Wie Ihr es von uns gewohnt seid, gibt es natürlich auch im Serienjahr 2024 wieder persönliche Jahresrückblicke der Redaktion. Ich starte mal wieder, und ich muss sagen, dass mir die Auswahl wieder sehr schwer gefallen ist – weil es vor allem im Bereich Drama so viele starke Serien gegeben hat. Was ich beim Durchsuchen meiner Aufzeichnungen festgestellt habe – das 1. Halbjahr hatte deutlich mehr Highlights zu bieten als Halbzeit 2 des Serienjahres. Aber halten wir uns nicht lange mit Statistiken auf – gehen wir hinein in den ersten Jahresrückblick des Jahres 2024 – hier kommen meine Serien-Highlights der zurückliegenden 12 Monate.
Most AWESOME Drama: „Die Zweiflers“
Kommen wir gleich zur schwierigsten Kategorie aus meiner Sicht – einfach weil es so viele starke Drama-Serien gegeben hat in diesem Jahr. Für mich ganz vorne mit dabei – die deutsche Produktion „Die Zweiflers“ über eine jüdische Familie aus Frankfurt, die in so ziemlich allen Generationen der Familie so ihre Probleme hat, sich zurecht zu finden. Nirgendwo so richtig zu Hause, überall mit Vorurteilen, aber auch mit den eigenen Ansprüchen konfrontiert, versuchen die Zweiflers, ihren Weg zu gehen. „Die Zweiflers“ kritisiert und ehrt dabei gleichzeitig die Eigenarten, Marotten und Gedanken im Judentum. Sie nimmt sich Zeit, die Bräuche zelebrieren zu lassen, und wir stehen die ganze Zeit direkt dabei, erleben und lernen. Dabei überdreht die Serie an fast keiner Stelle, sondern integriert uns sorgfältig in die jüdische Frankfurter Familie, so dass wir uns schnell mit Samuel und Symcha, Lilka und Jackie sowie all den anderen identifizieren – eine starke Leistung in nur sechs Folgen. Mehr dazu gibt’s hier in meinem Serientipp – und 2025 hoffentlich auch in der ARD Mediathek, denn eine zweite Staffel ist angekündigt.
Weitere Empfehlungen meinerseits in dieser Kategorie: „Aus Mangel an Beweisen“ auf Apple TV+, ein starkes Gerichtsdrama aus des Experten für Anwaltsserien, David E. Kelley, dazu aber in der Neustarts-Kategorie mehr. Auf dem Crime-Sektor fand ich „Irvine Welsh’s CRIME“ richtig stark, außerdem natürlich die neue Staffel von „Slow Horses“ sowie Staffel 4 von „True Detective: Night Country“. Gefallen hat mir auch Staffel 5 von „Fargo“. Aufgeholt habe ich die beiden Serien „PÖRNI“ und „Mayor of Kingstown“, stecke aber bei beiden noch mittendrin. Ein Serien-Highlight war definitiv auf „Ripley“, die Serie wird aber sicher der eine oder andere in den kommenden Serienjahr-Beiträgen noch ganz oben auf der Liste haben, von daher spare ich mir das hier. Ein Tipp aus dem Frühjahr ist noch „House of Ninjas“, und natürlich „The Bear“. Wobei es hier ja immer die Diskussion gibt, ob Drama oder Comedy. Und damit kommen wir auch schon zur nächsten Kategorie…
Most AWESOME Comedy: „Noch nicht ganz tot“
Hier hätte ich wie im Vorjahr „Tulsa King“ nach ganz oben setzen können, ich fand aber Staffel 2 nicht so überzeugend wie die Premierenstaffel. Sehr unterhaltsam ist auch Staffel 2 von „Shrinking“, außerdem habe ich die beiden Staffeln von „Hacks“ schätzen gelernt. „Loudermilk“ habe ich noch aufgeholt, außerdem war mir die Serie zu alt für die Top-Platzierung. Also „Noch nicht ganz tot“; der Ansatz der Serie: Nell Serrano kann Tote sehen. Ja, keine neue Idee, hier aber ganz charmant gemacht, weil sie immer jene Menschen sehen kann, zu denen sie für die örtliche Zeitung einen Nachruf schreiben soll. Das ist natürlich ganz spannend, weil sie dadurch, dass sie mit den Toten auch sprechen kann, sehr viel Persönliches über sie erfährt und entsprechend emotionale Nachrufe schreiben kann – damit hat sie Erfolg. 2 Staffeln gibt’s davon, leider ist die Serie in diesem Jahr dann abgesetzt worden. Lohnt sich aber trotzdem, wie man in meinem Serientipp nachlesen kann.
Most AWESOME SciFantasy: „House of the Dragon“
Überraschend wenig passierte in diese Kategorie, so dass Staffel 2 von „House of the Dragon“ im Prinzip ein Selbstläufer war. Im Gegensatz zu vielen anderen fand ich das ruhige Auslaufen der 2. Staffel übrigens großartig – ich freue mich schon auf Staffel 3.
Und klar, es gab ja noch „Star Wars: The Acolyte“ und „Star Wars: Skeleton Crew“, aber zumindest die erste der beiden Serie musste ich leider in einer anderen Kategorie unterbringen, siehe unten.
Most AWESOME Animiert: „Star Trek: Lower Decks“
Die Kategorie haben wir sonst nicht dabei, glaube ich, aber mir haben die beiden Serien „Star Trek: Lower Decks“ und „Star Wars: The Bad Batch“ so gut gefallen, dass ich sie in meinem Rückblick nicht unerwähnt lassen wollte. „Star Wars: The Bat Batch“ hat ein überzeugendes Finish geliefert, derweil ich mit „Star Trek: Lower Decks“ richtig warm geworden bin und aktuell Spaß an Staffel 5 habe.
Most AWESOME Neustart: „Aus Mangel an Beweisen“
In die Kategorie Hochglanz-Serie fällt definitiv „Aus Mangel an Beweisen“ – extrem hochwertig produziert, inhaltlich und dramaturgisch überzeugend, dazu ein starker Cast, und Serienschöpfer David E. Kelley, der sich ja gerade mit Anwalts- und Gerichtsserien einen Namen gemacht hat. Stilprägend mit „Ally McBeal“ und „Boston Legal“, später überzeugend mit „Goliath“ und „The Undoing“, dazu sehr melodramatisch mit „Big Little Lies“, hier ein wenig von der rechtlichen Schiene abschweifend und mehr in Richtung Familiendrama orientiert. Aus dieser Ecke kommt Kelley auch bei „Aus Mangel an Beweisen“, kommt dann aber sehr schnell und konzentriert auf den eigentlichen Fall und – noch besser – auf die Verhandlung dessen. Was mir bei „Big Little Lies“ ein bisschen zu kurz kam, lebt Kelley hier in vollen Zügen aus – und brilliert für meinen Geschmack endlich wieder als Erzähler eines spektakulären, verwinkelten, intensiven Falls vor Gericht.
Größte Überraschung: „Undercover im Seniorenheim“
Zunächst einmal muss ich mich beim ZDF entschuldigen – ich habe ja öfter schon behauptet, bei den Mainzern müsse man sich wohl für besonders banale Serientitel verantwortlich fühlen. Den Vogel hat jetzt allerdings Netflix abgeschossen, mit dem todlangweiligen Titel „Undercover im Seniorenheim“, im Original viel besser „A Man on the Inside“. Ich hab‘ die Comedy relativ schnell ins Herz geschlossen, natürlich dank des großartigen Ted Danson in der Hauptrolle, aber auch, weil die Serie nicht nur Witziges, sondern auch Ernstes kann. Hat Spaß gemacht, bei den Ermittlungen im Seniorenheim dabeizusein, und mein Tipp an alle lautet – lasst Euch vom Titel nicht abschrecken, das ist eines der Serien-Highlights des Jahres.
Außerdem eine Überraschung aus dem Frühjahr: Die britische Krimi-Serie „Annika – Mord an Schottlands Küste“. Worum geht’s? Detective Inspector Annika Strandhed ist nach Glasgow zurückgekehrt und übernimmt bei der Glasgow Marine Homicide Unit zum ersten Mal in ihrer Karriere eine Führungsaufgabe. Es begleiten sie leise Zweifel, ob sie der Herausforderung gewachsen ist. Ausgestattet ist sie mit einer unorthodoxen Art sowie einem skurrilen Sinn für Humor. Woran die alleinerziehende Mutter noch arbeiten muss, ist das Jonglieren zwischen Beruf und Privatleben – nicht zuletzt, da ihre schlaue, aber schwierige Tochter Morgan über den Umzug nach Glasgow nicht gerade erfreut ist. Die Story entwickelt sich dann über 2 Staffeln, und die Serie überzeugt nicht nur mit interessanten Fällen, sondern auch mit starken Dialogen und einigen bemerkenswerten Einfällen – zum Beispiel dass die Hauptfigur desöfteren die vierte Wand durchbricht und zu uns Zuschauer:innen spricht. Ich mag’s, hoffentlich kommt noch Nachschub.
Größte Enttäuschung: „Star Wars: The Acolyte“
Gut gefüllt ist die Enttäuschung-Kategorie bei mir. „Star Wars: The Acolyte“ ist leider weit, weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, und ich bin mal gespannt, ob es „Star Wars: Skeleton Crew“ besser macht. Der aktuelle Eindruck nach 4 Folgen: Fühlt sich besser an, aber nicht nach Star Wars.
Ebenfalls enttäuschend: Die 2. Staffel von „Wolf like me“ – klassischer Fall von „Hätten Sie es doch bei der einen Staffel belassen“. Stark begonnen und stark nachgelassen hatte für meinen Geschmack die australische Produktion „Boy swallows Universe“ – da wäre mehr drin gewesen.
Das gilt auch für die beiden deutschen Produktionen in dieser Kategorie, „Perfekt verpasst“ mit Anke Engelke und Bastian Pastewka sowie „TESTO“ mit Kida Ramadan – bei letzterem hatte man wohl einen tollen Einfall, wusste dann aber mal so gar nicht, wie man’s umsetzen und zu Ende bringen sollte.
Most AWESOME Episode: „Trying“ S04E01 – „The Send-Off“
Ganz klar Folge 1 der vierten Staffel der Apple-Serie „Trying“. Die Auftaktfolge spielt die ganze Zeit damit, dass eine der Hauptfiguren gestorben ist, und in jeder neuen Szene vermutet man eine andere Person, bis es entsprechend aufgelöst wird. Das ist richtig gut gemacht, ebenso der weitere Verlauf der Folge mit der Trauerfeier, dem „Trauer“-Kaffeetrinken und dem Dialog zwischen Jason und seinem Vater. Stark auch: Am Ende der Staffel wird das Thema Tod nochmal aufgegriffen, aber – im Stile dieser großartigen Serie – perfekt aufgelöst. Die nächste Staffel kann kommen.
Most AWESOME Scene: „Carl Hiaasen’s Bad Monkey“
Im Prinzip sind’s mehrere Szenen, und zudem welche, die gar nicht zur eigentlichen Serie gehören. Denn vor jeder Folge von „Carl Hiaasen’s Bad Monkey“ auf Apple TV+ gibt es immer einen Rückblick auf die Folge davor, und diese Rückblicke sind richtig witzig getextet und geschnitten. Snst skippe ich ja gerne Rückblenden – hier lautet aber die definitive Empfehlung: laufen lassen!
Most AWESOME Character: Derek aus „Shrinking“
Schon in Staffel 1 war Derek mein Favorit in „Shrinking“, und in Staffel 2 setzt sich das ganz eindeutig fort. In Staffel 1 hatte er wirklich ganz wenig Screentime, die er aber immer witzig bis absurd gefüllt hat. Anfang der 2. Staffel macht er so weiter, dann entwickelt die Autoren der Serie Derek aber weiter, er gerät sogar in den Fokus der Handlung für einige Momente, worauf ich mich immer richtig freue. Und nicht nur die Autoren setzen ihn gut in Szene, sondern auch Darsteller Ted McGinley, der eine Paraderolle für sich gefunden zu haben scheint.
Most AWESOME Quote: „Annika – Mord an Schottlands Küste“
Ich bemühe ich nochmal die gute Annika aus der gleichnamigen Serie. In einem ihrer Kommentare an uns Zuschauer:innen meint sie an einer Stelle: „Ich konnte schon ein Boot steuern, bevor ich laufen konnte. Nein, das ist quatsch. Ich konnte ein Bild von einem Boot malen, bevor ich laufen konnte.“ Mochte ich irgendwie.
Nachzuholen im Jahr 2025
Oh, da gibt es einiges, denke ich. „Silo“ müsste ich mir mal vornehmen, von „PÖRNI“ möchte ich weitere Staffeln sehen, bevor es mit der 5. Staffel weitergeht, dann sollte ich vielleicht doch mal mit „Der Herr der Ringe“ anfangen. „Shogun“ habe ich noch auf der Watchlist, außerdem „The Brothers Sun“.
2025 freue ich mich auf…
Auf jeden Fall „Star Wars: Andor“, und ich hoffe wirklich, dass die 2. Staffel daran anknüpfen kann, was Staffel 1 abgeliefert hat. Sicherlich das Serien-Highlight aus dem Star Wars-Universum. Ansonsten sollte ja „Star Trek: Strange New Worlds“ weitergehen, außerdem ein neuer Fall bei „Slow Horses“. Und bestimmt ist auch wieder die eine oder andere Überraschung dabei, die man jetzt nicht so auf dem Zettel hat. Das Serienjahr 2025 kann starten – ich bin bereit.
Kommentiere