René Ifrah, Jahrgang 1972, ist einer von mehreren deutschen Schauspielern, die in der aktuellen Staffel Homeland (zu sehen auf Sat.1) eine tragende Rolle übernehmen. Als Sohn eines Amerikaners jüdischer Herkunft verbrachte er mehrere Jahre seiner Jugend in den USA und absolvierte in New York eine Ausbildung zum Schauspieler. Wir hatten das Glück, René Ifrah, der sowohl in deutschen als auch amerikanischen Produktionen zu sehen ist, ein paar Fragen stellen zu dürfen. Viel Spaß!
Herr Ifrah, Ihr schauspielerischer Werdegang liest sich extrem spannend. Dort tauchen US Serien wie „Law and Order“, „Nurse Jackie“ oder „Life on Mars“, aber auch deutsche Programme wie „Soko Leipzig“, „Alarm für Cobra 11“ oder „Katie Fforde: Eine Liebe in New York“ auf. Jetzt sieht man Sie in der aktuellen fünften Staffel der US Serie Homeland, die zum ersten Mal hauptsächlich in Deutschland spielt. Waren Ihre vielfältigen Erfahrungen im amerikanischen und deutschen Serienmarkt der Grund dafür, dass sie engagiert wurden?
Das hat sicherlich nicht geschadet, aber was die genauen Gründe dafür sind, warum ich engagiert wurde, erfährt man selten bei einer amerikanischen Serie, so dass ich auch nur spekulieren kann. Ich hatte den Eindruck, dass sowohl vorherige Erfahrungen bei der Entscheidung mitspielen, letztendlich fokussieren sie sich in der Regel aber nur auf das Casting selbst und entscheiden danach, wer für sie am besten die Parameter der Rolle erfüllen kann.
„Homeland“ basiert auf der israelischen Serie „Hatufim“. Kannten Sie diese Serie, bevor Sie das Set der „Homeland“ Staffel betraten? Falls ja, wie finden Sie das Original und wo sehen Sie die für Sie markanten Unterschiede zwischen beiden Versionen?
Von der israelischen Vorlage hatte ich zwar schon zur Zeit des Piloten erfahren, für den ich auch schon gecasted wurde, den ich aber leider nie gesehen habe, so dass ich nichts dazu sagen kann. Aber wenn ich mich nicht irre, geht es in der israelischen Version viel mehr darum, dass ein Soldat vom Gegner zum Terroristen umgewandelt wird, was in Israel nochmal ganz anders aufgefasst wird durch die generationsübergreifende und kulturelle Auseinandersetzung mit dem Thema, die jahrelangen Kriege und die permanente geografische Nähe zum Feind. Die amerikanische Version hatte sich ja im Laufe der Serie mehr mit der Protagonistin „Claire“, gespielt von der fabelhaften Claire Danes, und ihrer bipolaren Krankheit auseinandergesetzt. Inzwischen fokussiert sich die Serie auch viel mehr auf andere geopolitische Themen, die gerade sehr aktuell sind.
Man sieht Sie in ganz unterschiedlichen Genres und Rollen, mal lustig, mal ernst. In Homeland – so viel darf man, glaube ich, verraten – spielen Sie einen Terroristen. Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor? Wie schwer ist es, den grenzenlosen Fanatismus schauspielerisch umzusetzen?
Das ist tatsächlich nicht so einfach, ich versuche in erster Linie die Sichtweise so einer Figur zu verstehen und was für Umstände eventuell dazu geführt haben, dass sie so denkt und handelt. Zum anderen versuche ich immer etwas in mir selbst zu finden, was vielleicht nicht die gleiche, aber doch eine ähnliche Reaktion in mir hervorrufen würde. Dafür muss man natürlich auch manchmal ein bisschen Fantasie benutzen. Ich versuche auch nie an Rollen heranzugehen, indem ich sie verurteile. Jede Figur muss von ihrer eigenen Handlung überzeugt sein.
„Homeland“ ist nicht nur deshalb so fesselnd, weil es eine spannende und dramatische Geschichte präsentiert, sondern auch, weil diese fiktiven Ereignisse in die sehr reale Bedrohungslage des internationalen Terrorismus eingebettet werden. Als Zuschauer läuft es einem da schon mal eiskalt den Rücken hinunter. Wie ist das für Sie, kann man den fiktiven Terrorismus der Serie von dem echten trennen, oder nimmt man nach dem Drehtag etwas mit nach Hause?
Man nimmt definitiv etwas mit. Man merkt, dass das, was man den ganzen Tag als Unterhaltung sozusagen inszeniert hat, sich in der Realität abspielt. Man ist natürlich von den Schlagzeilen sehr betroffen. Wir mussten zum Teil ja den Showdown am Tag nach den Pariser Anschlägen drehen. Das war für niemanden einfach. Aber man versucht, sich so gut es geht auf die Arbeit zu konzentrieren, bestmöglich zu erfüllen und dann geht es irgendwie.
In der Staffel treten Schauspieler verschiedener Nationalitäten an verschiedenen Drehorten auf. Dabei sind sowohl aufstrebende als auch internationalen Stars wie Claire Danes oder Mandy Patinkin. Wie war es, mit einem so vielfältigen Team zu drehen?
Wunderbar. Es war wirklich eine wunderbare Stimmung während des ganzen Drehs. Und man hat nie irgendwelche Allüren oder Überheblichkeiten gespürt. Zumindest ich nicht. Jeder war super offen, hilfreich und teamorientiert und man hat eine Menge interessante Menschen kennengelernt. Und hat definitiv neue Freunde gewonnen.
Wie bereits eingangs angemerkt, sind Sie im internationalen Serienmarkt zu Hause. Obwohl amerikanische Produktionen dominieren und große Aufmerksamkeit auf sich ziehen, tut sich auch einiges in Deutschland. Das ZDF hat sich mit Bastian Pastewka der Breaking Bad Thematik angenommen, RTL serialisierte die DDR aufwändig in Deutschland 1983, Amazon wird mit Matthias Schweighöfer eine Serie produzieren und der ARD kündigte jüngst an, zusammen mit Sky eine Qualitätsserie mit dem Namen Babylon Berlin auf den Markt zu bringen. Was ist Ihre Meinung, wie lange dauert es, bis eine deutsche Serie auf einem amerikanischen Sender in der Prime Time läuft?
Deutschland ’83 lief schon mit sehr hoher Anerkennung im Sundance Channel. Die Leute waren sehr begeistert davon, aber das sind dann meistens Insider oder richtige Film Fans meiner Erfahrung nach. Ich glaube allerdings, dass es schwer vorstellbar ist, mit einer deutsche Serie eine breite Masse in den USA zu erreichen. Der Durchschnittsamerikaner interessiert sich nicht für das Ausland. Das mag für einen Europäer schwer vorstellbar sein, aber die Amerikaner haben normalerweise so mit dem Überleben zu kämpfen, dass sie sich meistens nur ablenken wollen und dafür gibt es so viele Produkte aus dem amerikanischen Markt. Aber ich denke, das Ziel sollte nicht sein dem amerikanischen Markt zu gefallen oder dort Anerkennungen zu gewinnen. Ich finde es viel wichtiger, sich hier in Europa auf die eigene Qualität zu konzentrieren. Nur so kann wirklich originelles und authentisches entstehen.
Claire Danes hat in einem Interview angegeben, nach dem Dreh ins Berghain gegangen zu sein. Wie entspannt sich René Ifrah nach einem Drehtag? Geht er mit Claire eine Runde tanzen oder liest er ein gutes Buch?
Ha, zum Lesen komme ich leider fast nie bei Dreharbeiten, obwohl ich mir das immer vornehme. Meistens bin ich nach dem Dreh so aufgedreht, dass ich mich auf nichts Anderes konzentrieren kann. Am liebsten treffe ich mich mit Freunden, gehe gemeinsam mit ihnen zum Essen und rede, rede, rede. Aber ich lasse mich aber auch gerne mal alleine treiben, so kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen. Und ich trainiere gerne, dabei lerne ich oft Text und bereite mich auf den nächsten Drehtag vor.
Und zu guter Letzt, welche Serien schaut René Ifrah privat gerne? Und wie schaut er diese? Bingen (am Stück) oder lieber gemütlich über mehrere Tage hinweg?
Wenn ich kann, dann binge ich natürlich. Wenn ich in eine Serie vernarrt bin, dann will ich nicht aufhören. Zurzeit kann ich es kaum abwarten, die nächste Staffel von Game of Thrones zu sehen. Ich muss gestehen, dass ich aus dem Alter der Fantasy Filme raus bin, aber ich finde, diese Serie ist einfach nicht zu übertreffen. Ich liebe Silicon Valley, eine Komödie über ein IT Start-Up Unternehmen. Dann ist da House of Cards, American Horror Story, etc. Die Liste ist endlos. Inzwischen folge ich Serien allerdings nicht mehr so intensiv, weil man ja sonst zu nichts Anderem kommen würde. Da muss ich mich dann auch manchmal in einen eigenen Zwangsentzug schicken.
Wir danken sehr herzlich für das Interview!
Kommentiere