Vorab: Liebe Leser, nie war es gesellschaftlich akzeptierter und sogar gefordert, zu Hause herum zu gammeln, nie konnte man durch „Binge-Watching“ mehr für die Allgemeinheit tun. Tut es, wenn ihr könnt. Bleibt zu Hause. Helft mit, das Virus nicht weiter zu verbreiten. Außer ihr wohnt in Bayern und habt nicht schon per Brief abgestimmt: DANN GEHT BITTE WÄHLEN. Packt einen eigenen Stift ein, haltet Abstand, aber geht wählen. Die Extremisten machen das nämlich auch. Und dann zurück aufs Sofa. Danke.
Was haben Katey Sagal und Angela Merkel gemeinsam? Auf ihre Art sind beide „Mutter der Nation“. Mir würde spontan niemand einfallen, der derart häufig eine Mutterrolle gespielt hat, wie Sagal, wobei jede Rolle andere Facetten und Besonderheiten hat und ihre Charaktere im Laufe der Jahre stark an Tiefe gewonnen haben.
Sagal stammt aus einer Familie von Filmemachern. Mutter und Vater waren Regisseure, und auch ihre drei jüngeren Geschwister schlugen eine Laufbahn als Schauspieler ein. Sagal selbst war und ist neben ihren Rollen auch als Synchronsprecherin und Sängerin tätig – und überall erfolgreich. Schon in jüngeren Jahren stand sie als Backgroundsängerin von Bob Dylan, Olivia Newton-John und Gene Simmons, mit dem sie nach eigenen Angaben sogar eine Affäre hatte, auf der Bühne, später tourte sie dann in der Band von Bette Middler durch die USA. Und auch heute macht sie auf der Bühne noch eine absolut gute Figur, die Frau hat einfach Power, auch noch jenseits der 50.
1987-1997: Peggy Bundy „Eine schrecklich nette Familie“
Hände hoch, wer Sagal NICHT als Peggy kennt? Dachte ich mir! Aber wusstet ihr, dass Sagal durch´s Singen zu der Serie kam? Dachte ich mir auch ;) Sagal stand für ein Musical auf der Bühne, als sie zufällig entdeckt und zum Casting eingeladen wurde, wo sie sich dann gegen 1.200 andere Bewerberinnen durchsetzte. Chapeau! Ihre Einschüchterungskünste aus späteren „Sons of Anarchy“ Jahren hat sie hoffentlich dort noch nicht zum Einsatz bringen müssen.
Die Serie verhilft nicht nur Sagal (und Christina Applegate, die Michael vor Kurzem vorgestellt hat), sondern auch dem Sender FOX zum Durchbruch, erst nach 11 Staffeln ist Schluss mit den Bundys. Für Sagal war dabei nicht immer alles so leicht, wie es den Anschein hatte. Ihre erste Schwangerschaft baute der Sender in die Story ein, leider wurde das Baby im 7. Monat tot geboren und die Story dann als Traum von Al „aufgelöst“. Sagal ist heute mehrfache Mutter, doch das war sicher keine einfache Zeit.
Trotzdem – wir behalten Peggy Bundy als das in Erinnerung, was sie war: immer schrill, immer bunt, immer in engen Klamotten, und falls ihr euch nicht mehr ganz genau an diesen ganz eigenen Trippelschritt erinnert, dann hier eine kleine Auffrischung:
„Eine schrecklich nette Familie“ oder im Original „Married with children“ ist bei Amazon käuflich zu erwerben.
1999: „Die wilden Siebziger“, „Futurama“, „Smart House“
Das nächste Mal sahen wir Sagal 1999 in „Die wilden Siebziger“ in der Mutterrolle, etwas weniger schrill diesmal, dafür mit einem Alkoholproblem. Freunde des Originaltons dürften außerdem wissen, dass Sagal im gleichen Jahr noch eine weitaus bekanntere Rolle übernommen hat: Die der Stimme von Turanga Leela aus „Futurama“ (aktuell zu sehen bei Netflix).
Die Ü30-Fraktion wird sich vielleicht noch an ein weiteres Schmankerl erinnern: Den Film „Smart House“ oder auf Deutsch „Das Haus der Zukunft“. Der Disney-Film handelt von einer Familie, die nach dem Tod der Mutter in ein „smartes“ Haus zieht, welches durch den Computer „PAT“ allerhand Hilfe bietet. Doch „PAT“ entwickelt eine Persönlichkeit und steigert sich in die Mutterrolle hinein, bis sie sogar die Familie einsperrt, da sie eifersüchtig auf die neue Freundin des Vaters ist – ihre eigene Schöpferin. Und wer hat „PAT“ verkörpert – erst nur stimmlich, dann aber auch als Hologramm – natürlich Katey Sagal. Eine weitere Mutterrolle mit einem weiteren Twist. Der Film hat nicht die besten Kritiken bekommen, es gab aber sicher auch schon schlechtere Storys – vor allem, wenn man das ganze aus der heutigen Zeit betrachtet.
2002-2005: Cate Hennessy in „Meine wilden Töchter“
Bleiben wir bei den Mutterrollen, es ist ja auch nicht weiter schwierig: Anfang bis Mitte der 2000er war Sagal als Cate Hennessy an der Seite von John Ritter zu sehen. Die Sitcom handelt von den Herausforderungen des Familienlebens mit pubertierenden Töchtern und trifft mein Humorzentrum nicht so ganz, die traurige Geschichte um die Serie hat mich aber damals schon bewegt. John Ritter starb 2003 im Alter von nur 54 Jahren an einer Aortendissektion, der plötzliche Tod und dessen Verarbeitung wurde daraufhin in die Geschichte von „Meine wilden Töchter“ eingeflochten und gab der Serie im weiteren Verlauf einen ernsteren Anstrich, als das geplant gewesen war. Auch das sicher keine leichte Situation für alle Beteiligten.
Damit uns allen das Herz wieder ein bisschen leichter wird, noch ein Fun Fact: Ratet mal, wer in der Serie einen Cameo-Auftritt als Jugendliebe von Cate hat? Na klar. Ed O´Neill, aka Al Bundy. Wie süß ist das?!
2008-2014: Gemma Teller Morrow in „Sons of Anarchy”
Schrill, naiv, suchtkrank, Witwe – da sind schon einige „Mutterrollen“-Facetten hinzugekommen im Laufe der Zeit, Sagal ist lange aus der Rolle der Peg herausgewachsen, Zeit für eine neue Herausforderung. 2004 heiratet Sagal Kurt Sutter, der wiederum 2008 die „Sons of Anarchy“ aus der Taufe hebt und Sagal die Rolle gibt, die ihr 2011 endlich den Golden Globe einbringt. Gemma Tellers Lederklamotten sind zwar weniger bunt, aber nicht weniger eng als die von Peggy Bundy, auch eine brave Hausfrau ist immer noch nicht aus Sagal geworden, ansonsten gibt es jedoch kaum noch Parallelen.
Gemma Tellers Beschützerinstinkt kennt keine Grenzen und lässt sie viel erleiden, macht sie jedoch auch oft blind für das, was wirklich das Beste für sie und ihre Liebsten wäre. Sie kann skrupellos und einschüchternd sein und sich in mörderische Wut steigern, und natürlich geht das alles nicht gut aus. Es gibt einige Szenen mit Sagal, die einen richtig ins Mark treffen, hier ein Best of:
„Sons of Anarchy“ könnt ihr mit Netflix oder einem Sky Ticket Abo sehen.
Seit 2018: Ingrid Jones in „Shameless”
Nach dem Ende von “Sons of Anarchy“ war Sagal ein paar Jahre eher in Gastrollen zu sehen – „The Big Bang Theory“, „Brooklyn 99“ und „This is us“ sind wohl die bekannteren Titel. Seit 2018 spielt Sagal wieder eine größere Rolle, und zwar in der neunten Staffel von „Shameless“, zu sehen im Amazon Prime Abo. Das Thema „Mutter“ ist auch hier wieder übergeordnet, wenn auch ein kleines bisschen anders, als man vielleicht vermuten würde. Der Rest ist hinter der Spoilerwand, lesen auf eigene Gefahr.
In „Shameless“ trifft ausgerechnet Frank auf die psychisch kranke Ingrid, die ihn von seiner Erektionsstörung befreit und der Frank daraufhin den Hof macht. Ingrid möchte unbedingt trotz hohen Alters Mutter werden und Frank ist natürlich dabei! Nach einigen Schwierigkeiten ist Ingrid dann tatsächlich schwanger – mit Sechslingen. Sechs weitere „kleine Frankies“, was kann da schon schief gehen!
Zum Schluss:
Wie es bei vielen Künstlern oder vielleicht eher einfach Menschen der Fall ist – es gibt Höhen und Tiefen. Bereits 2017 gestand Katey Sagal im Rahmen der Herausgabe ihrer Memoiren, schon in jungen Jahren und insgesamt 15 Jahre lang drogen- und alkoholabhängig gewesen zu sein. Gut, niemand will Memoiren über ein perfektes Leben lesen, aber ich zolle Katey Sagal auch großen Respekt für ihre Entwicklung als Schauspielerin und ihren Facettenreichtum innerhalb der Rolle als Mutter und natürlich ganz grundsätzlich davor, was für eine herausragende Künstlerin sie ist! Eine Künstlerin, die übrigens auch auf Social Media sehr aktiv ist, schaut mal vorbei, könnte sich lohnen!
Ach krass, ich wusste gar nicht, dass Peggy Bundy Leela in „Futurama“ gesprochen hat! o.O
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