Für die Rolle des Familienoberhaupts Pierre wurde Olivier Goumet gecastet, der eine ruhige und warme Ausstrahlung hat. „Olivier war der erste Schauspieler, an den wir gedacht haben, als wir uns Pierre vorgestellt haben“, erzählt Crupaux. Auch seine Kollegin Margot Bancilhon schwärmt von der Zusammenarbeit mit dem 60-jährigen Schauspieler. „Es war sehr, sehr angenehm. Er ist ein sehr warmherziger, lustiger, netter Mensch, mit dem man gut arbeiten kann. Das habe ich sofort gespürt.“ „Er war von Anfang an in der engeren Auswahl, also hatten wir großes Glück, dass er die Rolle übernommen hat“, so Crupaux weiter. „Er ist die zentrale Figur der Geschichte, auch wenn er nicht der Hauptdarsteller ist, denn das sind eher sein Bruder und seine Schwester. Aber Pierre ist wahrscheinlich die wichtigste Figur, weil die ganze Geschichte von ihm ausgeht. Wir wollten jemanden, der fast am Ende seines Berufslebens steht. Also in einer Phase, in der er auf sein Leben zurückblickt.“ Doch trotz aller traurigen Momente strahlt die Serie auch immer wieder Zuversicht aus. „Es ist eine düstere Serie, aber mit einem Funken Hoffnung“, betont Crupaux. Besonders einnehmend und stimmungsvoll ist auch die Erzählstimme von Pierre, die selbst dann zu hören ist, wenn er nicht in der Handlung zu sehen ist. „Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, diese Figur in der Geschichte einzufangen, und da schien uns die Stimme aus dem Off eine gute Lösung zu sein.“
Die 32-jährige Französin Margot Bancilhon spielt Emma, die Tochter von Pierre. „Die Familie hat mich mehr fasziniert als die Figur selbst. Die mühsame Reise der Figuren und der Familienmitglieder. Die Familie ordnet sich nach den tragischen Ereignissen neu“, sagt Bancilhon über die Wahl ihrer Rolle. Von allen Figuren macht Emma wahrscheinlich die interessanteste Wandlung durch. Sie wird von einer idealistischen Anwältin zu einer risikofreudigen Person. „Mich hat diese Dualität interessiert. Sie ist jemand, der weggehen wollte, aber auch durch einen Schicksalsschlag zurückkommen muss, um die Familie wieder aufzubauen. Sie hat verschiedene Wünsche, sie ist emanzipiert, beruflich erfolgreich und gleichzeitig für ihre Familie da. All diese Widersprüche in ihr haben mich interessiert“, sagt Boncilhon. Im Gegensatz zu ihren Brüdern hat Emma ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater. „In einer Familie nimmt jeder einen anderen Platz ein. Emma ist ihrem Vater treu. Die perfekte Tochter, die versucht, die Gunst des Vaters zu erlangen und seine Erwartungen zu erfüllen. Das Interessante an den Brüdern und Emma ist, dass Jean eigentlich das Gleiche will – die Liebe und Anerkennung des Vaters. Aber sie gehen verschiedene Wege. Die Brüder gehen einen anderen Weg, der überhaupt nicht funktioniert, wie man in der Serie sieht“, erklärt sie. Gerade Emmas Verbindung zu ihrem Bruder Jean nimmt im weiteren Verlauf der sechs packenden Folgen eine emotionale Wendung, die nicht nur frankophilen Zuschauer:innen für Begeisterung sorgen dürfte.
Wer an der Serie Gefallen gefunden hat, sollte auch das nächste Projekt von Crupaux im Auge behalten, das er aller Voraussicht nach für das ZDF realisieren wird. „Es geht um die Besiedlung des Mars. Es ist eher ein Science-Fiction-Projekt, aber mit der gleichen Sensibilität für eine Familie. Eigentlich ist es ein Familiendrama auf dem Mars“. Eine ganz andere Rolle wird Bancilhon im Frühjahr spielen: Eine ehemalige Soldatin, die beschließt, die Armee zu verlassen und sich auf eigene Faust durchzuschlagen. Man darf gespannt sein.
„Hafen ohne Gnade“ startet am 8. Februar um 21:40 Uhr auf Arte und ist ab sofort in der Arte-Mediathek abrufbar.
Bilder: Arte
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