Als Fan diverser Serienformate aus Ländern, die man nicht immer sofort auf der Pfanne hat, ich denke da vorrangig an Belgien, Korea, Japan und insbesondere an Israel, waren die Screening-Tickets für die beiden Vorstellungen im Rahmen des Mottos „Fokus Israel“ natürlich sofort reserviert, als feststand, dass wir beim Seriencamp mit dabei sein werden. Wenn man an Serien aus Israel denkt, wird einem hoffentlich „Hatufim“ und „BeTipul“ einfallen. Wobei natürlich eher die US-Adaptionen dieser Serienformate: „Homeland“ und „In Treatment“. Wenn nicht – you will find it in the internet!
Die erste Serie die mit ihrer Pilotfolge vorgestellt wurde, war „Fauda“, was so viel wie „Chaos“ heißt, ein wahrlich großer Hit in Israel. Ein Überraschungshit. Denn die Serie thematisiert den Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern und bezieht keine klare Stellung. Zudem sprechen die Palästinenser arabisch und werden untertitelt und nicht etwa synchronisiert. Aber der eigentliche Hammer für eine israelische Serie: die Terroristen und ihre Familien werden als Menschen dargestellt. Ohne unterschwellige Aussagen und Anmerkungen. Die Produzenten und die Schauspieler hatten eigentlich mit viel Gegenwind durch die ultrakonservativen Juden gerechnet aber auch von den liberalen linken Juden – jede aus ihrer Sichtweise – aber die Serie kam bei allen Bevölkerungsschichten sehr gut an. Also bei Israelis und bei Palästinensern.
Aber schaut doch einfach mal hier rein:
Handlung
Wir haben hier also eine Serie, in der eine israelische Spezialeinheit im Mittelpunkt steht, die auf der Jagd nach einem Hamas Kämpfer ist. Und wir als Zuschauer können die Geschehnisse von beiden Seiten aus betrachten und damit auch die unterschiedlichen Sichtweisen kennenlernen. Inhaltlich passiert in der Pilotfolge eine ganze Menge. Dror, ein ehemaliger Elitesoldat einer israelischen Spezialeinheit, deren Aufgabe daraus besteht, palästinensische Einheiten und Familien zu infiltrieren umso Hamas Kämpfer aufzuspüren und zu eliminieren, bekommt Besuch von seinem ehemaligen Chef. Und was er da zu hören bekommt, kann er gar nicht glauben. Abu Ahmed, sein letztes Ziel, scheint das Attentat von Dror überlebt zu haben und der israelische Geheimdienst ist sich sehr sicher, dass er bei der Hochzeit seines Sohnes auftauchen wird. Der Plan ist nun, diese Hochzeit als getarnte Caterer zu infiltrieren, Abu zu identifizieren und ihn zu eliminieren. Das Problem der Spezialeinheit ist nämlich, dass Dror der einzige Israeli ist, der Abu eindeutig identifizieren kann.
Dror, der einen Weinberg führt, ist aber zunächst abgeneigt. In der kommenden Nacht überkommen ihm aber Schuldgefühle und der eigene Stolz überwiegt die Gefahren, die er sich erneut aussetzen will. Sehr zum Leidweisen seiner Frau, die am Morgen versucht ihn davon abzuhalten. Natürlich ohne Erfolg.
Die Aktion läuft zunächst wie geplant. Die eigentlichen Caterer werden an der Grenze zu Palästina abgefangen und „ausgetauscht“. Dror ist einer der beiden Agenten, die nun als perfekt arabisch sprechende Caterer zur Hochzeit fahren. Die Verzögerung an der Grenze wird allerdings von einem Araber beobachtet, der dies sogleich weitermeldet. Dies wird später noch interessant.
Die Vermutungen der Israelis stimmen im Übrigen. Wir sehen, wie der Bräutigam in ein leerstehendes Haus gedrängt wird. Zu seiner Überraschung steht ihm auf einmal sein Vater gegenüber. Neben den obligatorischen Begrüßungsküssen und der Übergabe eines Bündels Geld lernen wir den gesuchten Hamas Kämpfer als stolzen Vater kennen, der froher nicht sein kann, das sein Sohn nun heiraten wird. Er gibt zwar an, dass er nicht bei der Hochzeit anwesend sein wird, aber es ist schon klar, dass er etwas anderes plant. Wie wir später sehen, verkleidet sich Abu als älterer Palästinenser, Krückstock inklusive, der sich dann zur Hochzeit begibt.
Auf der Hochzeitsfeier sehen wir, wie die Hochzeitsgesellschaft feiert und das Paar hochleben lässt. Bei den beiden Müttern des Ehepaares kommt dann aber die Meldung an, dass die Caterer an der Grenze aufgehalten worden sind. Des Weiteren geht auch die Mutter des Bräutigams davon aus, dass Abu nicht zur Hochzeit erscheinen wird. Da sie aber dennoch ein ungutes Gefühl hat, vergewissert sie sich bei der Catererfirma nach deren Mitarbeitern.
Und nun wird es für Dror und seinen Kollegen brenzlig. Denn die Beschreibungen der Mitarbeiter passen natürlich nicht auf die beiden Israelis, die sich dann auch beobachtet und entdeckt fühlen. Die Aktion soll abgebrochen werden aber Dror ist sich sicher, dass Abu bald auftauchen wird. So kommt es, dass die Männer in die Küche komplimentiert werden und sogleich vor einer Waffe stehen und sich rechtfertigen müssen.
Da die Israelis mithören können sie den zweiten und dritten Anruf bei der Catererfirma unterbinden so dass die beiden Männer – mutmaßlich einer ist aktiver Hamas Kämpfer – die Geschichte, die Dror und sein Kollege auftischen, nicht verifizieren. Da sie hier auf einer Hochzeit sind, wollen es die beiden Palästinenser wohl belassen und stimmen dem Abgang von Dror und seinen Kollegen zu. Dror, der im Laufe der Folge immer wieder Flashbacks hat und bei dem man auch als Zuschauer das Gefühl bekommt, dass er eigentlich viel zu lange aus dem Geschäft ist, denn er ist mehr als nervös. Und dann passiert es: er verliert seine Ruhe: eine komische Bewegung des vermeintlichen Hamas Kämpfers, ein plötzliches Geräusch und schon beginnt das Chaos. Ein dritter Israeli, der auch auf der Hochzeitsfeier weilte und die beiden Caterer stürmen nun in Richtung Ausgang, die Waffen im Anschlag, Geschrei der Frauen, Panik bei der Braut, Aggression bei den Männern, schnelle Schnitte, schnelle Musik und dann die Idee, die Braut als Schutzgeisel zu nehmen. Der Bräutigam, der dann auch wieder in die Szenerie betritt, nimmt sich ein Messer und will seine Frau befreien: ein Schuss, ein toter Bräutigam.
Noch mehr Chaos, Schüsse und die Israelis schaffen es so gerade mit Unterstützung vom restlichen Team (u.a. ein Scharfschütze) von der Hochzeit zu fliehen. Abu, der schon in der Nähe war, stoppt und schaut in Panik in die Richtung, aus denen nun die Israelis angefahren kommen. Trotz Verkleidung erkennt Dror Abu, der Wagen hält und wir sehen wie beide Männer durch die nächtlichen Gassen rennen. Am Ende kann Dror Abu aber nicht stellen und die erste Folge ist beendet.
Ach wisst ihr was, schaut doch selber rein. Gibt’s bei youtube. Wenn auch ohne englischen Untertitel wie beim Screening beim Seriencamp. Wobei ich auch beim Screening für längere Zeit mal nicht auf die Untertitel geachtet habe sondern nur auf die Handlung, das Acting und die Stimmung. Und war dennoch voll drin in der Story.
Fazit
Auch wenn die Serie vollkommen fiktiv ist, ist die Folge dermaßen authentisch inszeniert, dass man des Öfteren im Kinosessel hin und her rutschen musste vor Anspannung. In der Pilotfolge kommt zwar noch nicht so der Ansatz raus, die Hamas Kämpfer und ihre Familien und die Sorgen der normalen Bevölkerung in der Serie zu behandeln, aber es wird schon angedeutet. Zugegeben, die israelische Spezialeinheit ist voll mit Stereotypen. Wir haben den jungen Draufgänger, der auch noch der Schwager von Dror ist, Dror selbst scheint noch mehr mit sich herum zu tragen als die Last einen Weinberg zu führen und zwischen dem Leiter der Einheit und der einzigen Frau der Einheit scheint auch was zu gehen. Die Frau selbst scheint großer Fan US-amerikanischer Serien zu halten, sie zitiert nämlich gerne aus diesen.
Die einzelnen Figuren, auf beiden Seiten, werden sehr überzeugend von den beteiligten Schauspielern dargestellt. Man baut recht schnell eine Verbindung zu den Mannen und somit zur Geschichte auf. Ein gutes Zeichen.
Sehr vorhersehbar war das Chaos bei der Feier und das entweder der Sohn oder die Braut diese Nacht nicht überleben werden. Ich hätte allerdings eher mit der Braut gerechnet, damit der Sohn ebenfalls radikalisiert wird, denn im Dialog des Vaters mit seinem Sohn wurde klar, dass er für seinen Sohn einen anderen Weg wünscht und nicht den radikalen, den Abu wählen musste, damit sein Sohn eben irgendwann einmal in Frieden und Freiheit leben kann. So hätte man Israel selbst vor Augen führen können, dass sie durch solche Aktionen selber für den terroristischen Nachwuchs sorgen.
Womit ich nicht sagen will, dass der Konflikt nur durch die israelische Seite zu verantworten ist, keinesfalls, aber meiner Meinung nach nur durch diese Seite zu lösen wäre. Vielleicht sorgt diese Serie in Teilen bei der Jugend dazu, etwas Sympathie auf beiden Seiten aufzubauen, so wie man beim Screening hörte, scheint es schon entsprechende Hoffnungen zu geben. Die alleinige Hoffnung auf eine friedliche Lösung im Konflikt sollte man jetzt natürlich nicht auf die Serie zu kaprizieren.
Es bleibt dann doch nur eine Serie. Eine wirklich gute dazu. Nochmal: Die Figuren sind so gezeichnet, dass man sehr schnell einen Bezug zu den Männern aufbauen kann. Zwar noch im Schwerpunkt auf die Spezialeinheit, aber das dürfte in den kommenden Folgen ausbalanciert werden. Aber ja, wir haben hier eine weitere Superspezialeinheitenserie und das ist auch nicht das Besondere der Serie. Eigentlich ist das sogar echt oldschool. Es ist wirklich der Ansatz, der für sich so genommen recht einzigartig ist. Und für den lohnt sich das Einschalten.
Ich habe ein wenig Hoffnung, dass wir diese Serie mal bei arte sehen können. Es wurde etwas in diese Richtung angedeutet, aber nichts Spruchreifes. Daumen drücken.
Fotos: Yes – Satellite Television
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