Erinnert ihr euch noch an früher? Kinofilme wurden mit großer Vorlaufzeit angekündigt und liefen – sofern erfolgreich – gerne ein halbes Jahr in den großen Sälen. Verpasste man dieses Zeitfenster, hatte man ein Problem. Die erste Heimkonversion als VHS oder DVD dauerte ungefähr 6 Monate bis zur Veröffentlichung, Pay-TV kam vielleicht nach einem Jahr und das Free-TV mindestens 2 Jahre nach Start.
Das bedeutete, als Kind der 80er und 90er war das Verpassen des Kinos gleichbedeutend mit einer Wartezeit von 2 Jahren, denn Geld für das Kaufvideo war nicht drin. Leihen war auch keine Option, zumindest für mich, denn meine Eltern davon wenig hielten und auch keine Mitgliedschaft in einer Videothek hatten.
Was ich damit sagen will: Kino war etwas Besonderes. Kurz bevor ich angefangen habe, mir fast täglich ausgedruckte Preislisten des lokalen Computerladens mitzunehmen – ich habe das Nerdtum früh gelebt –, habe ich mir jeden Donnerstag im damaligen Cinemaxx das neue, ausgedruckte Programm besorgt. Ein bisschen wie Schaufenstershopping, eben Prospekt-Filmschauen, falls es diesen Ausdruck gibt. Ich habe sogar noch die Zeit miterlebt, wo es keine Platzkarten gab und man bei beliebten Filmen schon eine halbe Stunde vor den Türen des Saals warten musste, um dann hineinzurennen und gute Plätze zu bekommen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wenn ich mir die heutige Kinolandschaft anschaue, dann ist von dieser goldenen (vielleicht auch rückständigen) Zeit nicht mehr viel übrig. Ein Teil liegt sicher an der technischen Ausrüstung zu Hause. Zwischen Kino und großen LCD- oder OLED-Fernsehern liegt nicht mehr so viel wie zwischen einem alten Röhrenfernseher in den 90ern und der großen Leinwand. Dazu war die Qualität einer VHS-Kassette nochmals schlechter als das, was der Fernseher darstellen konnte. Heimkino war sozusagen das Stehen in einem unerfüllten Regional-Express und Kino die erste Klasse in einem ICE.
Diese Zeiten kommen (Gott sei Dank) nicht zurück. Aber wenigstens die Exklusivität hätte man sich bewahren können. Dune 2 (bzw. Part Two), der Blockbuster des Jahres (und ja, ich habs im Kino verpasst), gibt es jetzt als gestreamtes Kauf- und Leihvideo. Jetzt schon? Weniger als 2 Monate nach dem Filmstart? Wow! Da fragt man sich schon, warum soll ich überhaupt ins Kino gehen?
Denn das Kino ist auch nicht (mehr) der exklusive Ort oder – wie Nils das feststellen musste – zu Hause redet keiner rein, ich kann Pause machen, wenn ich will, und offenbar verpasse ich zeitlich ebenfalls fast nichts.
Am Ende wird sich diese Strategie, der schnellen Vermarktung, sicher für irgendwen lohnen, aber Kino ist damit nicht mehr exklusiv. In gewisser Weise löst es bei mir auch ein Gefühl der Austauschbarkeit aus. Warum sollte man überhaupt in einen Hype um einen Film investieren, wenn er in kürzester Zeit überall verfügbar ist? Ok, mag auch an meiner Lebenssituation mit zwei kleineren Kindern liegen, Menschen in anderen Phasen, bspw. Jugendliche, da mag die 8 Wochen Exklusivität noch wirken. Für mich ist jedoch der alte Glanz verflogen. Dann schaue ich doch lieber eine Serie, die mich über mehrere Wochen oder sogar Jahre unterhält.
Wie geht es euch damit? Welchen Stellenwert hat Kino für euch?
Naja, ich sag mal, es ist egal, wie gut das Setup zuhause ist, man wird nie in der Lage sein, die riesige Leinwand und das Soundsystem eines Kinos zu kopieren. Und das ist Kino für mich. „Nur“ eine Möglichkeit, einen Film auf die technologisch bestmögliche Art zu sehen.
Auf Exklusivität und so pfeife ich. Selbst in meiner Jugend, als ich mindestens einmal in der Woche ins Kino gehen konnte, konnte ich nicht alle Filme sehen und musste auf den Videorelease warten. Hat mir nichts ausgemacht. Heute muss ich auch nicht jeden Film sofort sehen, weil ich ohnehin noch viele, viele ältere Werke aufholen muss.
Versteht mich nicht falsch, ich würde es schade finden, wenn es in Ca 30 Jahren keine Kinos mehr geben würde, aber wir alle haben doch die meisten Filme erstmals zuhause gesehen. Wer alt genug ist, sah die ganzen Klassiker zuerst als beschnittene 4:3 Version, manchmal mit dutzenden Werbeunterbrechnungen und eventuell auch noch geschnitten! Und trotzdem haben wir sie geliebt!
Ganz ehrlich, wenn ein Film unbedingt im Kino gesehen werden muss, damit man ihn genießen kann, dann ist er nicht gut. Klar, für die Kinobetreiber ist so ein schneller Heimvideorelease nicht wirklich gut, aber das ist ein anderes Thema.
Ich liebe es, ins Kino zu gehen. Das hat weniger mit der Exklusivität als mit der Vorfreude auf die Filme zu tun. Und auch das Erlebnis steht im Fokus. Gerade, weil man nicht einfach unterbrechen kann, weil man jederzeit zu Hause auf das Handy schauen kann und das (hoffentlich) im Kino nicht wagt. Weil es frisches Popcorn gibt und der ganze Saal abgedunkelt ist. Und ein bisschen Exklusivität gibt es auch: „Dune: Part Two“ habe ich z.B. in 70mm im Kino gesehen. Das hat es zu einem noch besondereren Erlebnis gemacht.
@Holden: Ich finde auch, dass Filme, die zu Hause gar nicht funktionieren, dann wohl nicht gut sein können. Aber es gibt auch Filme („Dune: Part Two“ ist wieder ein gutes Beispiel), die einfach für das Kino gemacht sind und auf einer riesigen Leinwand natürlich viel besser wirken als zu Hause. Beispiele, bei denen es andersrum ist, gibt es aber sicher auch.
> „Heimkino war sozusagen das Stehen in einem unerfüllten Regional-Express und Kino die erste Klasse in einem ICE.“
Im „überfüllten“. Freudsche Fehlleistung oder Autokorrektur? 🤭
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