Kurzes Vorwort: ich weiß ja, dass da draußen einige Leser sind, die von der neuen Inhumans-Linie bei „Agents of S.H.I.E.L.D.“ enttäuscht sind – und die den Namen Hydra nicht mehr hören können. Denen sei diese Folge ans Herz gelegt – sie ist sowohl Inhumans- als auch Hydra-frei. Und Coulson-frei. Und May-frei. Überhaupt: Wir sehen hauptsächlich Simmons – und es macht großen Spaß.
Die Folge, im Prinzip eine Bottle Episode, schließt an den Cliffhanger des Staffelfinals von Season 2 an und zeigt, wohin der Monolith Simmons transportiert hat. Wir sehen das bläulich schimmernde Licht der fast ewigen Nacht auf dem fremden Planeten. Und Simmons, wie sie sich auf dem Planeten verhält. Zunächst von Hoffnung getragen, dann der Verzweiflung nahe, dann mit neuer Kampfeslust und schließlich in Kontakt mit – einem weiteren Menschen, dem NASA-Astronauten Will. Beide versuchen schließlich gemeinsam, zurück zur Portalöffnung zu kommen, um zurückzukehren. Dass es nur Simmons gelingt, wissen wir ja mittlerweile.
Das in Kurzform, um erklären zu können, wie einzigartig diese Folge in der bisherigen kompletten Serie ist. Sie spielt einfach vollständig außerhalb der sonstigen Handlungsstränge. Nur ganz am Ende landen wir nochmal im S.H.I.E.L.D.-Hauptquartier. Sonst sind wir auf dem fremden Planeten, dessen Setting samt Simmons‘ Situation ein wenig an „The Martian“ oder an „Enemy Mine“ erinnert. Mir gefällt die Optik des Planeten sehr gut. Auch die Grafik ist an die besondere Folge angepasst, und Komponist Bear McCreary hat hier einen ganz eigenen Score geschaffen, der von der sonstigen S.H.I.E.L.D.-Linie abweicht. Auch das Hochzählen der Stunden, die Simmons auf dem Planeten verbringt, macht irgendwie Sinn, damit man ein Gefühl dafür bekommt, wie lange sie dort eigentlich gewesen ist. Allein die Perspektive in der Totalen, wo wir Simmons ganz klein hin und her laufen sehen und der Counter unaufhörlich hochzählt – hat schon was.
Dann Simmons‘ kleines Abenteuer im See – auch ganz gut gemacht. Sie muss ihren ganzen Mut aufbringen, um zu überleben, bis sie – bei Will landet. Und hier kommt für mich das eigentliche Highlight der Folge. Erst habe ich gedacht, dass das doch eigentlich quatsch ist, dass da tatsächlich noch ein anderer Menschen auf dem Planeten ist. Mit dem Monolithen als Tor macht es aber absolut Sinn. Wir erinnern uns an den Engländer aus einer früheren Folge, der vor ein paar Jahrhunderten durch den Monolithen reisen musste – seine Überreste findet Simmons im Laufe der Zeit auf dem Planeten wieder. Aber zurück zu Will: Er ist durch ein NASA-Expriment mit dem Monolithen auf dem Planeten gelandet. Regisseur Jesse Bochco zeigt in einer Rückblende sehr schön, wie die Crew auf dem Planeten gelandet ist, jede Menge Ausrüstung dabei hat, um eine Basis aufzuschlagen, und wie alle nacheinander sterben. Die Ausrüstung ist wirklich liebevoll zusammengestellt und hat technisch den Stand von 2001. Denn so lange ist Will schon auf dem Planeten. Das ist gleichzeitig eine der vielen Referenzen an andere Science-Fiction-Klassiker, hier „2001: A Space Odyssey“, in dem es ja auch um einen Monolithen ging. Dann die Namen der Astronauten, die mit Will dort gelandet sind: Austin („The Six Million Dollar Man“), Taylor („Planet of the Apes“) und Brubaker („Capricorn One“) – sehr schön.
Natürlich war für das Erzählen der Geschichte nur 45 Minuten Zeit, aber einige kleine Dinge hätte ich mir ausführlicher gewünscht: Die Suche nach der nächsten Öffnung des Tors zum Beispiel, etwas mehr Details zu dem „Bösen“, und auch mehr Differenzen zwischen Will und Simmons – immerhin ist er mutmaßlich seit 14 Jahren alleine auf dem Planeten gewesen und dürfte ruhig etwas depressiver, knurriger, brummiger sein. Aber für die Kürze einer Episode – passt. Ich weiß auch nicht, ob Will in seiner Situation wirklich versucht hätte, Simmons am Ende zu helfen, statt selbst durch das Tor zu gehen – nach 14 Jahren möchte man dann ja doch nach Hause…
Stark auch das Ende der Folge, wenn wir nochmal kurz Fitz und Simmons im „Jetzt“ im Gespräch sehen. Nach Simmons‘ Beichte vermutet man kurz, dass die Freundschaft oder Beziehung der beiden zerbricht – doch dann offenbart Fitz, dass er schon längst daran gearbeitet hat, das Tor ohne den Monolithen zu öffnen (ich bin gespannt, wie Elliot Randolph darauf reagieren wird). Zwei herzbrecherische Momente kurz hintereinander – toller Abschluss.
Ach nein, eine Szene gab’s ja danach ja noch: Wir sehen, wie Will über den Planeten läuft, die 1 Minute Sonnenschein ist schon wieder zu Ende. Offensichtlich kehrt er zu seiner Basis zurück, und offensichtlich werden wir ihn nochmal sehen. Hoffentlich bald.
Kurzer Nachtrag: Wer tiefer in die Produktion dieser besonderen Folge einsteigen möchte, dem sei dieses Doppelinterview mit dem Autor Craig Titley und dem Regisseur Jesse Bochco empfohlen – mit einigen schönen Fotos vom Set von Schauspielerin Elizabeth Henstridge.
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