Bitte lest diesen Artikel nur, wenn ihr auch wirklich die aktuelle Folge geschaut habt:
Wer mein Review zur Folge „Breaker of Chains“ gelesen hat, wird sich vielleicht geärgert haben, dass ich die Folge nicht so großartig fand wie sie nach Meinung vieler eigentlich war, oder aber, dass ich mich sehr auf die Hintergründe des Anschlags auf Joffrey konzentriert habe. Einen Aspekt habt ihr bei mir aber nicht gefunden und zwar eine Anmerkung zur Szene, in welcher Jaime mit Cersei Sex hat und dieser Sex doch sehr nahe an eine Vergewaltigung heran reicht, wenn nicht sogar eine ist. Das fand ich natürlich im Sinne einer Vergewaltigung gar nicht toll, für die Story hat es mir aber auch nicht viel gegeben. Für mich war es einfach nur ein weiterer, eher unbedeutender, Baustein der verqueren Beziehung der beiden und aus dem Grund bin ich darauf auch nicht weiter eingegangen. Man bedenke dabei auch, dass es derartige Szenen auch bereits in der ersten Staffel gab – die Vergewaltigung von Daenerys Targaryen. Es insofern ein wenig überraschender Erzählbaustein innerhalb dieses mittelalterlichen Fantasy-Universums.
Umso mehr verwundert es mich, dass immer mehr Artikel, vornehmlich in US Medien oder Blogs, auftauchen, welche die Szene mit Cersei und Jaime heftig verurteilen. Zugegeben, der Kommentar von Alex Graves, Regisseur der Folge, hat dem Aufruhr Nahrung gegeben, da er sagt, dass es am Ende einvernehmlicher Geschlechtsverkehr sei. Dass man sich über diese Aussage aufregt sei jedem vorbehalten, die Kritik macht dort jedoch nicht halt, denn darauffolgend wird nun die gesamte Szene als Verharmlosung von Vergewaltigungen im Allgemeinen verstanden bzw. sogar als negativer Einfluss auf die gesamte Gesellschaft gesehen.
Wer von der aktuellen Debatte noch nichts mitbekommen hat, hier ein paar exemplarische Zitate und Links:
the scene’s reception speaks to some fundamental truths about our society’s failure to clarify what constitutes a consensual sexual relationship in the first place
It reinforces an idea that is already terrifyingly pervasive in our society
Ich kann diese Fundamentalkritik einfach nicht verstehen. Jede Woche ergötzen wir uns an Lügen, Intrigen, den schlimmsten Morden – ich erinnere an Red Wedding, in der eine schwangere Frau mit Messerstichen in ihren Bauch getötet wurde – und wir freuen uns über die ach so tolle Geschichte und loben den Einfallsreichtum des Autors. Jetzt gibt es eine Szene, die eine Vergewaltigung darstellt und wir regen uns auf? Ganz ehrlich, wer an dieser Stelle die Moral für sich gepachtet hat und meint, hier höre der Spaß auf, der hat meiner Meinung nach seine Game of Thrones Lizenz auf Lebenszeit verloren und bekommt den Orden der Doppelmoral verliehen. Argumente wie „im Buch war das anders“ ändern daran nichts.
Und selbst wenn man diese Szene im Sinne der Story sogar gut und hilfreich finden würde, was ist denn mit all den vorherigen Ereignissen? Bedeutet dies also, dass man auch für die omnipräsente Prostitution in der Serie einsteht und auch im realen Leben toll findet? Die Todesstrafe? Oder befürwortet man dann auch Kriege aus dem einzigen Grund der Machtgewinnung? Mag man also auch foltern und das Abtrennen von Körperteilen? Nein, natürlich nicht.
Im gleichen Maße wie ich in der Lage bin, Spaß an einem gewalttätigen Computerspiel zu haben, ohne selbst Amok zu laufen, kann ich auch eine intelligente, aber auch brutale Serie sehen, ohne dass ich mir die Verhaltensweisen aneigne.
Bevor mich aber jemand falsch versteht, mit meiner Kritik an der Kritik meine ich natürlich nicht die unpassenden Kommentare, die im Zuge der oben genannten Artikel leider auch erschienen sind, in welchen Meinungen wie „sie wollte es doch auch“ genannt werden.
So und jetzt lasst uns wieder Spaß an der Serie haben.
Ich fand die Szene auch nicht wirklich schlimm, aber einmal mehr eine unnötige Überhöhung der Buchvorlage. Dort ist Robbs Frau weder schwanger noch stirbt sie auf der Red Wedding (sie ist gar nicht dabei), Joffrey ist zwar ein Sadist, wird dadurch aber nicht sexuell erregt, Theon verliert einige Körperteile aber nicht seinen Penis, es gibt keine Kannibalen unter den Wildlingen, der Sex zwischen Jaimie und Cercei ist klar einvernehmlich usw.
Mir ist nicht ganz klar was dieser Spinn von düster zu „ultradüster“ bewirken soll, die Serie wird dadurch jedenfalls nicht besser. Vielleicht sehen das inzwischen immer mehr Zuschauer so und wünschen sich eine stärkere Besinnung auf die eigentliche Geschichte. Beispielsweise treibt sich Prinz Oberyn nun schon gefühlte Stunden in einem Bordell rum, offensichtlich vor allem um wieder jede Menge nackte Tatsachen zu präsentieren. Hier übertreiben es die Autoren für mich und verlieren den Fokus auf das Wesentliche.
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