht mehr die vollen Rechte beziehen müssen.
Au Revoir Lineares Fernsehen
Der Trend, dass sich zunehmend Menschen vom linearen Fernsehen abwenden, ist Fakt. YouTube und Co. sind bei jungen Menschen beliebter und häufiger in Verwendung als das klassische Fernsehen. Dazu kommen noch Netflix, Amazon oder Maxdome, bei denen man mit hochqualitativen Serien versorgt wird. Und was machen die privaten Sender, die auf Zuschauer angewiesen sind? Sie schaffen diese bescheuerte Hürde mit Hardware, Geld für das Modul und die extrem nervige Jahresgebühr. Wer macht denn da noch mit?
7,3 Millionen Haushalte sind betroffen
Ja, ihr lest richtig, laut Marktforscher sind insgesamt 7,3 Millionen Haushalte betroffen (DVB-T Nutzung am PC inklusive). All diejenigen, die bisher noch zu faul waren, sich neu zu orientieren, werden doch sicher jetzt beginnen nachzudenken und vielleicht nicht mehr mitziehen. Schnell werden sie merken, es geht ja auch ohne. Wenn man noch etwas linear schauen will, dann bieten die öffentlich-rechtlichen Sender sich gratis im Internet an (ja, man bezahlt auch, aber das ist ein anderes Thema). Den Rest bekommt man dann doch lieber ohne Unterbrechung bei On-Demand Anbietern, wenn man denn schon Geld bezahlen muss.
Meiner Meinung nach ist DVB-T2 eine schöne Technik, aber in der Umsetzung für den Zuschauer eine Zumutung und für die Zukunft des linearen Fernsehens ein weiterer Sargnagel auf dem Weg in die Versenkung.
Update: Ein geleaktes Interview offenbart die ganze Misere. ;-)
Endlich bringt es mal einer auf den Punkt!
Man wird ja von den Sendern fast schon genötigt auf Streaming oder andere Alternativen (IPTV/DVB-S2/C2) zu setzen.
Für mich auch völlig irre, ich hoffe das die Privatsender mit der zusätzlichen Abgabe krachend scheitern, weil die Zuschauer sich einfach weigern zu zahlen. Wenn ich mir heute das Programm von RTL und Pro7Sat.1 anschaue, wüsste ich nicht was davon eine zusätzliche Gebühr rechtfertigen würde. Zumal man ja sowieso schon für die Öffentlich-rechtlichen Sender zur Kasse gebeten wird und vielleicht noch einen Streaming Dienst nutzt.
Für mich ist es auch absurd, das man im Jahr 2017 Zuschauer immer noch für HDTV extra bezahlen lassen will. Dabei ist das doch einfach eine technische Evolution, wie man sie überall sonst auch sieht. Mein Smartphone hat heute doppelt so viel Speicher, ist zwei, bis dreimal so schnell und hat die doppelte Auflösung (Display, Kamera) wie das Vorgängermodell, kostet es deshalb etwa mehr? Nein natürlich nicht, weil der Markt so nicht funktioniert.
Passend dazu:
http://www.dwdl.de/nachrichten/60209/amazon_prime_video_setzt_pastewka_fort/
„Pastewka“ – sicherlich nicht die beste Serie aller Zeiten, aber eine der letzten Eigenproduktionen von Sat.1 – wechselt zu Amazon, nachdem Sat.1 ewig lang keine Entscheidung über eine weitere Staffel treffen konnte (oder wollte). Damit haben Pro7, Sat.1 und Kabel 1 aktuell genau noch eine eigenproduzierte Serie („Einstein“) und ansonsten haufenweise abgehangene (und oft sehr mittelmäßige) Lizenzware. Wo sind da die „Unique selling points“ wie man so schön sagt?
Was man auch nicht vergessen darf, die ganze Rechnung gilt PRO TV!
Also, für den Fernseher im Wohnzimmer, im Schlafzimmer und dem (wenn vorhanden) auch im Kinderzimmer. Das sind dann ~200€ im Jahr für WERBUNG!
Aber wenigstens in HD :P
:D und ich dachte noch, dass ich so der einzige bin den das aufregt, da ich ein totaler Fan von DVBT1 war.
Die einzige Hoffnung ist aktuell, dass der Markt da nicht mitmacht und sie das System am Ende dann doch ohne Verschlüsselung senden – was wenigstens etwas wäre.
Tröstet euch einfach damit, dass man während des Testbetriebs die privaten noch ein letztes Mal kostenlos sehen darf. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass die privaten langfristig kostenpflichtig bleiben werden… Dafür gibt es heutzutage einfach viel zu gute Alternativen und die ausgestrahlen privaten Sendungen sind ohnehin nicht immer der absolute Oberhammer ;-)
Das ein CI+ Modul angeschafft werden MUSS um private Sender zu sehen ist schlicht und ergreifend FALSCH.
Es gibt auch Receiver die bereits Iredeto zur Erkennung integriert haben. Die benötigen keine zusätzliches Modul. Die Geräte sind unwesentlich teurer.
…ein kleiner aber schwacher Trost. Denn selbst wenn die Kosten für das CI Modul nicht noch drauf kommen, dann darf ich am Ende trotzdem für jedes Gerät die Jahresgebühr entrichten :-/
Ich habe seit 11 Jahren Dvb und sehe nur oeffentloch rechtliche Sender, da mir das komplett ausreicht und die privaten zu primitiv sind.
„das sind 378 D-Mark“
Ernsthaft? DM-Vergleiche?
189€ waren 305 D-Mark im Jahre 2002, wenn man das richtig zurück rechnet. Wenn man es sinnloserweise heutzutage mit dem damaligen Wechselkurs umrechnet kommen 370 DM raus.
Dennoch ist DVB-T2 mit Privat-TV-Vergoldung natürlich Quatsch. Da fährt man besser mit nem Fire TV Stick, den kostenlosen Apps für die ÖR-Mediatheken und dem kostenpflichtigen Angebot von Netflix oder Amazon (einmalig 40€ plus monatlich 10€ für Netflix, also im ersten Jahr maximal 160€). Ist auch deutlich stressfreier und es steht weniger Hardwaremüll Zuhause herum. Zudem kann man dann auf allen Geräten, vom Telefon bis zum Rechner, schauen.
Ja, die Umrechnung in DM muss sein; die 0,1% unserer Leserschaft, welche gerade aus einer Zeitmaschine gekrochen kommen, sollen schließlich auch partizipieren ;-)
@Oliver K: Das sind ja 740 Ostmark! Und 1.480 Mark auf dem Schwartzmarkt! ;)
Und ca. 1-2 Millionen Reichsmark, je nach Monat in den 40ern… ;-)
Nun ja, kacke in HD bleibt Kacke.
Ich brauch’s nicht…
Wer mittels DBT-T2 Stick Fernsehen am Laptop/PC möchte….kann allerdings böse überrascht werden: weil T2-HD niedrigere Bitstreamraten empfängt, müssen diese hochgerechnet werden….das schafft nicht jede CPU und Graphik….
Die Folge Bild & Ton ruckelt, stoppt & nicht syncron….
Von 5 Laptops, die ich hier versucht habe…macht nur einer nicht schlapp, der hat dafür allerding auch’n I7 Prozessor und separate Graphik…..
Geräte die gut genug für DVB-T waren, die kein Problem mit Photoshop hatten, kein Problem mit Mediatheken gucken hatten & auch kein Problem mit umrechenen von Filmen hatten…können scheitern bei den Anforderungen an DVB-T2….Anforderungen die mehr oder weniger an Gaming-Laptops gestellt werden.
Hatte ich vorher mit Stabantenne in Berlin, F-hain einen Empfang von 90 – 100 %, hab ich nun mit der gleichen Antenne am gleichen Ort nur noch max. 47%.
Kommt noch dazu…dass man erst mal ein Gerät haben muss, das die 1900’er Auflösung (HD) liefert….
Dafür muss ich dann ein Fernsehen ertragen, das mir Pickel & Poren in Übergröße liefert….Sauerrei, Sauerrei….
Fazit: Eine riesen Sauerrei die hinter dieser Geschichte steckt.
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