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Wieso Folgen nach und nach gezeigt werden sollten

Komplett-Veröffentlichungen von Serien sind scheiße!

25. Februar 2015, 15:07 Uhr
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Eigentlich möchte man uns ja etwas Gutes tun. Übermorgen „startet“ die dritte Staffel von House of Cards auf Netflix (bzw. bei uns auf Sky). Und endet auch sofort. Denn die kompletten 13 Folgen werden in einem Rutsch zum Stream angeboten. Die digitale Welt macht es möglich.

Vermeintlich tolle Innovation

Es ist auch total zuvorkommend, dass das an einem Freitag passiert. Da hat man doch das komplette Wochenende Zeit. Am besten den Sonntag gar nicht erst aus dem Bett steigen, etwas Essen ins Zimmer bestellen und die etwa 12 Stunden am Stück reinziehen. Binge-Watching ist ja eh medialer Volkssport, wieso ein richtiger Marathon, wenn es auch mit Pizza und Limo vom heimischen Sofa aus geht? Und niemand muss mehr Warten zwischen Folgen, direkt kann die nächste angeschaut werden, Handlungen werden nicht durchbrochen, ein „letzte Episode bei House of Cards…“ wird unnötig – ist ja erst ein paar Minuten her.

Zerstörung der Serien-Kultur

Doch all diese Vorteile lasse ich lediglich für das Aufholen von Serien gelten. Das Anschauen einer „alten“ Serienstaffel sollte komplett möglich sein. Nicht unbedingt am Stück, aber wenn man eben innerhalb weniger Tage mehrere Folgen schauen möchte – bitteschön! Für das Erlebnis einer Erstausstrahlung ist diese neumodische Art der Komplett-Veröffentlichung absolutes Gift.

Stichwort Dramaturgie. Wir alle kennen die grandiosen Cliffhanger und Diskussions-Starter, die vor allem viele Drama-Serien der neuen Zeit aufgebracht haben. Dieses neugierige Verlangen danach, zu wissen, wie es weiter geht. Aber eben auch gepaart mit den eigenen Gedankenspielen. Warum könnte XY das getan haben? Was könnte als nächstes passieren? Nicht nur wird die eigene Fantasie bei einem 15-Sekunden-Countdown bis zur nächsten Folge nicht wirklich entfaltet, zum anderen braucht es auch mal Zeit zum Verdauen, zum Reflektieren. Nein, damit ist nicht der Gang zum Klo gemeint. Große Serien schaffen es, über mehrere Wochen und Monate eine Präsenz aufzubauen, ein wöchentlicher Begleiter zu werden. Oder gar ein Ritual.

Stichwort Soziales. Gerne werden Serien ja auch zusammen geschaut. Gesellschaftliches Happening, Non-public-Viewing, Westeros-Abend. Bei so einer Direktveröffentlichung sämtlicher Folgen ist derjenige Gesegnet, der einen Lebenspartner besitzt, der auch besessen davon ist und es mit einem durchzieht. Und, wer schlichtweg massig Zeit hat. Aber verlässt man das Haus (oder surft im Netz), wird es schwer, sich mit anderen über die aktuellen Geschehnisse zu unterhalten. „Ach, du bist erst bei Folge 4? Dann lassen wir das lieber“. Von der allgegenwärtigen Spoiler-Gefahr mal ganz zu schweigen. Selbst wenn man sich mit Kollegen abspricht, wöchentlich eine Folge zu schauen, dürfte das bei derart prominenten Serien durchaus schwierig werden, dem zu entgehen.

Side-Note: Ich habe es ja mal mit Freunden geschafft, die komplette letzte Staffel von Entourage erst auslaufen zu lassen und dann gemeinsam in Bulgarien zu schauen. Cooles Happening!

So wird aber irgendwie dann doch jeder sich selbst überlassen. Klar, im April oder so kann man dann mit jedem darüber sprechen – aber dann ist es auch schon ein alter Hut, Game of Thrones ist da und ja, irgendwie fand es vermutlich jeder total toll, wirklich mit anderen teilen konnte man das Erlebnis aber nicht. Fast so bescheuert, als würde man zum Auftakt einer Serie im Fernsehen direkt parallel zur ersten Folge die komplette Staffel auf DVD raus bringen. Upps, ProSieben, habt ihr das nicht mit Stromberg damals gemacht? Dämlich.

Abschließend möchte ich euch noch einen Gedanken auf den Weg geben. Statt, dass ihr Binge-Gucker nun drei Monate Unterhaltung, Gesprächsstoff und dieses gewisse Kribbeln der Vorfreude zu spüren bekommt, dürft ihr nach eurem Marathon nun etwa 364 Tage auf die nächste Staffel warten. Glückwunsch!

Beitrag von:
Mittwoch, 25. Februar 2015, 15:07 Uhr
Kommentar
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8 Kommentare

  • Schöner Artikel und ich teile Deine Meinung.

    Auch wenn es manchmal schon hart ist eine Woche zu warten. Gerade jetzt bei „Better Call Saul“. Aber dann kommen die von dir genannten Effekte. Man freut sich richtig auf die nächste Folge, spricht mit Kollegen über die Aktuelle und ich für meinen Teil habe schon das Dienstags Ritual: 21:00 Uhr: Fernseher an, Whisky auf dem Tisch, Chips in die Schüssel und Zigarette an :D

  • Uli

    Ich finde das auch einen ganz komischen Trend, es wirkt auch irgendwie so lieblos hingeworfen. „Da habt ihr’s, wir sehen uns nächstes Jahr wieder“.

    Leider lassen sich beispielsweise auch das ZDF von diesem Trend anstecken, anscheinend ist alles was Netflix macht automatisch sinnvoll und auf andere Märkte anwendbar. Selbst denken ist wohl nicht mehr angesagt…

    • In Deutschland ist Programmplanung ja noch einmal ein ganz anderes (unverständliches) Thema. Wie da teils mit Inhalten umgegangen wird, ist mehr als fraglich. Selbst die Free-TV-Premiere eines Game of Thrones hat man hingerotzt… :/

  • Ich muss dir da vollkommen zustimmen! Das ist vollkommener Mist wenn eine neue Serie (bzw. Staffel) komplett veröffentlicht wird. Die Diskussionen über die vergangene Folge machen die Serien mMn immer noch ein Stück interessanter, klingt komisch, ist aber einfach so oder?

    Bzgl. Stromberg und Prosieben, „eigentlich“ sollten die überhaupt keine Serien mehr ausstrahlen dürfen. Wenn ich da gerade nur einmal an das Chaos mit Lost denke, kommt mir die Galle hoch.

  • lu

    Ich finde es immer gut, wenn ich selbst entscheiden darf wann und wie viel ich kucke!! Das braucht mir niemand vorschreiben.
    Außerdem muss in diesem Falle für House of cards nur 1 Monat Netflix bezahlen und nicht drei.
    Wegen Soaul Goodman derzeit doch 3 Monate ;-)

    • Wie gesagt, für einen Einzelnen vielleicht ganz nett, in der Gruppe/Gesellschaft aber scheiße. Und auch so kannst du für dich ja bei einer „normalen“ Serie sagen „Ich warte, weil ich mehrere hintereinander schauen möchte und nur 1 Monat zählen möchte“. Wirst ja zu nichts gezwungen. ;)

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