Okay, auch wenn wir es in gewisser Weise in unseren letzten Beiträgen vorausgesagt haben – unsere Entscheidung war’s natürlich nicht: Die „Lindenstraße“ wird nach 34 Jahren eingestellt. Dazu hat sich die Fernsehprogrammkonferenz der ARD gerade entschieden. Die letzte Folge wird nach der letzten Verlängerung im März 2020 laufen.
Volker Herres als Programmdirektor erklärt die Entscheidung so:
Diese Entscheidung hat sich die Fernsehprogrammkonferenz der ARD nicht leicht gemacht. Denn die „Lindenstraße“ ist eine Ikone im deutschen Fernsehen, die uns seit Jahrzehnten begleitet. Sie ist Spiegelbild der Geschichte und Entwicklung unserer Republik. Sie hat Akzente gesetzt, die prägend bleiben werden – ein Verdienst engagierter, leidenschaftlicher Macher. Doch wir müssen nüchtern und mit Bedauern feststellen: Das Zuschauerinteresse und unsere unvermeidbaren Sparzwänge sind nicht vereinbar mit den Produktionskosten für eine solch hochwertige Serie. Hans W. Geißendörfer hat als Vater der „Lindenstraße“ Fernsehgeschichte geschrieben. Ihm und seiner Nachfolgerin Hana Geißendörfer sowie allen Mitwirkenden gelten unser Respekt und unser Dank. Und noch ist ja nicht Schluss: Wir versprechen allen Zuschauern und treuen Fans bis 2020 noch viele interessante Folgen und ein fulminantes Finale.
Zuletzt hatten sich mit Michael Meisheit der Chefautor und Darsteller-Urgestein Joachim Hermann Luger bereits zwei langjährige Akteure im Zusammenhang mit der „Lindenstraße“-Produktion verabschiedet. In unserem Kommentar hatten wir den zuletzt sehr nachlässigen Umgang der ARD mit der Serie kritisiert: Desöfteren war die Serie ausgefallen oder verschoben worden, zudem wurde eine Sommerpause eingeführt. Jetzt kommt also das endgültige Ende, das Jörg Schönenborn als verantwortlicher WDR-Fernsehdirektor so erklärt:
Die Produktionsfirma der „Lindenstraße“ reagierte bestürzt auf das beschlossene Ende. Hans W. Geißendörfer und Hanna Geißendörfer erklärten:
„Lindenstraße steht für politisches und soziales Engagement, für Meinungsfreiheit, Demokratie, gleiche Rechte für alle und Integration, was in Zeiten von Rechtsruck und Ausländerfeindlichkeit wichtiger ist denn je. Wir sind bestürzt und können nur unser Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass die ARD es offenbar nicht mehr als ihren Auftrag sieht, die Serie fortzusetzen, zu deren Kern es gehört, diese Haltung zu vertreten.“
Auch der langjährige Chefautor Michael Meisheit, mit dem wir schon einmal ausführlich über die Lindenstraße gesprochen habe und den wir auch schon im Facebook Live-Chat hatte, äußerte sich auf Facebook zum Ende der Serie:
„Die ARD hat beschlossen, die „Lindenstraße“ einzustellen – im Frühjahr 2020. Als Fan der Serie und auch als klar denkender Mensch kann ich nur überrascht sein von dieser Entscheidung. Als langjähriger Autor leider nicht – dafür habe ich in den letzen Jahren meiner Arbeit dort einfach zu viel Lieblosigkeit bis hin zu Sabotage durch den Sender erlebt. Auch wenn ich selbst vor knapp zwei Jahren für mich die Entscheidung getroffen hatte, meine Arbeit als Autor zu beenden, um mich neuen Herausforderungen zu stellen, macht mich diese Nachricht traurig und wütend. Traurig vor allem für meine Kolleginnen und Kollegen, das ganze Team und den Cast, vor allem für Hans und Hana Geißendörfer. Wütend, weil es auf extreme Weise zeigt, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen als eigener Totengräber unterwegs ist. Die ARD (und natürlich auch das ZDF) könnte frei von Quotendruck mit dem vorhandenen Geld wunderbare, aus der Reihe fallende, gewagte oder auch einfach nur gute Sendungen produzieren – sie machen es faktisch immer weniger. Nun verabschieden sie sich auch noch von einer ihrer bekanntesten und profiliertesten Marken, die eben anders ist als andere Serien. Ein Wahnsinn.“
Der ehemalige Benny Beimer-Darsteller Christian Kahrmann, den wir mal in dessen Berliner Café besucht hatten, sagte laut bild.de:
„Ich bin vor 25 Jahren aus der ,Lindenstraße‘ ausgestiegen. Die Nachricht, dass die Serie jetzt bald endet, macht mich traurig und hat mich geschockt. Aber ich denke, das sind die Zeichen der Zeit. Die Sehgewohnheiten der Menschen haben sich einfach stark verändert.“
Das wird meiner Mutter gar nicht gefallen.
BBC: „Danke für eure Rundfunkgebühren. Hier! Doctor Who! Poirot! Sherlock! Orphan Black! Poldark! Episodes! Haufenweise hochwertige Produktionen!“
ARD: „Danke für eure Rundfunkgebühren. Wir machen nicht viel, aber haben jetzt auch kein Geld mehr für die Lindenstraße.“
Immerhin haben sie Sherlock gekauft… ;-)
Sehr gute Artikelbild-Auswahl! :)
Wir protestieren weiter! Nach zwei Demonstrationen in Köln wird es am 19.10. einen Protest- und Trauermarsch in Berlin geben. Start 14 Uhr Washingtonplatz.
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