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Meinen TV-Aufreger müsst ihr dieses Mal etwas augenzwinkernd betrachten. Der ernsthafte Hintergrund, weswegen die Idee zu diesem Beitrag entstand, ist nichtsdestotrotz vorhanden. Viele meiner Lieblingsserien haben irgendwie „Cops“ zum Inhalt, ob das nun toughe Kleinstadt-Polizeichefs wie in „Banshee“, harte Dorfsheriffs wie in „Tin Star“ oder echt coole, fast authentisch wirkende Kollegen wie in „Der letzte Bulle“ sind.

Vielen gemeinsam ist die Art, wie sie ihre Fälle aufklären: im Ultra-Turbomodus.

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Bleiben wir mal beim „letzten Bullen“. Da kommt morgens der Chef bzw. ab Staffel 3 die Chefin zur Türe rein, schickt Mick samt Partner irgendwo in die Prärie, weil es, wie in jeder Folge neu, wieder mal einen Mord im Revier gab. Wie es sich gehört, ist die Spurensicherung vor Ort und in weiße Ganzkörperkondome gekleidete Forensiker fotografieren schon fleißig alles Mögliche, was da so herumliegt oder -steht. Mick & Co. laufen dann da in zivil, wie es Kriminalbeamte eben so tun (was ja auch stimmt), durch den Tatort und plötzlich fällt einem von beiden irgendetwas auf, was die kleine Armada von „SpuSis“ (Kosename für die Spurensicherer) eben übersehen hat. Diese Spur ist natürlich die wichtige, relevante, fallentscheidende.

Zurück zur Dienststelle, der leitende Pathologe und zeitgleich Gerichtsmediziner und die Kriminaltechnik in einer Person (welchen Posten er wirklich inne hat, erfahren wir nie wirklich) hat natürlich auch seinen Sitz direkt im Polizeipräsidium und setzt sich auch sofort daran, diese eine Spur, den Gegenstand der den Mörder überführen wird, nach allen Regeln der Kunst zu begutachten. Gefühlte zehn Minuten später kommt er auch schon mit seinem Ergebnis zu den Kollegen der Kripo und erklärt diesen freudestrahlend, was er denn herausgefunden hat. Wir bei der echten Polizei wären schon glücklich, wenn wenigstens bei Mordfällen die Ergebnisse innerhalb von 2-3 Wochen! da wären, denn schon das wäre utopisch.

Bulle

Ein kurzer Ausflug nach Übersee sei mir vergönnt, denn nicht nur deutsche Serien, sondern auch amerikanische Vorbilder sind natürlich so „gestrickt“. Nehmen wir die Serie „Good Girls“, hier geht es u.a. um Hausfrauen, die entdecken, dass mit kriminellen Machenschaften schnell alle finanziellen Probleme vom Hals geschafft werden können. Natürlich bekommt irgendwann das FBI davon Kenntnis und nun sitzen die Detectives der Bundesbehörde unseren Mädels im Nacken. Bei einer von etlichen Durchsuchungen, dieses Mal in den Räumlichkeiten des gemeinsam betriebenen Autohauses von Beth und Dean, finden wir eine ähnliche Situation vor. Dutzende Bundesbeamte sind fleißig auf der Suche nach Beweismitteln, ihr Chef, Agent Turner, öffnet flugs die Klotüre, entdeckt sofort, dass es eine nur schlecht verborgene Lüftungsklappe in der Decke gibt, öffnet diese und findet natürlich ein extrem relevantes Beweismittel in Eigenregie.

Ich frage mich: wieso brauchen wir die Forensiker dann überhaupt, wenn sie eh nichts Relevantes beisteuern können (abgesehen von den Superhelden von CSI)? Statt 20 Forensikern sollten die Polizeibehörden nur jeweils einen fähigen Detective/Agent einstellen. Da spart Vater Staat sogar noch richtig Geld!

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Lange Rede, kurzer Sinn. Klar ist mir bewusst, dass in 45 Minuten Sendezeit einer einzigen Folge einer TV-Krimiserie nicht unbedingt viel Wert auf Realismus gelegt werden kann. Sicher weiß ich aber auch, dass gerade diese Dosis Realität, wie die Fallaufklärung wirklich funktioniert, welchen Anteil langweilige Schreibarbeiten, Dokumentationen, das Befüllen unzähliger Masken von leider nicht untereinander vernetzten Softwareprodukten, langwierige Zeugenbefragungen etc. einnehmen. Das will natürlich kein Zuschauer sehen, obwohl man so locker eine 45-Minuten-Folge leicht auf 3 Monate ausdehnen könnte. DAS wäre doch mal Reality-TV ganz im Sinne dieses Wortes.

Begleiten wir doch mal einen Kriminalbeamten wirklich bei der Fallaufklärung, sehen ihm über die Schulter, erleben mit ihm Frust und Fun gleichermaßen, sowie alle Schwierigkeiten, die das reale Ermittlerleben so mit sich bringt. Nicht nur für brave Bürger, sondern auch für alle Mitarbeiter sämtlicher Strafverfolgungsbehörden. Einschaltquotentechnisch wäre ein solches Format ein Fiasko und sicher flugs vom Bildschirm verschwunden, was natürlich für mich ein Grund für einen weiteren Aufreger wäre.

Bilder: Giphy, Sky, Netflix

Beitrag von:
Samstag, 22. August 2020, 12:24 Uhr
SerienTV
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4 Kommentare

  • Holden

    Für mich ist das eher eine gute Erinnerung daran, wie langweilig das wahre Leben in Serienform wäre. Stellt euch eine Staffel „24“ vor, in der wir nur die Computerfuzzies beim Datenauswerten betrachten und Jack Bauer ein paar Telefonate führt, bis es dann irgendwann zum Zugriff kommt, der in den meisten Fällen nicht mal als „Actionszene“ bezeichnet werden könnte. Oder eine Anwaltsserie, in der die Anwälte nur Akten wälzen, bis es zum zivilisierten Gespräch im Gerichtssaal kommt.

    Eine realistische Krimiserie, würde hauptsächlich daraus bestehen, wie die Ermittler über Jahre hinweg auf verschiedene Fälle angesetzt werden, dabei keinen Schritt weiterkommen und die meisten nie aufklären. Selbst die „True Crime“ Dokus, die momentan die Sender verstopfen, müssen auf die extra spektakulären Fälle zurückgreifen und schneiden dann das ganze unnötige Fett des nichts-passierens weg, um zu unterhalten.

    Sorry, ich kann zwar verstehen, dass die fiktionale Weltanschauung frustrierend werden kann, da die reale Welt einfach nicht so funktioniert (Wenn ich jedesmal einen Euro bekommen hätte, wenn ich in den letzten Monaten „Warum haben die noch keinen Impfstoff? Was dauert da so lange?“ hören musste…) aber wer Realismus will, soll aus dem Fenster sehen.

  • Chris
    Chris

    Dem ist nur wenig hinzuzufügen. Dieser meine „Aufreger“ stellt, wie üblich, lediglich die Verschriftung eines temporären Ärgernisses dar, subjektiv und sicherlich nicht humorfrei formuliert. Danke für den lesenswerten Kommentar dazu.

  • Alex

    Hmm – was mich eigentlich noch mehr nervt, ist das Verschieben von Ermittlungsarbeit in den digitalen Raum. Gerade bei den Serien amerikanischer Produktion geht es manchmal gar nicht mehr um die Psychologie eines Falles, um das Motiv und das drumherum, sondern der oder die niedliche, aber leicht nervige Techniknerd-Stereotypnebenrolle wertet die Info aus Datenbank xy, der Überwachungskamera, dem Mailprogramm oder was immer gerade passt aus und zaubert damit einen neuen Verdächtigen aus dem Hut oder ein Alibi oder eine spannende Drehung dessen, was Ermittler bisher vermutet hat….

    • Chris
      Chris

      Hallo Alex, danke für deinen Beitrag. Natürlich legen unterschiedliche Serien ihren Fokus auf verschiedene Bereiche von Ermittlungen, eben auch in den Bereich der sog. „Digitalen Forensik“, deren Stellenwert die letzten Jahre stark zunahm. Ohne groß auszuholen möchte ich versöhnlich formulieren: Im 21. Jahrhundert ist es nur schwer möglich, mittels guter alter (manueller) Ermittlungsmethoden zum Erfolg, der Lösung des Falles, zu gelangen. Es muss Hand in Hand mit den Kollegen der Digitalen Forensik gearbeitet werden, für den einen oder anderen Zuschauer solcher Serien ist deren Tätigkeit eben mehr oder weniger interessant zu beobachten. Suum cuique.

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