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Perlen aus der Vergangenheit - Ausgabe #21

Klassiker der Woche: Hatufim – In der Hand des Feindes

17. Januar 2016, 14:00 Uhr
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Mit der Reihe „Perlen aus der Vergangenheit“ wollen wir Euch Serien näher bringen oder sie noch mal in Erinnerung rufen, die uns vielleicht in unserer Jugend geprägt haben oder die uns besonders in Erinnerung geblieben sind und die wir ohne zu zögern auf einer Gartenparty als Serientipp auftischen würden. Die Serie muss nicht unbedingt aus den 70iger oder 80iger Jahren sein, um bei uns als Klassiker durchzugehen. Wir belegen den Begriff eher aus der subjektiven Betrachtungsweise, das Alter der Serie ist erst einmal unerheblich. Rein vom Ausstrahlungsdatum der letzten Folge her zu urteilen, würde meine heutige Wahl definitiv wohl in keiner reinen Klassikeraufzählung auftauchen. Da die Serie aber internationale Seriengeschichte geschrieben hat und Einschaltquoten von über 50% im Heimatland verzeichnen konnte, denke ich schon, dass sie sehr gut in unsere Reihe passt und sehr wohl in unserer Klassikerreihe auftauchen sollte.

Die Rede ist von „Hatufim“ oder auch „Die Entführten“ oder „Prisoners of War“. Den hebräischen Originaltitel dürften wohl nur die wenigsten von uns aussprechen können: „חטופים“. Wir haben hier also eine international bekannte Serie aus Israel, wobei man schon zugeben muss, dass die Originalserie deutlich weniger bekannt ist, als die Serie, der sie als Vorlage diente: „Homeland“.

„Hatufim“ muss sich aber serien- und vor allem auch erzähltechnisch überhaupt nicht vor dem US Erfolg verstecken. Mir persönlich gefällt „Hatufim“ sogar deutlich besser als seine Adaption für den US und später auch internationalen Markt. Warum? Darüber handeln die nächsten zehn Minuten.

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Der Serien-Steckbrief

Name: Hatufim – In der Hand des Feindes (deutscher Titel)
Genre: Drama, Thriller
Laufzeit: 45 Minuten
Folgen: 24 in zwei Staffeln
Erstausstrahlung: 06. März 2010 auf Channel 2 (Israel) // 09. Mai 2013 auf Arte
Idee: Gideon Raff
Darsteller: Yoram Toledano, Ishai Golan, Assi Cohen …

Handlung

Wer schon einmal etwas über „Homeland“ gehört oder sogar gesehen hat, kennt den groben Handlungsrahmen der Serie. Klar, basiert „Homeland“ ja auf eben jenem israelischen Original. Die drei israelischen Soldaten Nimrod Klein, Uri Zach und Amiel Ben-Chorin kommen im Rahmen eines Gefangenenaustausches mit libanesischen Dschihadisten nach 17 Jahren Gefangenschaft frei. Sie waren damals als Teil einer geheimen Mission im Libanon gefangen genommen worden.

Die Serie fokussiert sich dann aber mehr auf die Wiedereingliederung in die israelische Gesellschaft und vor allem im Umgang mit ihren Familien als wie bei „Homeland“, welche ja eher an „24“ erinnert und den Weltterrorismus im Fokus hat. Vor allem treten auch die Familien und Frauen mehr in den Vordergrund, da auch sie „17 Jahre in Gefangenschaft gelebt haben“. Einige von Ihnen kämpften von Anbeginn für eine Freilassung, andere wiederum hatten ihre Hoffnung bereits aufgegeben und bauten sich ein neues Leben auf, heirateten und gründeten eine neue Familie.

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Der Handlungsstrang, den jeder sofort mit „Homeland“ und Nicholas Brody in Verbindung bringen würde, kommt in der Originalserie natürlich auch vor. Allerdings anders, viel subtiler. Zurückhaltender.

Hatufium vs. Homeland

Der Autor der Originalserie, Gideon Raff, war und ist auch für „Homeland“ verantwortlich. Als die zwei Erfolgsproduzenten Howard Gordon und Alex Gansa (beide „24“) auf die Serie aufmerksam geworden sind, beauftragten sie den Autor der Originalserie mit einer Adaption für den US Serienmarkt. Man war sich bewusst, dass man den Schwerpunkt in „Homeland“ nicht auf die Auswirkungen von 17 Jahren Gefangenschaft legen konnte, sondern dass man den Terrorismus mehr in den Vordergrund stellen musste.

Wie wir wissen, funktionierte diese leichte Anpassung wunderbar und „Homeland“ ist ein internationaler Erfolgsknaller. Das ist für mich auch der größte Unterschied, „Hatufim“ ist vorrangig eine Dramaserie, „Homeland“ für mich eher eine Thriller und Actionserie.

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Eine weitere Anpassung, die einem natürlich sofort ins Auge fällt, ist die Anzahl der Kriegsgefangenen, die in der Handlung im Mittelpunkt stehen. In „Homeland“ ist es erst einmal nur Brody, in „Hatufim“ sind es die drei israelischen Soldaten Nimrod, Uri und Amiel. So haben wir im Original drei unterschiedliche Schicksale, mit denen man unterschiedliche Ansätze verarbeiten kann. Wobei auch hier eine Parallele zu „Homeland“ zu finden ist, denn der dritte Soldat, Amiel, wird nicht nach Israel ausgeliefert.

Amiel war eines Tages verschwunden und Uri und Nimrod halten ihn für tot. Das erfahren die Familien aber erst bei der Ankunft von Uri und Nimrod in Israel. Für uns Zuschauer ist Amiel aber von Anfang an „sichtbar“ und Teil der Handlung, denn seine Schwester, die sich nicht mit dem Tod abfinden kann und will, stellt ihn sich als Gesprächspartner vor und arbeitet so an ihren Verlustängsten.

Rein technisch gesehen hätten wir dann noch in „Hatufim“ die libanesische Terrorgruppe im Umfeld der Hamas, in „Homeland“ wiederum einen Ableger der Al-Kaida im Irak. Passt natürlich auch besser zur US amerikanischen Realität. Und auch in „Hatufim“ haben wir den verständlichen und fast schon sympathischen Terroristenführer, wie ihn auch „Homeland“ in seinen ersten Staffeln einführt. Die Thematik, libanesische Terroristen als Menschen zu zeigen, war natürlich auch ein Teil der Brisanz der Serie, vielleicht sogar ein wenig mehr als bei „Homeland“.

Bewertung

Apropos Realität. Die große Stärke der Serie liegt für mich darin, dass sie zeigt, wie gekonnt Fiktion die Realität spiegeln kann. Denn derartige Gefangenenaustauche kommen in der israelischen Gegenwart immer wieder mal vor, öfter als man denken sollte, nur wird dieses Thema im TV stark tabuisiert. Die Ankunft der Soldaten wird dabei meist noch groß im israelischen Fernsehen gezeigt, aber die Zeit davor und vor allem die Zeit danach findet medial kaum bis gar nicht statt. Dies war auch der Ansatz von Raff, denn er wunderte sich, dass man nicht erfährt, was aus den israelischen Soldaten geworden ist, wie es ihnen ergangen ist, als der Trubel der Rückkehr nachlässt. Ausschlaggebend war für Raff die Geschichte rund um den israelischen Soldaten Gilat Shalit, der 2006 gegen 1.027 Gefangene ausgetauscht wurde und dies vor allem bei den ultrakonservativen Israelis auf Unverständnis stieß allerdings auch wiederum große Solidarität in der Bevölkerung auslöste. Die Gesellschaft ist an dieser Stelle stark gespalten.

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Dies wird in der Serie ebenfalls thematisiert, so trifft Nimrod beispielsweise in einer Folge auf einen Mann, der infolge eines Terroranschlages seine Frau und seine Tochter verlor. Der dafür verantwortliche Kämpfer der Hamas ist nun ein Teil des Gefangenenaustauches. So steht die Frage nach der Gerechtigkeit nicht nur sprichwörtlich im Raum sondern in Person dieses Mannes. Warum ist das Leben von Nimrod und Uri wichtiger, als der Vollzug der Strafe und damit der Gerechtigkeit, vielleicht auch der persönlichen Genugtuung. Auch heute noch ist dies in Israel eine Diskussion, welche nicht ohne Konfrontation innerhalb der israelischen Gesellschaft geführt wird.

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Eine weitere Stärke der Serie ist das Vermischen von Schuld und Opfertum. Nimrod, Uri und Amiel werden in der Serie nicht durchgängig als Opfer dargestellt. Die Serie reflektiert sehr oft und verheimlicht auch nicht die Täterrolle der israelischen Soldaten, verkörpert eben durch Nimrod, Uri und Amiel. Israel ist nicht nur Opfer in dieser Geschichte, sondern auch Täter.

Immer wieder erleben wir Handlungsstränge, Geschichten und Dialoge, die auf realen Gegebenheiten basieren. Auf Erfahrungen von Raff selbst, er war im Rahmen seiner Ableistung des Wehrdienstes Fallschirmjäger, als auch auf Erzählungen von Ex-Soldaten und auch ehemaligen Kriegsgefangenen und ihren Erlebnissen in der Gefangenschaft. So gibt es beispielsweise in der Serie eine Selbsthilfegruppe, zu der Nimrod geht, die zu Teilen aus echten ehemaligen Kriegsgefangen bestand und die auch in der Serie zu Wort kommen und von ihrer wahren Geschichte erzählen. In Rückblicken erleben wir auch immer wieder mal kurze Folterszenen, in denen Nimrod und Uri mehr als unmenschlich gequält werden. Auch diese Szenen basieren auf der Realität und den Erlebnissen ehemaliger israelischer Soldaten.

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Fazit

Wer jetzt denkt, er bräuchte sich die Serie nicht anschauen, da er ja schon „Homeland“ kenne, der irrt.

Natürlich ist einem die grobe Handlung bekannt, also das, was ich weiter oben beschrieben habe, aber die Handlung der Serie „Hatufim“ ist noch so viel mehr als nur die ungefähre Vorstellung auf der Basis von „Homeland“.

Man darf allerdings keine allzu großen Actionszenen erwarten, wie gesagt, wir haben hier eine Dramaserie. Natürlich haben wir auch den Spannungsbogen rund um den israelischen Geheimdienst und einer weiblichen Agentin, die einen ganz bestimmten Verdacht hat. Aber wer rein aus der Richtung „24“ oder natürlich „Homeland“ kommt und eine derartige Serie erwartet, wird vielleicht nicht so seinen Spaß an der Serie haben und enttäuscht werden.

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Wer sich allerdings neu auf eine „bekannte“ Story einlässt, kann so sehr tief in die gespaltene israelische Gesellschaft eintauchen und in die Dramen, die sich abspielen, wenn Menschen nach 17 Jahren Gefangenschaft zurück bei ihren Familien sind und sich neu eingliedern müssen.

Zurück in der persönlichen Freiheit aber weiterhin gefangen in den individuellen Erlebnissen.

Fotos: Channel 2 (Israel)

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Sonntag, 17. Januar 2016, 14:00 Uhr
Alte SerienDramaHomeland
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