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Voyeurismus oder Hilfsmittel?

Kolumne: Vulkanausbruch auf Island – und wir sind live dabei

14. Januar 2024, 12:18 Uhr

In den letzten drei Jahren gab es auf Island immer wieder kleinere Vulkanausbrüche, konzentriert auf die Reykjanes-Halbinsel im Südwesten des Inselstaates. Das Naturschauspiel war längst nicht so bedrohlich und gefährlich wie die Ausbrüche am Eyjafjallajökull 2010 und am Grimsvötn 2014, als es unter anderem zum Flugverbot über weiten Teilen Europas kam. Die Ausbrüche auf Reykjanes sind eher kleinräumig, egal ob 2021 am Fagradalsfjall, 2022 am Meradali oder 2023 am Litli-Hrútur. Menschen waren nicht bedroht, die Vulkane bildeten sich abseits der Zivilisation. Diese eher kleinen Ausbrüche wurden nicht nur zu einem touristischen Anziehungspunkt, sondern konnten auch weltweit live verfolgt werden – Webcams sei dank. Seit heute früh bebt wieder die Erde auf der Halbinsel – seit 8 Uhr morgens Ortszeit haben sich wieder Lavaspalten gebildet, dieses Mal in Sundhnúksgíga – leider extrem nah an der Stadt Grindavik, die kurz vor Weihnachten schon einmal evakuiert werden musste und jetzt wieder schnell geräumt wurde. Alle Entwicklungen können wir live verfolgen – das hat aber nicht viel mit Voyeurismus zu tun.

Island-Vulkanausbruch-Reykjanes-Grindavik

Vulkanausbruch auf Island: Diverse Webcams als Hilfsmittel auf der Reykjanes-Halbinsel bei Grindavik

Wobei einem gerade das zuerst in den Sinn kommt, wenn man sich anschaut, wie groß das Angebot an Livestreams zu diesem Naturereignis ist. mbl.is bietet mehrere Streams an, dazu einen kombinierten Stream auf YouTube aller Webcams. Auch ruv.is hat einen solchen Stream – hier gibt es eine Übersicht aller Webcams. Dabei stehen die Kameras nicht nur starr an einer Stelle mit einem festen Bildausschnitt – die Kameras sind in der Regel schwenk- und zoombar, so dass man zwischen Gesamtüberblick und Detailaufnahmen wechseln kann. Die Webcams sind damit eine große Hilfe, um verschiedene Einschätzungen zum Ausmaß des Ausbruchs treffen zu können. Wo befindet sich der Ausbruch? Welche Anlagen in der Nähe könnten betroffen sein? Wie schnell sind der Magmaausstoß und der Lavafluss? Welche Flächen werden eingenommen? Nicht selten gibt es kombinierte Cam-Anlagen mit verschiedenen Funktionen (wie hier nachzulesen). Alles relevante Anhaltspunkte, um Sicherungs- und Rettungsmaßnahmen einleiten zu können (auch wenn die Webcams natürlich nur EIN Hilfsmittel sind, siehe hier).

So konnte man heute früh sehen, wie sich mehrere Bauarbeiter auf den Weg an den Rand des Lavafeldes begeben haben, um schnell die Baumaschinen in Sicherheit zu bringen, mit denen sie seit Wochen einen Schutzwall bauen – für das in der Nähe befindliche Kraftwerk und die Blaue Lagune, aber eben auch für den Ort Grindavik. Dass sie aktuell diesen Wall noch bauen, bedeutet natürlich auch, dass er noch nicht ganz fertig ist – die Livebilder der Webcams zeigen das. Was aber auch erkennbar ist – der bisherige Wall hilft, den Lavastrom zu teil und zumindest teilweise von der Stadt wegzuführen – definitiv ein Erfolg. So wird Kristín Jónsdóttir vom isländischen Wetteramt bei ruv.is zitiert, dass man anhand der Webcams sehen könne, dass ein Großteil der Lava nördlich der Verteidigungsmauern fließe, die Wälle also nicht nutzlos seien, zumal sich die Enden von Magmaspalten immer zuerst wieder schließen.

Vulkanausbruch? Die Isländer:innen bleiben entspannt

Zurück zur Bedeutung der Live-Streams – damit können also Maßnahmen koordiniert und kontrolliert werden. Natürlich befriedigt der Stream auch die Neugier und wird zu einem wichtigen Element in der Berichterstattung – sonst müsste man den Stream ja nicht öffentlich zeigen, sondern könnte ihn intern sehen und auswerten. Und die Abrufzahlen bei YouTube zeigen, dass es durchaus ein Interesse gibt, live dabeizusein – zwischen 5000 und 6000 Zuschauer:innen sind zum Beispiel aktuell im Stream live dabei. Für die Isländer:innen sind diese Naturphänomene Teil der Kultur und Teil des Alltags: In nicht wenigen Hotels habe ich in den Lobbys Live-Streams auf den Bildschirmen laufen sehen (also kein virtuelles, flackerndes Kaminfeuer), sie sind dort auch Teil des linearen TV-Programms, unterlegt, mit einfachem Radiosignal. Und selbst eine Netflix-Serie zu einem fiktiven Vulkan-Ausbruch wurde als isländisches Original ja bereits produziert.

Die Isländer:innen bleiben also weitgehend entspannt – was auch für die Betreiber der Webcams beruhigen dürfte. Die Geräte in der Einöde sind als wichtiges Hilfsmittel bei der Bevölkerung wie bei Touristen anerkannt: Obwohl sie unbewacht in der abgelegenen Gegend stehen, werden sie selten beschädigt oder gestohlen.

Bilder: mbl.is Livestream (Screenshot)

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Sonntag, 14. Januar 2024, 12:18 Uhr
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