Kiras Meinung
We did not ask for this series. But because we are here, let us talk about it.
Ich bin ein wenig hin und hergerissen, was meine Meinung zur Serie angeht. Die Pilotfolge fand ich super, die speziellen Regeln des Zeitreisens interessant und die vielen, wenn auch kurzen kleinen Horrormomente waren wirklich spannend. Doch im Verlauf der Serie kam es besonders inhaltlich zu manchen Schwankungen. Die Frage, wer J.F.K. nun wirklich umgebracht hat, zog sich zwar durch die Episoden, wurde aber mitunter ziemlich nebensächlich. Das ist einerseits irgendwie authentisch, weil ja auch für den Protagonisten Jake seine Mission in den Hintergrund rückt, sobald er Sadie kennen- und lieben lernt.
Doch damit wird auch einiges an Potenzial verschenkt. Denn – und bei diesem Punkt scheinen Tobias und ich uns einig zu sein – es werden so viele Erzählstränge angerissen, die gar nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit weiterverfolgt werden können. Hier wäre wohl oder übel eine frühzeitige Entscheidung seitens der Macherin nötig gewesen – mehr Folgen, zweite Staffel, anderer Schwerpunkt, anderes Konzept?
Aber es ist wie es ist. Die Geschichte war trotzdem unterhaltsam und hat einige Wendungen und Ereignisse hervorgebracht, mit denen man im Vorfeld garantiert nicht gerechnet hat. Am meisten hat mich da die Einlieferung und der Selbstmord Bills (George MacKays) überrascht (den ich vor kurzem übrigens erst in dem Film „Sunshine on Leith“ gesehen habe, wo er einfach plötzlich anfing zu singen – und nicht wieder aufhörte). Was mich nicht überrascht hat, ist, dass am Ende alles darauf hinausläuft, dass die Vergangenheit so bleiben muss, wie sie war … äh ist … äh wie auch immer. Butterfly Effect und so. Durchschaubar.
Was ich mir von Beginn der Staffel an für das Ende gewünscht habe? Dass – durch welche Umstände auch immer – Jake letztendlich derjenige ist, der J.F.K. umbringt. Das wäre wirklich mal ein cooles Ende gewesen, das alles auf den Kopf gestellt hätte.
Was ich für ein Ende erwartet habe? Dass Jake in die Gegenwart zurückreist, um die Reise in die Vergangenheit noch einmal anzutreten und alles zu reseten – aber dass dann Schluss ist und nicht „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“-like fünfzehn Mal das Gefühl vermittelt wird, das Ende sei erreicht. Das tatsächliche Ende war dann zwar schön, aber irgendwie auch wenig spektakulär.
Zwischendurch hat James Franco mich mit seiner aufgesetzten Art zwar genervt, aber besonders in der letzten Episode zeigt er wieder, dass man ihn vielleicht auch für Filme wie „Maladies“ in Erinnerung behalten sollte, statt nur für seine Klamaukrollen. Und das ist nur einer von diversen Gründen, warum 11.22.63 meiner Meinung nach 4 Sterne verdient hat.
Qualitativ – im Sinne der stilistischen Aufmachung – gibt es wirklich wenig, was man an der Serie kritisieren kann. Slow Motions, der Switch vom Grau ins Pastellige und Satte, mit Ausreißern ins Schwarz-Weiß, die mitreißende Musik, die Distanz der Kamera, wenn es um Kennedy geht, die Nähe der Kamera, wenn es um Sadie und Jake geht: durch und durch überzeugend!
Und bitte sagt mir, dass ihr DAS Easter Egg ÜBERHAUPT gesehen habt?! Als Sadie und Jake die Treppen hochlaufen, um Lee Harvey Oswald vom Mord an Kennedy abzuhalten, ist an der Wand das Wort „REDRUM“ (umgekehrt „MURDER“) zu lesen – ein direktes Zitat auf den Horror-Psycho-Klassiker The Shining, der ursprünglich auch als Roman von Stephen King erschien. Allein diese halbe Sekunde lässt über den Versuch, in nur acht Episoden einen narrativen Marathon hinzulegen, hinwegsehen und den Fokus wieder dahin rücken, wo er in dieser Serie richtig ist: den Rahmen der Narration.
„We did not ask for this room or this music. But because we are here, let us dance.“
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