Game of Thrones hat auch die Berlinale erreicht: Die beiden Cinematographer Jonathan Freeman und Fabian Wagner waren zu Gast und berichteten über 90 Minuten, wie es ist, die derzeit wohl angesagteste Serie der Welt zu drehen. Wir von sAWE.tv haben uns den Talk angesehen und waren vor allem von einer Sache beeindruckt: Game of Thrones auf Leinwand!
Denn zwischen den Beiträgen der beiden Cinematographer zeigte Matthijs Wouter Knol, Direktor des European Film Market, immer wieder Ausschnitte aus Game of Thrones – und das sah auf der großen Leinwand wirklich großartig aus. Es gibt ja zu jeder Staffel hier und da immer mal Kinopreviews, aber so ’ne ganze Staffel mal im Kino schauen, das wäre schon was!
Wagner ist Jahrgang 1978 und hat in Leeds studiert. Nach einigen Arbeiten für Musikvideos und Kurzfilme kam er zu Spooks und Ashes to Ashes. Seit 2008 arbeitet er regelmäßig für die BBC, kam durch einen Zufall zur Serie Sherlock. Für die Arbeit an der Serie erhielt er 2012 seine erste Emmy-Nominierung. 2015 wurde er für die Arbeit an Game of Thrones nominiert.
Zurück zu den beiden Hauptakteuren des Abends: Sie sind Cinematographen am Set von Game of Thrones. Was bedeutet das genau? Im Prinzip könnte man das mit Kameramänner übersetzen, doch es ist mehr als das: Sie beraten die gesamte Produktion, wirken eher wie Co-Regisseure. Sie bestimmen mit, wieviel Licht in welche Szene einfallen soll, welche Ausstattung notwendig ist und wie eine Szene aussehen soll. Auch bei der Visual Effects Planung sind sie mit eingebunden. „Als Cinematographer sind wir früh ins Setdesign eingebunden, so dass man einiges steuern kann“, sagt Jonathan Freeman, und „es ist eine große Herausforderung, mit dem Terminplan und mit den vielen Drehorten zurecht zu kommen.“
Das letzte Wort haben natürlich immer die Autoren David Benioff und D.B. Weiss: „Ich habe mal eine Szene gedreht, wie ich sie mir vorgestellt habe, und dann wurde ich am Set gefragt, ob das wirklich so aussehen soll“, beschreibt Fabian Wagner eine Situation am Set. „‚Doch, das soll genau so aussehen‘, habe ich geantwortet, und der Drehtag war dann damit durch. Später bekam ich dann einen Anruf von den Autoren, die wissen wollten: ‚Was hast Du da gedreht? Das sieht nicht aus wie Game of Thornes!‘ Die Folge war, dass wir alles nochmal neu drehen mussten. Aber das ist die Ausnahme“, sagt Wagner.
Freeman stammt aus Kanada und ist schon viele Jahre im Film- und Fernsehgeschäft tätig. Einen Emmy hat er für seine Arbeit an Boardwalk Empire bekommen. Mitgearbeitet hat er auch an Sons of Anarchy, Taken und Rubicon
Eine große Herausforderung sei die Organisation des Drehs: „Wir drehen an vielen verschiedenen Locations, verteilt über ganz Europa. Das muss organisiert werden, die Locations müssen stimmen“, erklärt er. Der Vorteil der vielen Locations sei, dass einfach alles echt ist. „Das macht es so interessant, an Game of Thrones zu arbeiten“, sagt Fabian Wagner. Sein und Freemans Input ist hier wichtig, weil von vielen Faktoren abhängt, wie die fertige Szene nachher aussieht. Ein Problem ist dabei oft das Licht. „Wir arbeiten ja viel mit dem verfügbaren Licht, um im Original-Setting zu bleiben“, sagt Freeman. In der ersten Staffel seien beispielsweise viele Kerzen zum Einsatz gekommen: „Da wurde viel Geld für Kerzen ausgegeben“, scherzt er. Hilfreich sei es, dass alle Cinematographen auf die Arbeiten der Kollegen zurückgreifen könnten. „So können wir sehen, wie der eine oder andere eine bestimmte Location in Szene gesetzt hat“, sagt Fabian Wagner.
Den beiden ist es wichtig, möglichst viel original zu drehen und entsprechend wenig am Computer entstehen zu lassen. Da sei natürlich die Ausstattung gefordert, die Kostümabteilung und auch der verantwortliche bereich für die Location-Auswahl. „An der Schluss-Szene in Hardhome haben wir mehrere Tage in Irland gedreht. Alles war echt: der Schnee, der Wind, die Aufbauten“, sagt er. Gedreht wurde im November – es war also nicht nur kalt, sondern auch schnell dunkel. Entsprechend früh musste gedreht werden.
Über GRR Martin und die neue Serien-Welt
Auch die Thematik, dass GRR Martin als Erfinder von Game of Thrones mit dem Schreiben der Bücher nicht hinterherkommt, kam aufs Podest. Sorgen um die Qualität haben die beiden Cinematographen nicht: „Game of Thrones hat soviel visuelle Kraft, dass es nicht schlimm ist, dass GRR Martin nicht hinterherkommt“, sagt Fabian Wagner. GRR Martin sei nicht in die Optikentwicklung eingebunden, sondern er sei eben der Geschichtenerzähler, sagt Freeman. GRR Martin war auch nur einmal am Set von Game of Thrones, ergänzt Wagner, in Season 2. Die Serie selber sei auch mehr Producer-geprägt als Regisseur-geprägt.
Grundsätzlich lobten die beiden erfahrenen „Kameramänner“ die Qualität heutiger Serien: „Die Qualität des Schreibens für TV-Serien ist in den letzten 10 Jahren durch die Decke gegangen“, sagt Jonathan Freeman. „Game of Thrones hat die Welt zwischen Film und Kino geöffnet“, ergänzt Wagner. Game of Thrones sei keine klassische TV-Serie. Man merkt, dass beide Cinematographen echte Fans der Serie sind – mindestens auf Produktionsseite. Entsprechend auch Freemans Statement mit Blick auf die Arbeit: „Wenn ich manche Game of Thrones-Szenen sehe, denke ich mir: ‚Mensch, das hätte ich auch gerne gedreht.'“
Bilder: HBO, Berlinale, sAWE.tv
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