Von den Netflix-Preiserhöhungen der letzten Jahre kann man sich bis zu 226 Euro zurückholen, sagt die Stiftung Warentest – und hat dazu einen einfachen Musterbrief erstellt, denn jeder Netflix-Kunde verwenden kann. Hintergrund ist, dass das Landgericht Berlin letztens geurteilt hat, dass die in den Netflix-Nutzungsbedingungen legitimierten Preiserhöhungen unwirksam sind – in diesem Aufreger-Beitrag gibt es alle Hintergründe dazu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Netflix hat auch schon Berufung eingelegt, die Stiftung Warentest sieht aber gute Chancen, dass sich an dem Urteil wenig ändern wird und verspricht: Alt-Abonnenten können bis zu 226 Euro Erstattung fordern.
Preiserhöhung bei Netflix durch Nutzungsbedingungen sind unwirksam, sagt das Landgericht Berlin
Bei Netflix ist es so in den Nutzungsbedingungen formuliert: „Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“ Das sei viel zu unklar und lasse vor allem nicht erkennen, dass Verbraucher gerichtlich prüfen lassen können, ob das Unternehmen die Interessen seiner Kunden bei einer Preiserhöhung fair berücksichtigt hat, urteilte das Landgericht Berlin Ende Dezember 2021. Die Regelung benachteilige Verbraucher und sei daher unwirksam, heißt es in dem Landgericht-Urteil vom 16. Dezember 2021 (Aktenzeichen: 52 O 157/21). Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest halten die Argumentation für überzeugend und glauben, dass das für die Berufung zuständige Kammergericht in Berlin und der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen werden.
Die Folge des Landgerichtsurteils für Netflix-Abonnenten würde so aussehen: Alle Gebührenerhöhungen des Streamingdienstes würden unwirksam. Die Stiftung Warentest sagt: Wer sein jetziges Netflix-Abo abgeschlossen hat, als noch alte Preise galten, kann Erstattung der Preiserhöhung fordern. Entscheidend sei nach Auskunft der Experten aber nicht immer das erste Abo. Wer später das Abo zum Beispiel von Standard auf Premium geändert hat, müsse den Preis zahlen, der bei diesem Wechsel für das neue Abo galt.
Die Stiftung rechnet dann so: Wer bereits bis Ende 2016 sein Netflix-Premium-Abo gestartet hat, könnte jetzt bis zu 226 Euro zurückbekommen – zuzüglich Zinsen. Genau hinschauen sollte man laut stern.de im Juni 2019, Mai 2021, Juli bis Dezember 2020, und Oktober 2017. Hier gab es jeweils Änderungen bei den Preisen. Netflix-Abonnenten werden die Erstattung fordern müssen, glaubt die Stiftung Warentest, die ihrerseits schon bei Netflix nachgefragt hat, aber keine Antwort erhalten hat.
Musterbrief der Stiftung Warentest zu Rückerstattung der Netflix-Gebühren
Die Stiftung Warentest hat auf test.de für die Erstattungsforderung einen Musterbrief mit ausführlichen Hinweisen entwickelt. Die Rechtsexperten glauben: Spätestens nach Ablauf der darin vorgeschlagenen Zahlungsfrist sei Netflix in Verzug und müsse den dafür vorgesehenen gesetzlichen Zins in Höhe von aktuell 4,12 Prozent zahlen. Die Zeiträume der Preiserhöhungen sollten beim Ausfüllen des Briefes übrigens unbedingt genau beachtet werden, da sonst die Höhe der Forderungen nicht den Tatsachen entspreche. Wann sich jeweils die Preise geändert haben, lässt sich für die vergangenen zwölf Monate hier bei Netflix nachprüfen, restliche Zeiträume finden sich zum Beispiel auf der Kreditkartenabrechnung oder auf dem Kontoauszug. Die Zustellung des Briefes sollte auf dem Postweg erfolgen. Die Stiftung Warentest nennt als Empfänger „Netflix International B.V., Karperstraat 8-10, 1075 KZ Amsterdam, Niederlande“. Dort befindet sich die europäische Zentrale des US-Unternehmens. Sendungen per Mail gehen an impressum@netflix.com; für die Stiftung Warentest gilt der Brief als zugestellt, wenn der Kundenservice den Eingang der Mail automatisch oder mit einer Absage quittiert. Es sei rechtswidrig, E-Mails an die im Impressum angegebene Adresse nicht anzunehmen, schreiben die Experten.
Ein Risiko bleibt natürlich: Netflix kann Abonnenten mit alten Preisen kündigen. Diese können aber natürlich ein neues Abo zum aktuellen Preis abschließen.
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