„Du schaust doch so viele Serien, kannst du was empfehlen?“ werde ich bei einer geselligen Runde gefragt. Und ohne viel darüber nachzudenken erwidere ich „Homecoming mit Julia Roberts. Tolle Serie über eine zwielichtige Einrichtung, die Kriegsveteranen den Weg zurück ins Leben ebnen soll. Wurde für den Golden Globe in der Kategorie Beste Drama-Serie nominiert und spielt in unterschiedlichen Zeitebenen, die in anderen Bildformaten gefilmt wurden.“ Ein „echt gut“ füge ich noch abschließend hinzu und freue mich, dass ich eine wirklich hervorragende Serie weiterempfehlen konnte. Zudem lässt mich meine Empfehlung ein wenig clever dastehen, da sie anspruchsvoll und politisch relevant ist. Nie im Leben hätte ich mich getraut meine Vorliebe für die hanebüchene Teenie-Serie „Riverdale“ an dieser Stelle kund zu tun. Aber warum eigentlich? Schließlich fiebere ich schon seit 3 Staffeln mit Archie und seinen Freunden mit, wenn sie wieder hoch mysteriöse Ereignisse in der beschaulichen Kleinstadt aufdecken.
Was ist eigentlich so „guilty“ an diesem „pleasure“?
Als Guilty Pleasure werden gemeinhin jene Interessen bezeichnet, die uns peinlich sind, aber die uns dennoch Vergnügen bereiten. In diesem Fall Fernsehserien, die manchmal sogar zu unseren Lieblingsserien zählen. Wir wissen, dass es sich um billige, kitschige oder geschmacklose Stoffe handelt, aber irgendwie sind sie doch spaßig und unterhaltsam. Klar, ist es absolut an den Haaren herbeigezogen, dass die Highschool-Schülerin Veronica in „Riverdale“ eine geheime Flüsterkneipe im örtlichen Diner betreibt. Aber wen interessiert es. Als Zuschauer will ich wissen, wie sie aus der Nummer wieder rauskommt, wenn die großen Gangster an die Tür klopfen. Und dass sie bei aller Gefahr, trotzdem noch die Zeit findet das Outfit zu wechseln, soll mir Recht sein. Es sorgt für mehr Abwechslung.
Schon in jungen Jahren beginnen wir Menschen uns im Leben zu positionieren. Die Auswahl unserer Kleidung, unser Musikgeschmack, die Bücher (oder Comics), die wir lesen und uns ins Regal stellen – sie alle, stellen auf die ein und andere Weise dar was uns wichtig ist, was wir mögen und wie wir gerne von anderen wahrgenommen werden möchten. Der Mensch ist aber etwas vielfältiger als ein Produkt, das man ins Kaufhausregal stellt. Deshalb ist es meiner Meinung nach völlig in Ordnung wenn im DVD-Regal neben der Fellini-Box auch „Transformers“ hervorlugt oder auf der Netflix-Watchlist einerseits das sozialkritische „When they see us“ steht, andererseits etwas weiter unten auf der Liste „Der Prinz von Bel Air“ aufgeführt wird.
Als ein Vorteil des Älterwerdens, sehe ich die Tatsache, das man gefestigter in seinem Charakter wird und einfach dazu stehen kann, was man mag und was nicht. Ich habe nicht das Bedürfnis meinen Geschmack rechtfertigen zu müssen. Völlig egal ob eine Serie nun erfolgreich ist, von Kritikern gelobt wird oder nicht, Hauptsache sie unterhält und gefällt. Das war nicht immer so: Lange bevor die Jungs aus „The Big Bang Theory“ das Nerdtum gesellschaftsfähig machten, war es keineswegs cool als Erwachsener Zeichentrickserien zu schauen und Superhelden-Comics zu lesen. Aber Sheldon und Co. sei Dank sind diese Tage längst gezählt.
Ist das schon Kult oder noch Trash?
Als bekennender „SchleFaZ“-Fan, kann ich auch an schlecht gemachten Filmen gefallen finden. Aber wann ist eine Serie Trash und wann Kult? Manchmal habe ich das Gefühl, dass einfach genug Zeit vergehen muss und schon versprühen alte Kamellen diesen Retro-Charme, den man sich dann gerne auf’s T-Shirt drucken lässt. Ein gutes Beispiel dafür ist die alte „Batman“-Serie mit Adam West aus den 1960ern. Hier hat man offenkundig den dunklen Mitternachtsdetektiven zum quietschbunten Ritter des Rechts umfunktioniert – mit Erfolg. Die Serie schaue ich mir, trotz hohem Trash-Faktor, heute noch gerne an. Anders die Abenteuer-Serie „Xena“, die Mitte der 1990er ein Hit war und heute nur noch als Murks gesehen wird. Zumindest habe ich sie so in Erinnerung, denn die letzte Folge habe ich vermutlich vor 20 Jahren gesehen.
Manchmal Bedarf es einfach einer albernen Serie, die uns nicht weiter beschäftigt, nicht die großen philosophischen Fragen aufwirft oder zum Weiterdenken anregt. Ich schalte in solchen Momenten gerne auf Nickelodeon und sehe mir kinderfreundliche Serien an, wie „Henry Danger“, „Nicky, Ricky, Dicky und Dawn“ oder was sonst eben gerade gezeigt wird. Also, steht zu euren kleinen Seriensünden. Meist findet man dann mehr Gleichgesinnte, als man im ersten Moment geglaubt hat. Werde ich das nächste mal beim Feierabendbier gefragt, ob ich was empfehlen kann, dann werde ich ohne zu zögern „Riverdale“ nennen – versprochen! Habt auch ihr Serien, die vom Regal in die Schublade verschwinden, sobald sich Besuch ankündigt? Dann lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Bilder: The CW | NBC | Syndication
Wir haben früher gerne „Teen Wolf“ gesehen und bis vor kurzem „Shadowhunters“ gekuckt. Beide sind allein schon deshalb nur „mittelgut“, weil alle Hauptcharaktere in jeder Lebenslage unnatürlich gut aussehen.