Seit ungefähr drei Wochen ist nun schon mehr oder weniger Zuhause-Bleiben angesagt und die Zuschauerzahlen auch beim linearen Fernsehen sind entsprechend gestiegen, denn auch wenn es den Anschein hat, noch hat nicht jeder Deutsche ein Streamingdienst-Abo. Immer mehr Menschen, kleine wie große, sitzen also nicht nur immer länger, sondern auch zu anderen Zeiten als vorher vor dem TV, die Fernsehsender, möchte man meinen, müssten sich doch die Hände reiben und die Köpfe zerbrechen, wie man das Programm gestalten kann, was man dem Zuschauer bieten kann, damit er vielleicht nicht nur kurz-, sondern auch langfristig wieder Gefallen am Fernsehen findet.
Was für eine Chance! Doch mehr als den gemeinsamen Hashtag #WirbleibenzuHause, auf dessen sinnvollen Einsatz mit Sicherheit jeder Fernsehschaffende selbst in seinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt hätte, scheint bisher vor allem bei den Privaten nicht dabei herausgekommen zu sein. Stattdessen: Wiederholungen, kopierte Formate, vor allem tagsüber ist es kaum zu ertragen.
Simpsons, Simpsons und dazwischen Simpsons
ProSieben geht mit schlechtem Beispiel voran. Samstags laufen zwei bis drei Folgen pro Sendung, von „The Big Bang Theory“ über „Eine schreckliche Familie“ bis zum Spitzenreiter „Die Simpsons“, in deren Genuss man bis zur Prime Time ganze vier Stunden lang kommen kann. Nicht am Stück, Gott bewahre, zwischen Folge vier und fünf darf Charlie Sheen mit seinen anderthalb anderen „Men“ fünfmal ran, wer tut sich das denn bitte an? Sonntags geht es nicht unbedingt abwechslungsreicher weiter, dreimal „Galileo“, dreimal „Crash Games“, weitere Comedy-Serien, dann „taff“, wieder die „Simpsons“ (diesmal nur zwei Folgen), nochmal „Galileo“ und dann irgendein Film, eine Wiederholung in der Regel, natürlich. Das ist das WOCHENEND-Programm eines Wochenendes, an dem fast ganz Deutschland quasi per Befehl der Regierung auf dem Sofa gammeln und in die Glotze schauen muss. Soll das alles sein?
Wer denkt, es sei unter der Woche besser, irrt natürlich. Auch hier ist ProSieben besonders einfallslos. Viermal „How I met your mother“, dreimal „Two and a half men”, zweimal “The Middle”, danach noch insgesamt sieben Folgen (!) „The Big Bang Theory“. Ja klar, ProSieben ist die Comedy- und Sitcom-Hochburg, aber sind ein Lifestyle- sowie ein „Wissens“-Magazin und eine Late Night Show wirklich genug alternative und noch nicht x-fach wiederholte Inhalte für einen Tag, um damit nicht noch mehr Zuschauer in die Arme der Streamingdienste zu treiben? Das ist ja nun nicht erst seit Corona so. Und wenn nichts vernünftiges Neues produziert werden kann, wieso kramt man dann nicht mal etwas tiefer in alten Filmrollen, als das gleiche durchzunudeln, was man schon seit Jahren durchnudelt?
Die 90er haben angerufen, sie wollen ihr Fernsehprogramm zurück
Bei Sat.1 gibt es während dessen Formate mit Fake-Polizisten, Fake-Ärzten und Fake-Anwälten und das war schon in den 90ern irgendwann nicht mehr cool. Der Moment, wenn du dann doch mal wieder fast „Big Brother“ schaust, aber halt, es gibt ja noch mehr Sender, die haben bestimmt mehr Hirnschmalz in ein quarantäne-taugliches Programm gesteckt.
*Fernsehzeitungsumblättergeräusch*
Stimme aus dem Off: Haben sie nicht.
RTL möchte am Nachmittag etwas vom Erfolg des ZDF-Formats „Bares für Rares“ abhaben und schickt dafür Leute, die etwas verkaufen möchten, der Reihe nach zu unterschiedlichen „Händlern“, von denen man unter Umständen den ein oder anderen einmal im Dschungelcamp wiedersehen wird. Wenn man Pech hat. Die Händler machen dann ein Angebot, dass der Verkäufer nicht ablehnen kann annehmen kann oder auch nicht. Das genaue Konzept erschließt sich bis zum Schluss nur schwer, der Unterhaltungswert ist ungefähr so hoch wie der, einer fremden Person beim Fußnägelschneiden zuzusehen. Wer drauf steht…
Mit „Kitsch oder Kasse“ folgt dann eine weitere Kopie von „Bares für Rares“, konzeptionell zwar etwas weiter weg vom Original, aber auch hier geht es darum, Plunder von Wertvollem zu unterscheiden. Hey RTL, ich habe eine Idee, warum produziert ihr nicht so viele Shows mit ähnlichem Konzept, dass ihr den ganzen Tag damit füllen könnt? Ich liefere euch gratis noch ein paar Titel: Krusch oder Kohle, Schrott oder Schotter, Müll oder Moneten, Bring deinen Mist und ich sage dir wer du bist… sagt Bescheid, wenn ihr mehr braucht.
Moderiert wird „Kitsch oder Kasse“ (dieser Titel ey, Wahnsinn) von Oli Geißen, dem Allrounder, wobei, eigentlich waren es vor allem Countdown-Shows mit Musik in den letzten Jahren, aber Geißen hatte im Gegensatz zu Marco Schreyl offenbar Zeit. Warum Marco Schreyl keine Zeit hatte? Weil der Marco jetzt, da Talk-Shows seit fast 20 Jahren wirklich ein für allemal ganz sicher out sind, endlich eine eigene bekommen hat. Sie heißt „Marco Schreyl“. Zum Thema Kreativität ist damit eigentlich auch schon alles gesagt.
Ich würde wirklich gern einfach mal wieder fernsehen, mich durch die Kanäle zappen, hängen bleiben, sogar während der Werbung aus Faulheit nicht wegschalten. Aber ich will mir verdammt nochmal nicht immer das gleiche und nicht die zehnte Wiederholung anschauen! Wenn schon Wiederholung, dann doch bitte etwas, was es lange nicht gab. Online geht das ja offensichtlich auch, hat ProSieben doch vor ein paar Tagen die erste Folge „Schlag den Raab“ bei YouTube zur Verfügung gestellt.
Macht sowas doch bitte auch mal im TV, bringt uns ein bisschen Nostalgie und eine Erinnerung an Zeiten, als die Welt noch in Ordnung war.
Alles richtig und wenn die Fernsehmacher sich mal zusammen setzen, kommt so ein Käse wie die „Quarantäne-WG“ bei raus. Offensichtlich will man den Streaminganbietern das Feld quasi kampflos überlassen.
Das! oder ein Martin Kotaska, der zu Hause in seiner Küche mit den vergitterten Fenstern erklärt, wie man Kartoffeln kocht (!) und an dem man sieht, WIE wichtig gutes Licht und vor allem eine gute Maske ist. Nein, danke.
Ehrlich gesagt empfinde ich das Programm von Pro7 noch 100mal besser als das von RTL, Sat1 und co.
Ich gucke lieber zum 14. mal eine Folge von TBBT oder TAAHM als auch nur eine Sekunde diese Fake-Reality-Formate.
Ansonsten stimm ich allerdings vollends zu, lineares Fernsehen schafft es absolut nicht Werbung für sich selbst zu machen.
Meine Eltern, bzw. mehr meine Mutter, zappen eigentlich nur noch durch das Free-TV-Programm und immer begleitet von dem Kommentar „Da läuft ja nur noch Mist.“
Nun komme ich – der neunmalkluge Sohnemann – daher, denkt sich, daß er die Lösung für das Problem hätte und erklärt seinen Eltern, daß man diesen Free-TV-Mist heutzutage ganz einfach mittels Pay-TV umgehen kann.
Ich mache mir mein TV-Programm quasi selbst. Also sollen meine Ellis das doch auch machen. Aber nein, Pustekuchen! Es wird nicht einfach angetestet und stattdessen wird lieber weiterhin durch den Free-TV-Mist gezappt, weiterhin begleitet von dem Kommentar „Da läuft ja nur noch Mist.“
Muß man das verstehen? :-)
Diesen Kampf habe ich auch schon oft verloren :D Aber dann TBBT „entdecken“ und abfeiern… nene, die Erzeuger leben da offenbar in ihrer eigenen Welt. Die große Bud Spencer & Terrence Hill Super-DVD Box kam allerdings gut an ;)
Oft heißt es auch „Früher liefen immer sooo tolle Filme“. Kein Problem, Mutter. Was genau denn? Eine konkrete Antwort bekommt man dann natürlich auch nicht. Aber selbst wenn ich Sissi, Westside Story und der kleine Lord auf einem Silbertablett servieren würde, würden diese höchstwahrscheinlich auch einfach ignoriert werden und es würde weiterhin heißen „Früher liefen immer sooo tolle Filme.“
Ich glaube einfach, daß mit zunehmenden Alter das Rumnörgeln einfach Spaß macht. :-)
Die Programme regen mich nur noch auf.
Nur Wiederholungen,
Kochen aus alle Kanälen, Wettkämpfe für Mensch und Tier,
wer wann…wo… besser ist. Diskussionen auf Teufel komm raus. Und das schon seit mindestens seit 2 Jahren.
Was Neues gibt es nur zu Streamen das wieder Geld kostet. Wir zahlen schon jeden Monat unseren Beitrag.
Bin sauer
M. Eigenblut
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