20 Jahre Dschungelcamp, da möchte man meinen, dass man müde wird, sich das Format weiter zu geben. Ich muss auch sagen, dass ich die letzten Jahre eher sporadisch reingeschaut habe, oder nach dem Start schnell weg war, weil’s wirklich über weite Strecken langatmig und fast schon langweilig war. „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ 2024 ist aber ganz anders – es wirkt frisch, unterhaltsam, frech, emotional, familiär. Es hat viele Elemente, die das Dschungelcamp 2024 zu einem Highlight der Reihe machen und die dieses Format aktuell definitiv sehenswert werden lassen. Ich habe einmal fünf Gründe zusammengestellt, die aus meiner Sicht diese Wirkung erzielen.
Das Casting / Der Cast
Da hat die Casting-Abteilung der Produktionsfirma wirklich ein glückliches Händchen bewiesen: Die 12 Kandidat:innen des Dschungelcamps 2024 wirken perfekt zusammengestellt, von der 20-jährigen Anya bis zum 72-jährigen Heinz. Die Teilnehmer:innen funktionieren untereinander, sind kommunikativ, gehen aufeinander ein, sagen sich offen die Meinung. Es gibt praktisch keine Grüppchen-Bildung, keiner tanzt extrem aus der Reihe, von Kim Virginia in den letzten Tagen einmal abgesehen. Die Stars sprechen übereinander, klar, aber auch miteinander, und das finde ich ziemlich wohltuend, auch im Vergleich zu den letzten Jahren, als elendig oft hinter dem Rücken hergezogen wurde oder Teilnehmende schlechtgeredet wurden.
Die Texte
Die Moderationstexte für Sonja Zietlow und Jan Köppen (bzw. für dessen Vorgänger) sowie die Kommentare in den Einspielern waren schon immer bissig und mitunter auch ziemlich witzig. Diese Jahr fällt die offensichtlich besonders gut aufgelegte Texter-Riege um Micky Beisenherz richtig auf – die Wortspiele sind in der Regel nicht (zu) platt, dazu werden Texte gerne mit Statements der Teilnehmer:innen vermischt, so dass sich hier nochmal eine neue Humorebene ergibt. Dass Jan Köppen zu Beginn jeder Folge Fragen aus dem Off stellt, zu denen dann beliebige Antworten der Stars geschnitten werden, hat sich mittlerweile etabliert und macht schon zu Beginn richtig Spaß. Ein Highlight ist für mich auch immer die Vorstellung der Stars, wenn es um das Voting für die Dschungelprüfung geht – macht mir richtig Spaß.
Die Moderator:innen
Gute Texte sind das eine, aber auf der anderen Seite müssen sie auch gut rübergebracht werden. Und das schaffen Sonja Zietlow und Jan Köppen dieses Jahr richtig gut. Es scheint, dass man sich aneinander gewöhnt hat unf aufeinander eingespielt ist. Dazu kommen durchaus charmante Improvisationen der beiden, wenn es zum Beispiel in die Dschungelprüfungen geht.
Die Gruppendynamik
Wenn man eine neue Gruppe zusammenstellt, ist ja immer eine der spannendsten Fragen, wie sich dieses Gebilde entwickeln wird. Das kann in alle Richtungen gehen, und dieses Jahr hatte RTL – bislang zumindest – richtig Glück. Jede spricht mal mit jedem, die Stars zeigen echtes Interesse aneinander, helfen sich an vielen Stellen, sagen sich aber auch die Meinung. Hier kommen auch die schon erwähnten Effekte des großartigen Castings zum Tragen: Die schüchtern, zerbrechlich wirkende Anya, die offen zugibt, Angst vor Kim zu haben, dann aber mal eben souverän die Dschungelprüfung rockt; Sternchen Leyla, die gleich zwei Prüfungen nach ca. jeweils einer Sekunde abgebrochen hat, sich dann aber durchgekämpft hat und auch im Camp ihre Position gefunden hat. Lucy dockt bei jedem mal an, fragt nach, tauscht sich aus – sehr sympathisch. Twenty4Tim ist natürlich eine Rampensau und versteht das Camp als Plattform, ist aber auch fleißig dabei, Kontakte in alle Richtungen zu knüpfen und – wenn es sein muss – auch aus der Distanz das Verhalten der anderen zu beobachten und zu bewerten. Fabio hat für alle ein offenes Ohr und bringt Ruhe ins Camp derweil David natürlich als Fußballer ein absoluter Teamplayer ist und so auch versucht, seine Elf im Camp zusammen zu halten und zu motivieren. Mike leidet natürlich unter Kims ständigen Anfeindungen – das tut mir echt schon leid, dass er so viel aushalten muss. Spannend finde ich auch Felix, der schon mehrere Phasen im Camp durchlebt hat und verschiedene Charaktereigenschaften gezeigt hat. Er reflektiert am besten das Campgeschehen und weiß, wann er sich zurückhalten oder einbringen muss. Cora war leider schnell weg, Sarah fiel in der ersten Woche irgendwie so gar nicht auf, und Heinz ist dauergesperrt für die Prüfungen.
Und dann eben noch Kim, die für mich persönlich wirklich unerträglich ist und bei der ganz viel Fremdschämen mitschwingt. Die einfach nicht von Mike ablassen kann und damit alle nervt. Ich schätze, sie wird trotzdem relativ lange im Camp bleiben, weil die Zuschauer:innen diesen Nerfaktor weiter als Element im Camp haben wollen. Mal sehen, wer am Ende gewinnt – hier geht’s übrigens zu unserem Voting.
Die Programmierung der Sendung
Er aus der Not heraus musste RTL mit dem Dschungelcamp gleich zu Anfang zur Primetime einsteigen und nicht erst zur angestammten Zeit um 22:15 Uhr. Die NFL blockierte diesen Sendeplatz – ich fand aber, dass hat IBES sogar gut getan. Klar, die Auftaktsendung läuft ja immer um 20:15 Uhr, aber mit den beiden frühen Folgen am ersten Wochenende bin zumindest ich gut ins Dschungelcamp reingekommen, auch das kurze Format von 40-60 Minuten hatte etwas für sich. En Glücksfall für die Dramaturgie und das Interesse an dem gesamten Dschungelcamp-Komplex mit den vielen Sondersendungen (hier sind alle Formate 2024 im Überblick) und der „Stunde danach“ war Coras spontaner Auszug an Tag 3, den Sonja Zietlow nur beiläufig im Outro der Sendung mitteilte. Einen besseren Cliffhanger gibt es wohl nicht, so dass alle Zuschauer:innen danach den RTL+ Livestream stürmten – was wiederum dazu führte, dass die RTL-Server in die Knie gingen. Das sorgte wieder für weitere Aufmerksamkeit, so dass die nächste Folge am Montag eine der meistgesehenen wurde. Die Sondersendung „Die gnadenlose Wochenbilanz“ am Donnerstag wurde gut angenommen und trieb die eigentliche IBES-Sendung danach auf neue Staffel Rekorde und höchste Einschaltquoten seit 2020. Sonja Zietlow konnte es sich am Freitag trotzdem nicht verkneifen, ironisch auf die beiden anderen Dschungelformate hinzuweisen, durch die die eigene Sendung eher zur Nebensendung degradiert worden sei.
Sonja Zietlow und Jan Köppen hatten aber auch den Serverausfall wunderbar selbstironisch verarbeitet, inklusive dem traditionellen Intro, bei dem beide eigentlich lauthals den Titel der Sendung rufen, dieses Mal aber nur ein Piepsen und Knacken des (RTL)-Modems zu hören war -nice! Übrigens macht auch RTL direkt nicht viel kaputt. Die kurze Nachrichtensendung wird ja in die Live-Show platziert, was dafür sorgt, dass wir im Prinzip wieder zwei 50-Minuten-Blöcke einer Dschungelcamp-Folge haben. Für mich als serienaffiner Zuschauer perfekt konsumierbar. Großartig auch, wie Sonja Zietlow jedes Mal RTL direkt-Moderator Jan Hofer mit einem anderen Spruch ankündigt und regelmäßig für Schmunzler bei Jan Hofer sorgt – charmant.
5 Gründe, das Dschungelcamp zu schauen
An dieser Stelle nochmal die Empfehlung an alle, sich das Dschungelcamp 2024 nochmal vorzunehmen -entweder jetzt noch einsteigen oder nochmal die Woche aufarbeiten bei RTL+. Es macht wirklich Spaß, und leider wird die Sendung beim ablehnenden Publikum oft zu sehr auf die Dschungelprüfungen reduziert. „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ ist viel mehr – es lohnt sich.
Bilder: RTL
Hat dir RTL den Text diktiert?
Das ist doch kein Kommentar.
Das ist (bezahlte?) Werbung.
Hi, nein, hat RTL nicht. Das ist ein klassischer Meinungsartikel, und er läuft in unserer Kommentar-/Kolumne-Rubrik. Ist nicht automatisch (bezahlte) Werbung, wenn man etwas lobt; auch wenn’s mutmaßlich in der heutigen Zeit, in der schnell alles schlechtgeredet wird, eher die Ausnahme ist, etwas gut zu finden und das auch noch zu benennen. Ich nehme an, Dir gefällt die Sendung nicht?
In der heutigen Zeit wird aber auch sehr vieles als unbeeinflusste, persönliche Meinung verkauft, was in Wahrheit bezahlte Werbung ist („morenutrition“ lässt grüßen). Dass die Leserschaft ihrer Zu- oder Abneigung dem Format gegenüber nicht mit dem, sonst üblichen Vergeben von Sternen Ausdruck verleihen kann, ist natürlich dem Format der Kolumne geschuldet und nicht etwa von dir beabsichtigt. Auch das Fehlen von echter Kritik an dem „Dschungelcamp“ in deinem Kommentar ist natürlich deiner maßlosen Begeisterung geschuldet und nicht etwa, weil es von dir erwartet wird.
Kann man so glauben.
Muss man aber nicht.
Das ist alles richtig. Man kann jetzt keine Kronen-Bewertung abgeben, da Kolumne, kein review. Aber man kann Kritik an dem Format natürlich über die Kommentar-Funktion äußern – da bist Du weiterhin eingeladen – beschreib‘ gerne, was Dir an der aktuellen Ausgabe des Formats nicht gefällt. Eine echte Kritik an dem Format habe ich dieses Mal tatsächlich nicht auf Lager, es ist dieses Mal wirklich gelungen. Aber: Wenn Du in unser Archiv einsteigst, wird’s Du auch kritische Stimmen zu Formaten finden.
PS: Versichern kann ich Dir, dass es hier keine Bezahlung gab. ;-)
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