„Absolut großartig“ ruft die kleine, verwaiste Flora als Dani, das neue Au-Pair-Mädchen, auf dem Anwesen in Bly aufschlägt. Zu meinem Leid, ist es nicht das letzte Mal, dass ich diese Worte zu hören bekomme. Denn rechtzeitig zum anstehenden Halloweenfest hat Netflix vergangenen Freitag die Gruselserie „Spuk in Bly Manor“ ins Programm genommen. Nach „Spuk in Hill House“ soll erneut ein altes Gebäude für Schauermomente beim Zuschauer sorgen. Während mir die Vorgängerstaffel durchaus gefallen hat, will mich die Fortsetzung nicht wirklich überzeugen. Diesmal diente der Roman „Die Drehung der Schraube“ von Henry James als Vorlage. Erzählt wird die Geschichte einer amerikanischen, jungen Frau, die sich auf einem britischen Anwesen um zwei verwaiste Kinder kümmern soll. Schon bald wird sie Zeugin seltsamer, geisterhafter Erscheinungen, die sowohl in Verbindung mit den Kindern stehen, als auch mit ihrer Vorgängerin. Ein verlassenes Spukhaus mit einem nebelverhangenen See, sowie die Verlagerung des Geschehens in die 1980er sprechen eigentlich für eine vielversprechende Ausgangslage. Leider wirkt das Endergebnis eher unausgegoren auf mich.
Was ist dein Problem?
Die Serie nimmt sich ungemein viel Zeit für den Spannungsaufbau. Zwar war auch schon die Vorgängerstaffel recht ruhig erzählt, aber hier müssen erst vier Stunden vergehen, bevor sich überhaupt mal jemand in den verbotenen Flügel des Hauses wagt. Hier befindet sich nämlich jenes schreckliche Zimmer, das von keinem betreten werden darf. Dass es sich eigentlich nur um einen Raum mit abgedeckten Möbeln handelt ist dann ziemlich ernüchternd. Klar, hier haben sich einst fürchterliche Dinge zugetragen, davon ist aber beim erstmaligen Anblick nicht viel von zu sehen. Die Waisenkinder gehen mir auch relativ schnell auf die Nerven. Es vergeht wohl keine Folge in der die kleine Göre nicht „absolut großartig“ in einem nervtötenden Ton ruft oder ihr Bruder Miles irgendwas anstellt. Mal höflich wie ein Gentleman, mal völlig unverschämt wechselt der Gemütszustand des frechen Buben von Minute zu Minute. Später erklärt sich sein Verhalten, aber bis dahin verspüre ich nur den Drang ihn in den See zu schubsen. Wer jetzt auf den Originalton verweist, dem sei gesagt, dass „perfectly splendid“ genauso ätzend klingt.
Zudem muss man im Original mit anhören, wie amerikanische Schauspieler einen britischen Akzent verhunzen. Warum die Serie ausgerechnet in England spielen muss, bleibt genauso offen, wie die Tatsache, dass sie im Jahr 1987 spielt. Denn abgesehen von Telefonen mit Wahlscheibe, einer Mom-Jeans und ein paar Rollkragenpullis, die auch heute wieder getragen werden, erinnert hier absolut nichts an die 80er. Auch die Figuren sind nur mittelmäßig ausgearbeitet. Scheinbar ist jeder der vor irgendwas in seinem Leben davon läuft in Bly Manor gelandet.
Der einzige sympathische Character ist der Koch Owen, aber der kommt deutlich zu kurz für meinen Geschmack. Auch Danis Ex-Freund mit der schimmernden Brille weiß anfangs hin und wieder zu schocken, allerdings verschwindet er recht klanglos von der Bildfläche, nachdem Dani seine Brille einfach ins Feuer wirft. Und die Erzählebene will sich mir auch nicht ganz erschließen. Da spricht eine ergraute Dame im Kreise von relativ Unbekannten (ein Großteil siezt sich) neun Stunden (!) lang von langweiligen Geschehnissen in einem Haus. Als Zuschauer bekommen wir die Geschichte immer wieder aus dem Off zu hören. Eigentlich mag ich dieses Stilmittel in Serien und Filmen, aber nicht, wenn sie genau das wiedergibt, was ich sehe. Man muss mir nicht erklären, dass Miles einen Baum hochklettert – ich sehe es. Ja, die Ereignisse auf dem Anwesen sind dramatisch und traurig gewesen und erzählen im Kern von dysfunktionalen Liebesbeziehungen, aber in einer Horrorserie darf man doch etwas Grusel erwarten, oder? Und nein, dieser wird nicht dadurch erzeugt, dass man minutenlang mit der Kamera auf Laubblätter hält und Klaviergeklimper darunterlegt. Das Ganze fühlt sich für mich wie Achterbahnfahren mit 8 km/h an. Dabei rollt die Bahn immer wieder an, nur um dann wieder zurückzurattern und wieder erneut anzufahren – absolut nervig.
Bilder: Netflix
Danke für den Tip😁👍🏻
Dann werde ich nämlich diese Staffel nach hinten verschieben und mich
anderen Filmprojekten zuwenden…
Teile die Meinung absolut nicht.
Das hier liest sich eher wie “am Thema vorbei geschrieben“ weil nicht verstanden. Sorry.
Wer aufmerksam ist, merkt bald das die “ergraute“ Dame Jamie ist. Sie erzählt die Geschehnisse.
Die mittlerweile erwachsenen Kinder haben an die passierten Dinge keine Erinnerungen mehr. In dem Kreis kennen sich nur noch Owen,Henry und Jamie.
Im Original ist diese Serie besser. Auf deutsch kann es nur Käse werden.
Zumal dann die ganzen super Puns von Owen jeglichen Witz verlieren.
Die Erzählweise ist der von Hill House sehr ähnlich. Geduld!
Wer nur auf doofe, überladene Effekte und Gewalt erwartet, ist hier falsch und soll sich gerne was minderwertigesminderwertige ansehen.
Das hier war eine Ghost -und Lovestory. Natürlich für die, die dafür auch empfänglich sein wollen.
Dieser Kommentar, diese Bewertung wird dieser Show nicht gerecht. Sorry.
Nein, das ist nicht Saw 8 oder I spit on your grave, sorry.
Wie auch Haunting of Hill House behandelt Haunting of Bly Manor neben Geistererscheinungen auch die Dämonen, die die Menschen im übertragenen Sinne heimsuchen. Der Grusel springt den Zuschauer nicht laut kreischend an sondern lauert in den Winkeln und Ecken des Manors, aber auch der Psyche der Protagonisten.
Ich habe die Staffel an einem Wochenende geschaut und mich nicht eine Minute gelangweilt.
Schön, dass der Beitrag Anlass zur Diskussion gibt und für „Aufregung“ sorgt ;-)
Noch mehr als „Hill House“ ist „Bly Manor“ auf langsame Entfaltung und Minimalismus ausgelegt. Ich persönlich mag diese absolute Langsamheit, wie sie beispielsweise auch in der Serie „Rectify“ vorherrschte, sehr gut leiden.
Zudem sehe ich diese Serie weniger als Horror an, sondern eher als klassischen Grusel.
@Fabio:
Ich würde übrigens gerne mal eine Achterbahnfahrt mit 8 km/h erleben dürfen. Allein schon das Gefühl, wenn man kopfüber bei dieser Geschwindigkeit im Salto hängt anstatt durch die Fliehkräfte in den Sitz gedrückt zu werden, dürfte eine völlig neue Erfahrung darstellen. :-)
Patrick, 8 km/h ist ja mittlerweile auch gefühlt Dein Durchschnittstempo beim Autofahren. ;-)
Ach, wie gut, daß ich nur noch selten bis gar nicht mehr fahre. Da sollte das nicht mehr weiter störend sein. ;-)
Ich habe nicht gesagt, dass es mich stört! Aber ja – es stört mich. ;-) :-D
Ein „Aufreger“ soll bekanntlich auch aufregen. Warum denn nur den Verfasser und nicht auch die Leser des Beitrags!? 😜
Sehr gut gemacht! 😁 👍
Nein, das war nichts. Nach dem absolut großartigen Vorgänger leider eine ziemliche Enttäuschung.
Und habe ich das schon vor mich hingedöst, als die Sache mit dem Puppenhaus aufgelöst wurde? Oder war das irgendwann einfach kein Thema mehr?
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