„Sollen wir heute die neue Serie mit Bastian Pastewka schauen?“ – „Klar, ist bestimmt witzig.“ – „Nee, wohl eher dramatisch.“ – „Echt?“
Ein Dialog, wie er Samstag sicher nicht nur bei mir Zuhause zu hören war, sondern auch in vielen anderen Haushalten, die darüber diskutierten, ob sie der neuen Serie „Morgen hör ich auf“ mit Bastian Pastewka im ZDF eine Chance geben wollten. Wir wollten, also gehörte eine Stunde unseres Samstagabends der Familie Lehmann aus der Nähe von Frankfurt.
Die steht nämlich im Mittelpunkt der fünfteiligen ZDF-Serie, mit der sich schon im Vorfeld die Öffentlichkeit wie bei kaum einer anderen deutschen Serie (vielleicht mal abgesehen von Deutschland 83) in den letzten Jahren intensiv auseinandersetzte. Nicht selten wurde der Vergleich zur US-Serie Breaking Bad gezogen (sogar vom ZDF selbst), was (nicht nur) Bastian Pastewka im Vorfeld wohl etwas verärgerte. Nun, ich habe Breaking Bad noch nicht gesehen, von daher muss man hier keine weiteren Vergleiche fürchten.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Die Familie Lehmann steckt in finanziellen Schwierigkeiten – was vor allem an der misslichen Lage der familiengeführten Druckerei von Familienvater Jochen Lehmann liegt. Die ist hochverschuldet und steht praktisch vor der Insolvenz. Ehefrau Julia geht für einen Mindestlohn bei einer Freundin arbeiten – was weder sie noch die freundin glücklich macht. Tochter Laura muss auf Taschengeld verzichten, Sohn Vincent beschädigt das Auto eines Rentners, Tochter Nadine kann aus geldmangel nicht auf die Klassenfahrt. In seiner Verzweiflung fängt Jochen Lehmann an, 50-Euro-Scheine in der Druckerei zu drucken. In der benachbarten Großstadt Frankfurt bringt er die falschen Fünfziger unter die Leute – bis ihm ein Kioskbesitzer auf die Schliche kommt.
So die eigentlich spannende Ausgangslage für den Fünfteiler, von der überraschend viel schon gleich in der ersten Folge auftaucht. Mir ging das ein bisschen zu schnell – von der offensichtlichen Insolvenzlage der Druckerei zum erlösenden Ausweg: Dem Drucken von Falschgeld. Klar, bei der Druckerei handelt es sich um ein traditionsreiches Familienunternehmen, aber der Weg über die Insolvenz wäre hier sicher ein logischer Schritt gewesen. Für mich war die Fallhöhe des Jochen Lehmann jetzt nicht hoch genug, als dass er gleich zu einem so drastischen Schritt greifen musste. Da hätte ihn sicher noch die Frau verlassen können (die ja eh schon ein Verhältnis hat) oder das Haus bei einem Unwetter beschädigt werden können (einen Dachschaden hat es ja eh schon). Dass er beim Aufliegen seiner Geschichte gleich von dem Kioskbesitzer eingesperrt wird, sich dann aber auch noch selbst durch ein Aufbrechen der gemauerten Wand befreien kann, war dann wieder ein bisschen zu dick aufgetragen.
Nicht überzeugt hat mich der Cast. Die Schauspieler lieferten in der ersten Folge mit Ausnahme von Susanne Wolff als Julia Lehmann und Georg Friedrich als Kioskbesitzer Damir wenig Überzeugendes ab. Die absolute Verzweiflung von Jochen Lehmann bringt Bastian Pastewka im Prinzip auch nur im Finish des Piloten rüber. Womit ich gar nichts anfangen konnte, waren die immergleichen Zwischensequenzen, die sicher eine Art Vorausschau auf die nächsten markanten Ereignisse sein sollten. Spätestens beim dritten Mal nervte es nur noch.
Gut gefallen hat mir die Symbolik in vielen Momenten und die Liebe, die im Detail steckte. Dass Jochen Lehmann beim ersten Mal doch zögert, den falschen Fünfziger auszugeben, als er ausgerechnet einen Hygieneartikel kaufen möchte, passte gut. Auch, dass es dann gegenteilig in einem abgewrackten Kiosk ein schmuddeliges Sex-Magazin (Untertitel „Tabulos gut“) zur Premiere sein muss. Auch dass er für seine schmitzigen Geldgeschäfte in die Bankenmetropole Frankfurt reisen muss, war gut angelegt. Zu den guten Details neben dem Sex-Magazin gehörte aus meiner Sicht zum Beispiel auch, dass die erfundene Kooperationsdruckerei „Wildpress“ heißt (womit Jochen Lehmann im Prinzip die Zustände in der eigenen Druckerei beschreibt), oder dass das Haustier ein Hamster ist und ständig im Hamsterrad unterwegs ist (wie Jochen Lehmann im übertragenen Sinne in seinem Leben auch).
Trotz der erwähnten Defizite: Eine Enttäuschung war die Pilotfolge sicher nicht. Es war insgesamt vielmehr ein solider Auftakt, der auf jeden Fall dafür sorgt, dass man dabeibleibt und dass auch an den nächsten vier Samstagen der Familie Lehmann eine Stunde des Samstagabends gehören wird.
Ich hätte die Folge auch inhaltlich lieber nach dem ersten („versehentlichen“) Falschgeldeinsatz beendet. Ansonsten bin ich bei vielen Sachen bei dir. Die stumpfe Wiederholung der Vorschauszene war seltsam, die hätte man doch einfach weiter entwickeln lassen können. Schauspielerisch war es eben gehobenes Deutsch-TV Niveau, teils vergleichbar mit „Pastewka“, wenn man als Zuschauer auf die nächste Pointe wartet. Gelungener Auftakt, an sich schönes Setting und an vieles gedacht. Ich freue mich auf die weiteren Folgen!
Ich würde sogar in Richtung 4 von 5 Kronen tendieren: Die genannten Kritikpunkte sehe ich zwar auch so, aber im Gesamtpaket war es eine sehr kurzweilige Unterhaltung (sprich: auf einmal war die Stunde rum) und ich wollte unbedingt weiter schauen – ein sehr gutes Zeichen für ein Serienauftakt.
Hoffentlich wird in der zweiten Folge nachgelegt.
Wir haben gestern auch geschaut, die Zwischensequenz hat einerseits etwas genervt aber dann haben wir angefangen es zu deuten was noch passieren mag, und die Sequenz veränderte sich auch innerhalb der Folge etwas.
Es war jetzt kein perfektes Meisterwerk aber am Ende saßen wir auch da und wollten weiterschauen und für eine deutsche Produktion fand ich es schon ziemlich gut.
Ja, ich glaube, diese Zwischensequenz besteht aus einzelnen markanten Momenten aus jeder der 5 Folgen, und am Ende wurde ja der Moment, in dem Jochen aus seinem „Gefängnis“ schaut, weggelassen, da in Folge 1 dann geschehen. Wird sich dann wohl so fortsetzen.
Diese „Vorschau auf später“-Sache ist ja auch nicht unbedingt komplett abseits von Breaking Bad entstanden… Finde es dennoch doof, dass es sich quasi bis auf ein Weglassen nicht verändert, bzw. so häufig gezeigt wird.
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