Ich wische mir mit meiner flachen Hand noch die Brotkrumen vom Shirt, räume mein Geschirr ins Spülbecken und schalte den Röhrenfernseher ein. Der sympathische Herr im Paketbotendress und seine Frau aus der Sitcom „King of Queens“ läuten, noch vor der „Tagesschau“, den Feierabend für mich ein. In nur 20 Minuten gelingt es der in einem Studio aufgenommenen und mit allerlei Situationskomik angereicherten Serie meinen Alltag zur Seite zu schieben. Heute scheinen die größtenteils im Multi-Camera-Verfahren aufgezeichneten Sitcoms mit den typischen Lachern aus der Konserve auszusterben. Stattdessen wirkt es, als mussten Wohlfühl-Serien wie „Friends“, „Hör mal, wer da hämmert“ und „Seinfeld“ inzwischen dramatischeren Stoffen weichen.
Eine Ära geht zu Ende
Sitcoms zeichnen sich dadurch aus, dass sie uns Zuschauer:innen für eine kurze Zeit eine heile Welt präsentieren, in der die Probleme (meist) am Ende der Folge wieder gelöst sind. Wir Menschen brauchen Routine, um ein Gefühl von Wohlsein und Stabilität zu verspüren. Genau das, schaffen die immer mehr oder weniger ähnlich ablaufenden Folgen von Sitcoms. Und wenn wieder das Gelächter im Hintergrund ertönt, dann werden wir automatisch zum Mitlachen animiert. Ob nun Sheldon, Pheobe oder Kramer – sie alle sind uns wie gute Freunde ans Herz gewachsen. Und so verzeiht man ihnen auch den ein oder anderen schlechten Witz. Mit dem Vormarsch der Streamingdienste und dem Austausch über sämtliche Serien mit der ganzen Welt im Internet, haben die guten alten Sitcoms aber scheinbar ihre Relevanz verloren. Dramen bergen das Potenzial für mehr Diskussionen im Netz zu sorgen. Ein tragischer Tod eines Charakters oder die Rückkehr einer Figur sind dann eben doch spannender und vor allem reichweitenstärker, als Jerrys Versuch in „Seinfeld“ die beste Suppe in New York zu finden. Klar gibt es noch ein paar gute Comedy-Serien, wozu sicherlich „Schitt’s Creek“ oder „The Good Place“ gehören. Diese wirken aber fast schon wie Randphänomene und erzählen im Gegensatz zu den klassischen Sitcoms eine fortlaufende Story und kommen ohne die typischen Genre-Merkmale aus. Mit dem Finale von „Modern Family“ ist letztes Jahr wohl die letzte große Familien-Sitcom zu Ende gegangen. Ob es einen adäquaten Nachfolger geben wird, steht derzeit noch in den Sternen.
Die Rettungsversuche
Der Versuch das Genre wiederzubeleben scheint immer wieder zu scheitern. Wie beispielsweise zuletzt mit „The Crew“. Der mit „King of Queens“-Star Kevin James in der Hauptrolle besetzte Klamauk um ein Auto-Rennstall, mangelt es leider deutlich an warmherzigen Charakteren und pointiertem Humor und wurde nun nach nur einer Staffel wieder abgesetzt. Auch „Dad Stop Embarrassing Me“ mit dem Oscar-Preisträger und einstigem Stand-Up Comedian Jamie Foxx wirkt wie aus der Zeit gefallen. Die ebenfalls nach nur einer Staffel eingestampfte Comedy-Serie handelt von einer 18-Jährigen, die nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater einzieht. Generationskonflikte sind hier vorprogrammiert. Auch „The Crew“ spielt mit der Generationsfrage und spielt eine junge Managerin mit dem von James verkörperten alteingesessenen Boss gegeneinander aus – was leider nur bedingt zündet. Verzweifelt versucht man hier dem Geist von einst wieder Leben einzuhauchen, dabei hatte gerade James schon zuvor mit dem „King of Queens“-Klon „Kevin can wait“ nur mäßigen Erfolg.
Vielleicht erleben wir aber eines Tages auch ein Revival der klassischen Sitcoms. Eine liebevolle Hommage an das Genre konnte man zuletzt immerhin in der Superhelden-Serie „WandaVision“ bewundern. So bleiben die Sitcoms doch stets ein Bestandteil unserer TV-Kultur. Und wenn die Welt wieder bereit ist für unkomplizierte Geschichten mit reichlichem Humor, dann dürften Produzenten wieder die Lachkonserven entstauben und neue Formate auf die Mattscheibe bringen. Bis dahin bleiben uns zum Glück die guten alten Serien erhalten. Warum also nicht mal wieder eine Rewatch einlegen? Welchen Reiz es hat, eine alte Serie nochmal zu schauen hatte erst kürzlich Leonie in ihrem Kommentar dazu festgehalten. Wie schaut es bei euch aus? Vermisst ihr die witzigen und beschwerdefreien Sitcoms auch?
Bilder: CBS | ABC | Amazon
Der Kommentar spricht mir aus der Seele… Ich vermisse neue Sitcoms immer mehr.
Leider sehe ich da auf kurze Sicht absolut keine Besserung. Mehr als Dramedy wird einem an Humor kaum noch geboten.
Wirklich verstehen kann ich es allerdings nicht, da ja nun wirklich viele Sitcoms enormen Erfolg hatten und auch jetzt noch sehr beliebt bei den Streamingdiensten sind.