Als Jugendliche habe ich sehr viele Serien und Filme geschaut. Schon früh hat sich herauskristallisiert, dass ich dafür wohl etwas mehr übrig habe. Neben der täglichen Ration „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, die ich wirklich viele Jahre mitverfolgt habe, haben mich – wie vermutlich auch viele andere – besonders die US-amerikanischen Importe gereizt. Serien wie „Eine himmlische Familie“ („7th Heaven“), „Gilmore Girls“ oder „Für alle Fälle Amy“ („Judging Amy“) waren lange Zeit die perfekte Mittagsunterhaltung, wenn man denn mal nur sechs Stunden Schule hatte und zügig nach Hause gefahren ist, um möglichst nichts zu verpassen. Viele der Serien liefen damals auf VOX und das natürlich deutlich später als die Originalformate in den USA ausgestrahlt wurden. Und das war damals auch völlig okay, denn man kannte ja auch gar nichts anderes. Später kamen noch „O.C. California“ („The O.C.“), „One Tree Hill“ und „Gossip Girl“ dazu. Wenn ich jetzt aber so darüber nachdenke, ist fast all das, was ich früher gern gesehen habe, ein US-amerikanisches Format gewesen.
US-Importschlager – na und?
Auch heute stammt ein riesengroßer Teil der Film- und Serien“importe“ aus den USA. Das ist überhaupt nicht verwunderlich – die USA sind riesig, hier fließen Milliarden in das Filmgeschäft und wir sind sie ja auch gewohnt, die Hollywood-Blockbuster und Hochglanzserien. Damals habe ich das nie wirklich infrage gestellt. Heute, mit der Verfügbarkeit von immer mehr internationalen Produktionen, die bei den Streamingdiensten zur Verfügung stehen, merke ich, wie sehr ich mich danach gesehnt habe, auch mal was anderes zu sehen. Ich weiß, dass es diese Formate auch früher schon gegeben hat. Da musste man dann aber schon ganz genau suchen und in der Videothek auch in den unteren Reihen forschen. Es ist auch überhaupt nicht so, dass ich „damals“ nicht zufrieden war mit der Auswahl. Ich habe die Filme und Serien, die es gab, genossen und mit viel Leidenschaft geschaut. Nichtsdestotrotz stelle ich heute immer öfter fest, wie gut es tut, auch mal etwas anderes als US-amerikanische Settings zu sehen.
Kennt ihr das, wenn ihr Filme und Serien schaut und an den Drehorten schon mal gewesen seid? Da stellt sich doch ein interessantes Gefühl ein, sodass man diesen Ort und das Gezeigte irgendwie anders interpretieren und fassen und verorten kann. Und egal, wie gut Serien geschrieben sind und wie viel Identifikationspotenzial ihre Charaktere bieten: Wenn ich deutsche oder generell bekannte Straßen und Autos und Settings in (guten!) Filmen und Serien entdecke, freue ich mich irgendwie immer ein bisschen. Einmal darüber, dass das Gezeigte auf irgendeine Art und Weise näher an uns dran ist und einmal darüber, dass es mittlerweile auch immer mehr deutsche Formate gibt, die „vorzeigbar“ sind und „uns“ auf dem internationalen Markt bestehen lassen.
Vielfalt – that’s the word
Mir geht es auf keinen Fall darum, dass ich nur noch deutsche Formate sehen will, weil sie „so viel näher an uns dran sind“. Überhaupt nicht! Ich finde es einfach nur schön, dass wir durch das riesige Angebot der zahlreichen Streamingdienste heutzutage einfach mehr sehen können, als nur Mainstream, als nur eine bestimmte Form von Serien und Filmen. Ich freu mich, dass eine südkoreanische Serie wie „Squid Game“ wochenlang die Trends anführt und uns ein Stück Südkorea näher bringt (also natürlich nur im Ansatz – ihr wisst schon, was ich meine). Dass wir mit „Haus des Geldes“ in eine Finca in einen Vorort von Madrid eintauchen können. Oder aber, dass wir durch „DARK“ und „Babylon Berlin“ mal wieder in deutschen Gefilden unterwegs sind und uns vielleicht sogar Inspiration für die nächste Reise innerhalb Deutschlands holen. Ein Hoch auf diese Zeit. What a time to be alive!
Bild: The WB
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