Ich denke wir sind uns einig, dass wir in unserer Reihe „Klassiker der Woche“ mal wieder eine deutsche Fernsehserie hochleben lassen sollten. Und wie wäre es daher mit einer der beliebtesten deutschen Sitcomserien ever. Auch wenn die meisten Fernsehzuschauer die Serie „Ein Herz und eine Seele“ nur mit einer Figur in Verbindung bringen, Alfred Tetzlaff oder Ekel Alfred, hat die Serie doch weitaus mehr zu bieten, also nur einen wirren alten Mann mit inakzeptablen Ansichten, Wutausbrüchen und einem dreckigen Mundwerk.
Dennoch starten wir mal mit einem Beitrag von eben jenem Alfred Tetzlaff zum Bundestagswahlkampf. Erkennt wer Parallelen zu heute?
Seriensteckbrief
Genre: Comedy, Sitcom
Laufzeit: 44 Minuten
Staffeln (Folgen): 2 (25)
Ausstrahlung: 1973–1974 + 1976 (WDR, später ARD)
Darsteller: Heinz Schubert, Elisabeth Wiedemann, Helga Feddersen, Hildegard Krekel, Diether Krebs, Klaus Dahlen
Handlung
Die Serie zeigt das Zusammenleben zweier Familien in einer Wohnung im Deutschland der 70iger Jahre. Und das aufeinanderprallen der Gegensätze. Das konservative Kleinbürgertum trifft auf die Ideale und Ideen der Jugend, der 68iger.
Verkörpert wird das zu jener Zeit real gegenwärtige Aufeinandertreffen der Generationen durch die Familie Tetzlaff und Graf. Wobei ich mal behaupten würde, dass kaum einer weiß, wie der in der Wohnung mitwohnende Schwiegersohn der Tochter mit Nachnamen heißt. Der im Übrigen wunderbar gespielt wird vom viel zu früh verstorbenen Diether Krebs. Diese Vierer-WG besteht demnach aus Alfred Tetzlaff, dem Vater von Rita, Rita, der Frau Michael Grafs sowie Else Tetzlaff. Der Ehefrau von Alfred.
Und alle haben sie unter dem Regime von Alfred zu leiden. Denn Alfred weiß alles besser, macht alles besser und lässt es jeden wissen. Alfred als Chauvinisten zu bezeichnen, ist fast schon untertrieben. Hätte es den Begriff Spießer noch nicht schon gegeben, man hätte ihn für Ekel Alfred erfinden müssen. Die Meinungen, die Alfred äußert, sind dermaßen inakzeptabel und in ihrer Deutlichkeit und Klarheit so übertrieben, dass es dadurch lustig und unterhaltsam wird. Ob nun moralisch, ethisch oder gesellschaftlich. Und genau dies macht die Serie so unterhaltsam.
Der Witz der Serie entsteht durch die Übertreibung einer ansonsten eigentlich verachtenswerten Sache. Wer hier britischen Humor vermutet, liegt gar nicht mal so falsch. Aber Alfred wird erst durch seine drei Familienangehörigen zum Ekel, weil er sich an ihnen reiben kann, reiben muss. Und das vergessen mitunter die Menschen, wenn sie an „Ein Herz und eine Seele“ denken. Denn nur durch Else, Rita und vor allem Michael haben wir Alfred als wunderbare Serienfigur in Erinnerung.
Ich war beim schreiben dieses Beitrags im Übrigen etwas überrascht, dass es nur 25 Folgen sind, auf die „Ein Herz und eine Seele“ kommt. Zudem wenn man an die Originalbesetzung denkt sogar nur 21 Folgen. Zur kurzen 2. Staffel wurden Elisabeth Wiedemann als Mutter Else und eben Diether Krebs als Schwiegersohn Michael durch andere Schauspieler ersetzt. Dies hat der Serie ihr Herz herausgerissen bzw. einen Teil davon. Leider. Aber die Serie wird immer mal wieder in Teilen wiederholt bzw. ist vollständig bei YouTube einsehbar.
Und ich bleibe auch heute noch an den kleinen Geschichten hängen wenn man mal wieder in eine Folge reinzapped. Geschichten, mit denen ein Abbild der großen Bundesrepublik Deutschland unserer Eltern und Großeltern gezeigt wurde, ein Bild von Deutschland, was die meisten von uns höchstens aus Erzählungen kennen dürften. Höchst interessant in meinen Augen. Und vor allem sehr unterhaltsam und lustig.
Herkunft und Erfolge
Ich habe es in einem Satz bereits angedeutet, der Humor ist recht britisch. Und das kommt nicht von ungefähr, stand doch die US-amerikanische Serie „All in the Family“ (CBS) Pate für die Fernsehserie des WDR. Diese Serie war aber höchstselbst nur eine Adaption der britischen Originalserie „Till Death Us Do Part“ (BBC), was dann wiederum den Grundansatz des Humors erklärt.
Der Autor der Serie, Wolfgang Menge, nahm allerdings nur die Idee und die Figuren auf, die Geschichten und Themen nahm er aus dem Alltag Deutschlands der 70iger Jahre. So kann man schon sagen, dass „Ein Herz und eine Seele“ eine deutsche Fernsehserie ist. Also mindestens genauso deutsch wie die „Lindenstraße“.
Wobei die liebevolle und landein- wie aufwärts bekannte Anrede „du dusselige Kuh“ für Else seitens Alfred direkt aus dem Original stammt. Dort hieß es „silly moo“. Diese Formulierung war allerdings einem Zufall geschuldet. Oder Vergesslichkeit. Denn der Darsteller des britischen Alfreds – dort Alf Garnett – hatte seinen ursprünglichen Text vergessen und improvisierte. Laut Drehbuch hätte es eigentliche eine dumme, alte Stute werden sollen („silly old mare“). Und wie beim Original wurde das dusselige Kuh zum Slogan von Ekel Alfred. Und erhielt Einzug in die Alltagssprache. Wie bei uns.
Die Serie war über die Jahre sehr erfolgreich, was neben den Darstellern natürlich auch an den Geschichten lag. Wobei wohl nicht alle Zuschauer die Serie als Satire auf ihr eigenes Leben aufgenommen haben, sondern todernst. Die Serie polarisierte. Und genau das dürfte auch die Absicht gewesen sein. Dies schafft die Serie auch heute noch.
„Ein Herz und eine Seele“ war zudem die erste deutsche Sitcom und schrieb damit Fernsehgeschichte. Herzlichen Glückwunsch, Ekel Alfred! In einem bist du dann wirklich mal ein Trendsetter geworden.
Sylvesterpunsch
Ein Erfolgsgeheimnis der Serie war auch ihre Produktionsart. Die einzelnen Folgen wurden nämlich erst am Tage der Ausstrahlung vor einem Live Publikum aufgezeichnet. So konnte man noch tagesaktuelle Ereignisse in die Drehbücher aufnehmen. Auch der grds. Bezug zu gesellschaftlichen oder jahreszeitlichen Themen stand in der Serie immer hoch im Kurs. Und so dürfte es nicht überraschen, dass die Folge 12, „Sylvesterpunsch“, zu einer der beliebtesten und am häufigsten gezeigten Folgen der gesamten Serie mutierte. Das deutsche „Dinner for One“, wenn man so will.
Denn die Folge wird immer noch gezeigt. Jedes Jahr. Wer aber nicht auf das kommende Silvester warten möchte, der darf hier gerne auf den Play Button drücken. Denn mit der Silvesterfolge schmeiße ich euch heute raus. Frohes Neues Jahr.
Bilder: WDR
Yessss, einer DER Klassiker und überraschend Zeitlos, obwohl die Serie ein eindeutiges Spiegelbild der damaligen Zeit war, Aber hey, manche Dinge ändern sich nie. Eine aktuelle Neuauflage wäre zwar ziemlich reizvoll, aber wenn ich mir so manche Kommentarsektion diverser Nachrichtenseiten ansehe, würden wohl zu viele Leute gar nicht mitbekommen, dass der Ekel Alfred des 21. Jahrhunderts sie karikieren soll und behaupten, er würde es sagen, wie es ist. (Etwas, das interessanterweise bei der US Adaption sehr häufig vorgekommen sein soll, was sie nicht unumstritten machte.)
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