„ATTENTION, PLEASE, ATTENTION, PLEASE! Will the real tv-viewer please stand up? We might have a problem here…“ Was wie ein bekannter Eminem-Song beginnt ist ein durchaus ernst gemeinter Appell von mir an überraschend viele Leute da draußen, die Serien „nebenbei“ konsumieren. Mir war ja bewusst, dass es dieses „Second Screening“ gibt, das vor allem aber bei klassischen TV-Shows und -Formaten von Interesse sein kann, will man eine Info nachschlagen oder über eine App mitquizzen. Alles soweit auch in Ordnung und soll jede/r so machen, wie es ihm/ihr gefällt. Aber was mich stört ist, wenn Leute Serien nicht die Aufmerksamkeit schenken, die ihnen gebührt – und dann im Nachgang auch noch mäkeln.
Halb geschaut ist halb verdaut
Wenn ich Serien schaue, schaue ich sie komplett und möglichst aufmerksam. Dass man mal zwischendrin aufs Smartphone schaut – geschenkt. Aber ich habe des Öfteren von Leuten gehört, dass sie bestimmte Serien tatsächlich nur „nebenbei schauen“. Während sie Hausarbeit machen (klassisch veraltetes „Bügel-Fernsehen“), Twitter durchstöbern oder gar Arbeiten oder Videospiele spielen. Dass man von seinen 100 Prozent Bildschirm-gerichteten Fokus mal ein paar Prozente zwischendrin abzwackt ist ja okay, aber „Videospiele spielen“?! Wie viele bleibt da übrig? Drei Prozent?
„Man hört ja alles und bekommt so alles mit!“, heißt es da gerne mal. Da zieht es sich in mir direkt zusammen. Vielleicht liegt es an der klischeebehafteten Multitasking-Talentlosigkeit, die uns Männern nachgesagt wird, aber ich kann mich nur schwer auf mehrere Dinge gleichzeitig fokussieren. Klar, ich kriege alles grob mit und wie ein Computer wechsel ich zwischen den Informationsquellen. Aber wenn ich zocke bin ich mit allem möglichen beschäftigt, aber nicht damit, alle Dialoge nach dem eigentlichen Hören auch noch zu verarbeiten.
Wenn ihr während des Schauens einer Serie gewillt seid, wegzuschauen, sagt das vielleicht auch viel über die Qualität der Serie aus. Oder den Fit der Serie zu eurem Geschmack. Ist ja auch okay, niemand zwingt euch, etwas zu schauen, das ihr nicht mögt. Aber wieso läuft es dann überhaupt? Dann lasst es doch gleich bleiben! So, wie ich und ein paar Freunde irgendwann um 2009 herum, als wir auf die dumme Idee kamen, an einem viel zu heißen Sommernachmittag mit der ersten Folge „Sopranos“ zu beginnen. Nach wenigen Minuten waren die ersten Leute an ihren Telefonen beschäftigt, nach 20 Minuten haben wir das Vorhaben „auf kältere Tage“ vertagt, die nie kommen sollten.
Aber was, wenn die Serie eigentlich gut wäre und ihr es gar nicht richtig mitbekommt?
Schaut genau hin!
Details gehen heutzutage massenhaft flöten, wenn man nicht hinschaut. Selbst, wenn ihr total gebannt in uralter Radio-Manier zuhört und euch ausschließlich auf das zu Hörende fokussiert, werdet ihr eine Serie nicht in Gänze wahrnehmen können. Zu viel geschieht visuell, selbst bei den trivialsten Telenovelas. Ganz zu schweigen aber von der „neuen Kinoqualität“ im Fernsehen. Cinematography ist mittlerweile auf hohem Niveau anzufinden, nicht erst seit „LOST“ hat das Fernsehen an Bewegtbildkunstgrad zugenommen. Und auch das kann den Reiz ausmachen.
Oder ihr verpasst plump vermeintliche Kleinigkeiten, die viel aussagen und beitragen. Mir ist das mal bei einer älteren „The Walking Dead“-Folge passiert. Eigentlich hatte ich bewusst geschaut, sogar sehr, denn ich sollte sie später hier auf dem Blog rezensieren. Also schrieb ich zwischendrin Notizen in mein Smartphone. Nur doof, dass während eines kurzen Blickes fernab des Bildschirms eine Figur in einer Garage einen Baseballschläger finden sollte. Ein direkter Bezug auf die Comic-Vorlage, den ich genüsslich wahrgenommen hätte – wenn ich ihn wahrgenommen hätte. Ärgerlich, zumal mich dann ein Blog-Leser per Kommentar auf das verpasste Gimmick aufmerksam machen musste. Peinlich.
Eine Serie ist heutzutage doch viel mehr als „nur“ ein paar Figuren und eine Handlung. Vieles ergibt sich über den Subtext, über die Atmosphäre, die Bilder, und, und, und. Da tut ihr einer Serie unrecht, wenn ihr euch nicht zumindest anfangs komplett darauf einlasst. Keine Hintergrundmusik irgendwo dudeln habt oder mit den Augen ständig woanders seid. Und wenn ihr das trotzdem macht, dann macht die Serie danach nicht unnötig schlecht. „Das war langweilig“, „Das hat mir nichts gebracht“, „Wirklich aufregend war das ja nicht gerade…“. Kein Wunder, wenn ihr 90 Prozent der Zeit lieber Orks in „World of Warcraft“ tötet oder über halblustige Tweets schmunzelt. Dann bekommt man eben auch nichts mit. Selbst schuld.
Daher nehmt euch das doch einfach mal als Vorsatz für 2020 vor: Schaut Serien mit voller Aufmerksamkeit! Sie werden es euch danken.
Jupp, spricht mir aus der Seele. Das Serien dann abzubrechen sind haben wir letztes Jahr ein paar mal durchgezogen, manchmal schwer aber dann doch besser. 🙂
Frohes Neues!
Danke, ebenso!
Stimme Dir voll zu, wobei es auch Serien gibt, die ich tatsächlich nebenbei schaue, aber auch nur, um auf dem Laufenden zu bleiben. TWD und FTWD sind da prädestiniert mittlerweile…
Soll ja auch Leute geben, die Serien mit schnellerer Geschwindigkeit durchschauen, nur um sie gesehen zu haben. Soweit ist es dann noch nicht – dann kann man’s wirklich lassen, finde ich. ;-)
Das ist finde ich wieder was anderes und verständlich. Da hat man ja nach Jahren ein profundes Bild und es ist letztlich der schwindenden Qualität geschuldet. Wobei man so ggf. noch die guten Momente oder das mögliche Erholen der Qualität verpassen könnte, aber bei FTWD wage ich es auch kaum mehr, daran zu hoffen… ;)
Schnellere Geschwindigkeit macht Atmosphäre und Co. natürlich auch zunichte, absolut. Volle Aufmerksamkeit UND Zeit also! :)
Das erinnert mich an ein Interview mit Leslie Nielsen von anno dazumals, in dem er gefragt wurde, warum „Police Squad“ trotz Kritikerlob ein Megaflop war, aber „Die nackte Kanone“ nicht.
Laut ihm lag es daran, dass die Serie halt keine typische Sitcom war und man sich dort auf visuelle Gags ohne Laugh Track konzentrierte. Zu viele Zuschauer hätten den Fernseher nur im Hintergrund laufen gehabt und sich dann gefragt, warum nichts lustiges passiert. Im Kino hingegen muss man ja hinsehen und bekommt die Gags mit. (Natürlich haben selbst da heute alle ihre Handys am laufen.)
Ob es stimmt? Keine Ahnung. Plausibel klingt es.
Interessante Geschichte, könnte zumindest ein Teil der Erklärung sein, definitiv!
Lass mal durchrechnen. Ich bin Mo bis Mi von 5:30 bis 18:30 beruflich ausm Haus, kann Do und Fr zwar Homeoffice machen, muss aber auch direkt im Anschluss die Zwillinge aus der Kita holen. Mit den Kindern spielen, Spielzeug reparieren, immer irgendwas an Haus und Garten machen, kochen, putzen, aufräumen, Wäsche machen, Papierkram erledigen. Zwischendurch läuft mir immer mal wieder meine Frau über den Weg…
Ich guck besser weiter nebenbei, während ich mein Blog befülle.
;)
Schenkt euren Kindern eure volle Aufmerksamkeit! ;)
Ne, schon klar, wie im Beitrag geschrieben – so es halt möglich ist. Aber ich kenne genug Leute, die keine solche Ausreden haben und irgendwelchen Nonsense am Telefon machen, den sie auch wann anders (nie!) machen könnten. Dennoch finde ich es schade, da du so nicht die komplette Qualität wahrnehmen kannst. :/
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