Manchmal sind Dinge die man nicht mag nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Vorurteile kann man auch mal beiseite schieben und sich auf neue Dinge einlassen. Vor allem, wenn man mit ähnlichen Sachen bereits gute Erfahrungen gesammelt hat. Grundsätzlich trifft das eben auch auf Marvel Produktionen zu. Die Kinofilme sind gutes Popcorn Kino. Unterhaltung für groß und klein, für Nerds und unbedarftes Publikum. Hier hat Marvel/Disney bisher vieles richtig gemacht. Auch auf serieller Ebene lief es eigentlich immer recht gut. Agents of S.H.I.E.L.D. hat im großen Ganzen gut unterhalten und abgeliefert. Legion war in diesem Jahr eine große Überraschung und hat mich zumindest voll abgeholt. Dann sind da aber die Netflix Produktionen. Ich muss zugeben, ich habe nur wenig davon gesehen bisher, aber eigentlich reicht es mir auch. Bei Daredevil bin ich Mitte der ersten Staffel ausgestiegen. Hat mir gereicht. Jessica Jones und Luke Cage habe ich aus Desinteresse und Zeitmangel gar nicht erst angefangen. Iron Fist und die Defenders habe ich mir dann aber doch mal gegönnt. Die Defenders lasse ich hier mal außen vor, das wäre vielleicht nochmal ein separater Hassiker, jetzt soll es aber um Iron Fist aka Danny „Namaste“ Rand gehen.
Aller Anfang ist schwer
Es gibt Serien, die kommen ohne Intro aus. Oft hat es sich auch etabliert ein langes Intro in der ersten Staffel einzuführen und es dann mit steigendem Bekanntheitsgrad ein wenig zu kürzen. Wichtig ist aber bei allen: eine wiedererkennbare Titelmelodie. Und hier fängt es bei Iron Fist schon an. Dieses uninspirierte Intro ging mir in der ganzen Staffel so richtig gegen den Strich. Es war zu einer Zeit bevor Netflix den Button „Intro überspringen“ eingeführt hat. Zumindest war es auf meiner Konsole versteckt, vielleicht auch aus Strafe, damit ich mir dieses Intro immer und immer wieder ansehen muss. Also entweder es hat jemand vergessen ein paar Tonspuren zu aktivieren und alles falsch gerendert, aber was hier über den Bildschirm flimmert ist einfach nur peinlich für eine Comicadaption.
Hier erwarte ich eigentlich ein wenig mehr Epik. Geile Trailermusik, Streicher oder ein Emo-Klavier, vielleicht auch eine E-Gitarre, was weiß ich. Bei Iron Fist dudelt aber eine leise Fahrstuhl-Begleitmusik. Die Animationen im Bild sind gar nicht mal so schlecht, das Gesamtbild aber so daneben, dass ich eigentlich gar keine Lust mehr habe weiter zu gucken. Vielleicht liegt es an dem rot-weißen Marvel Schriftzug (und bitte Marvel, findet zurück zu eurem tollen 2D Intro und lasst diesen 3D Müll einfach mal sein), dass ich die Serie überhaupt weiter geguckt habe, wer weiß.
Geleckter Richboy
Und los geht die plakative Story. Ich kenne die Comicvorlage nicht, vielleicht ist sie besser erzählt als die serielle Adaption, aber diese schlecht geschriebenen Episoden bieten an Spannung und Unterhaltung recht wenig. Der Pseudo-Hippie und ohne Drogen immer gut drauf Danny Rand kommt zurück nach New York. Totgeglaubt natürlich. Seine Eltern gestorben und das große Familienunternehmen in fremder Hand, bzw. in den Händen der scheinbaren Freunde der Eltern.
Klar, niemand glaubt also das Danny, auch Danny ist. Er hat es schwer und muss sich gefühlt 20 Folgen lang erst einmal beweisen. Und dieses beweisen zieht sich einfach so dermaßen in die Länge. Eine Folge hätte gereicht und man hätte den kurzen Konflikt erzählen können. Bei den Erzählstrukturen ist doch klar, dass er irgendwann Best Buddy von der Dojo Tante Colleen wird und ihr in einer verzwickten Situation hilft. Auch Joy, die alte Freundin aus Kindheitstagen, wird Danny irgendwann auf seiner Seite haben. Kommt zum Punkt. Dann dieser schlecht gespielte, anfangs noch Widersacher, Ward Meachum. Ich habe lange keine so abstrus überspitzte Drogenabhängigkeit mehr von einem Schauspieler gesehen. Diesen Charakter kann doch keiner ernst nehmen. Der einzige noch halb sympathische Charakter war Harold Meachum, zumindest war er nicht gänzlich so schlecht besetzt wie Ward.
Mich stört das alles gar nicht
So richtig genervt hat eigentlich immer die Egal-Mentaltät von Danny. Was auch immer in K’un-Lun genommen oder unterrichtet wird, scheinbar befreit es von allen Sorgen. Es lädt das Chi auf und Danny wird zum Spielball für alle. Er wird wieder Teil seiner Firma, will den Kranken helfen. Halt, der Vorstand findet das nicht so gut, schuppen wir Danny einfach weiter rum und das Problem wird sich irgendwie lösen. Gott.
Lass deine Faust doch einfach mal glühen und hau die Bösen endlich mal weg. Apropos weghauen. Die Kampfszenen waren an schlechter Choreographie fast nicht zu überbieten. Ich brauche gewiss keine großen Effekte und Action, aber uninspirierte Schlägereien ohne Spannungsmomente helfen hier auch nicht. Vor allem bei einer Comicadaption möchte doch bitte doch ein wenig mehr dahinter stecken.
Pappwände und Büroräume
Ich kann nachvollziehen, dass auch immer auf das Budget geachtet werden muss. Mit kleinen Mitteln lassen sich aber auch gute Szenen und Schauplätze inszenieren. Siehe Utopia. Wenn ein wenig mit Farbe und Kameraeinstellungen experimentiert wird, macht es viele normale Schauplätze richtig spannend. Nicht bei Iron Fist. Eine Industriehalle sieht hier aus wie eine Industriehalle. Ein Büro wie ein Büro und das Dojo wie ein Fitnessstudio in Halle-Neustadt. So kann einfach kein Heldengefühl aufkommen. Alles wirkt einfach schnell abgedreht oder durch das Budget limitiert. Das macht keinen Spaß.
Mythos ist ein Bier aus Griechenland
Die Story um die Hand und der Fehde zwischen der Iron Fist bzw. K’un-Lun könnte eigentlich ganz nett sein. Mit Madame Gao wurde eigentlich auch ein recht interessanter Gegenspieler eingeführt, der aber nie so wirklich zum Zug kommt. Ich hatte bei der Staffel eher das Gefühl, dass die Macher absichtlich große Dinge und Momente zurückhalten, um dann für das große Crossover bei den Defenders alles geben zu können. Das kann nett gedacht sein, für die einzeln stehende Serie ist das aber absolut nicht von Vorteil. Immer hatte ich gehofft, dass noch etwas großes tolles passiert. Fehlanzeige. Am Ende habe ich mich eher gefragt, wie ich über die gesamte Staffel mein Gedulds-Chi so lange sammeln konnte und durchgehalten habe.
Absolute Zustimmung!
Meine erste Marvel-Serie auf Netflix. Weil es groß angekündigt wurde, war meine Neugier geweckt. Keinerlei Vorkenntnisse. Ich fand die ersten Folgen gar nicht mal so schlecht. „Die lassen sich bei der Charakterentwicklung etwas mehr Zeit, holen tief Luft, und legen mal so richtig los“, dachte ich. Und was bekam ich? Gähnende Langeweile! Kann ich bitte ein Mal, nur ein einziges Mal, einen Helden haben der nicht von Selbstzweifeln fast komplett zerfressen wird? Ich meine bis zu dem Punkt, wo der quasi seine Kräfte verliert und fast heulend in der Ecke liegt.
Und es ist so unglaubwürdig. Der Iron Fist, der nach allen Test der Bewacher seines Ordens ist, hat auf einmal doch keine Lust mehr, haut ab, und hat eine Identitätskrise. Wirklich? Sollte man nicht meinen, das ein hunderte oder tausende Jahre alter Orden nicht ein besseres Gespür bei der Persönlichkeitsbeurteilung hat? Wenn man im selben Universum sich mal den Bewacher von Asgard sieht (Namen weiß ich jetzt nicht), der sich auch einer Übermacht ohne zu zögern entgegen wirft. Danny Rand? Eher nicht. Erst mal das Chi aufladen…..klappt nicht? Verdammt! So traurig.
Und dann noch diese komische Wendung nach dem ganzen elendig langen Aufbau. Ich sage nur: Ich bin die Hand! Nein, ich bin die Hand! Nein ich! Nein ich! Spontaner Gedanke an die judäische Volksfront….oder war es die Volksfront Judäas?
Überflüssig zu erwähnen, das man, egal wie die aktuelle Folge heißt, in Klammern dahinter schreiben könnte „aka I am the Iron Fist and I am the sworn enemy of The Hand“ Der Regisseur dachte wohl: Eine Folge, wo dieser Satz nicht mindestens dreimal fällt, ist eine verlorene Folge. Aber das wurde hier an anderer Stelle auch schon erwähnt.
Ich könnte so weiter machen, aber dann schreibe ich morgen Abend noch. Alles in Allem hat mich diese Serie davon abgebracht mir eine weitere Marvel-Serie auf Netflix anzuschauen.
Hassiker? Oh Hell Yeah!!!!
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