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Wo ist die Coolness hin?

Review: Altered Carbon – Staffel 2

4. März 2020, 11:53 Uhr

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Vor knapp einer Woche ging endlich die zweite Staffel des Netflix Originals „Altered Carbon“ auf Sendung. Rund zwei Jahre nach der überraschend überzeugenden ersten Staffel sollte es weiter gehen mit der Geschichte um Takeshi Kovacs. Dass es nicht wie von mir erwartet zur Entstehung einer neuen „Figur am Popkulturfirmament“ und somit auch einem astreinen Halloween-Kostüm langte, liegt auch daran, dass die Hauptfigur einen neuen Look verpasst bekommen hat. Aber nicht nur daran.

„Here‘s to 30 years, 42 planets, countless sleves, and I don‘t know how many credits.“ – „51 million 332 thousand.“ (Takeshi & Poe)

Neuer Sleeve, neues Pech?

Seit ziemlich genau einem Jahr ist klar, dass Tak anders aussehen wird. Mit der Neubesetzung habe ich jedoch so meine Probleme. Klar, Veränderung ist eh immer doof, aber Anthony Mackie hat mich leider nicht so überzeugen können, wie Joel Kinnaman es konnte. Das liegt aber nicht einmal groß an ihm, in gewisser Weise haben Story und Charakterentwicklung ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Schauspiel ist größtenteils in Ordnung, aber irgendwie hat Tak das Selbstvertrauen und die Coolness verlassen. In Staffel Eins war der „Last Envoy“ noch todesmutig in die aussichtslosesten Situationen gerannt, als wäre er im Videospiel und hätte drei Extra-Leben vorrätig (wobei, ganz anders ist es in der Welt mit den Stacks ja eigentlich nicht). Der neue Tak wirkte weicher und berechnender, was ja auch durchaus im Laufe der Story angesprochen und (auf durchaus kreative Weise) in die Handlung aufgenommen wird. Dennoch gefiel mir das weniger, wirkte es insgesamt doch deutlich platter. Denn so wirkt Tak eher wie ein Nebendarsteller, dessen Coolness ausschließlich aus einem grimmigen Blick und dem ein oder anderen abgehalfterten Spruch besteht, statt wirkliche Präsenz zu vermitteln. Er kann binnen eines Tages die fünf meistgesuchten Personen zur Strecke bringen, hat aber keine Kohle, sich Backups machen zu können?

„I didn‘t kill them!“ – „Uh, that‘s new.“ (Takeshi & Poe)

Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich beim Anblick Mackies direkt an Will Smith denken musste. Die Augenpartie, die Mimik in manchen Situationen (vor allem, in den seltenen Momenten, in denen er lacht) – da waren meiner Meinung nach schon einige Ähnlichkeiten zum jungen Smith zu sehen. Und dann kommt mit Simone Missick als Trepp auch noch eine intensive Spielpartnerin daher, die auch gut und gerne Jada Pinkett Smith, Wills Ehefrau, hätte sein können. Das forsche Auftreten, auch hier die Mimik, der Sprachstil – auch hier natürlich nicht 1:1, aber ich könnte mir die beiden Rollen auch in der prominenteren Besetzung vorstellen und es würde zu den Charakteren passen. Haben die beiden „echten“ Namen etwa zu viel gekostet oder wollten nicht, so dass die Macher in der Rubrik „Diese Darstellenden könnten Ihnen auch gefallen“ gewühlt haben? Leider kam die Darstellung der beiden jedoch nicht an die der großen Namen heran (man denke alleine an Jada Pinkett Smith als Fish in „Gotham“ – herrlich!). Dass mit Poe eine künstliche Intelligenz den stärksten Charakter dieser Staffel abgibt, ist nicht das beste Zeichen… (Wobei Lela Loren als Danica Harlan auch eine sehr gute Darbietung geleistet hat.)

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Philosophie-Nachholstunde

Was mich an Staffel Eins und dem Setting allgemein auch enorm interessiert hatte, war die Thematisierung von Ethik. Sollte der Mensch unsterblich sein dürfen? Was bringt das für Probleme mit sich, Stichwort „Überbevölkerung“? Das wird zwar immer noch an einigen Stellen angedeutet, wirkt aber deutlich oberflächlicher als zuvor und ist meist auf einen gut geschriebenen und durchdachten Satz in einem Dialog beschränkt. Lediglich die Story um Quellcrist Falconer weiß auch mit seinen Rückblicken diesen Pfad nochmal ansatzweise zu betreten.

„Immortality means an eternity of living with what we‘ve done.“ (Tanaseda Hideki)

So wirkt vieles eher aufgekocht und wiederholt, denn wirklich weitergedacht. Einzige Ausnahme: Die thematische Einbindung einer neuen Alienrasse und der Umgang mit dem Thema Genozid und Erinnerung der Geschichte, was ja leider wichtiger und drängender denn je in unserer heutigen Zeit ist.

Schöne Zukunft

Aber ich mecker schon wieder zu viel. Die zweite Staffel „Altered Carbon“ hat auch viel Tolles zu bieten, vor allem visuell. Die Aufnahmen besitzen stets Tiefe, stets werden selbst im Dialog nicht nur die Gegenüber, sondern auch der Raum bespielt. Die Science-Fiction-Vision einer dystopischen Zukunft sieht verdammt gut aus. Einige kleine, noch nicht erfundene Gadgets hier, ein paar krasse Designs dort – das hat mir wieder gut gefallen. Auch konnte man – vor allem am Ende von Episode Sechs – ein paar richtig schöne Szenen und Spezialeffekte bewundern. Die Cinematography war allgemein auf erfreulich hohem Niveau und die ganze Erzählung hat vor Atmosphäre gestrotzt. Da wurde nicht einfach nur eine Kulisse geschaffen, man fühlt sich wirklich wie in einer anderen Welt. Dennoch wirkte das nicht ganz so stark wie in der ersten Staffel.

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„If we‘re gonna extract the face of all the people, I hate, we‘re gonna be here a LONG time.“ (Takeshi)

Ich hatte vor allem zu Beginn immer mal Momente, wo ich den eigentlich zentralen Baustein mit den Slacks vergessen hatte. Nach dem Motto „Yep, ganz solide Action-Serie – ach ja, das gab es ja auch noch!“. Diese eigentliche Besonderheit der Geschichte. Die schafft es vor allem in der zweiten Hälfte, damit zu spielen. Sleeve-Ausleihen, Doppelgänger-Tricks und andere wirre Spielereien werden da betrieben. Das hätte mir allgemein gerne mehr sein dürfen, denn irgendwie wurden manche Tricks nur dann rausgeholt, wenn sie gerade der Story dienten, hätten in anderen Situationen aber durchaus behilflich sein können. Vermutlich wäre es für den Zuschauer aber schnell zu undurchsichtig geworden.

Nein, leider kam das nicht wirklich an die erste Staffel heran. Natürlich ist es schwer, die Frische einer solchen Idee aufrecht zu erhalten, bzw. den „Überraschungsmoment“ einer ersten Staffel anderweitig kompensieren zu können. Man hat zwar teils durch eine griffigere Story und eine allgemein stimmigere Inszenierung durchaus etwas entgegenwirken können, aber die großen Plus-Faktoren der ersten Staffel (Videospiel-Feeling, starke Hauptfigur, philosophischer Aspekt, etc.) wurden leider deutlich abgeschwächt. Eine Drei-Kronen-Wertung fühlt sich vielleicht etwas hart an, aber ich wollte den Vergleich zur ersten Staffel deutlich machen, auch wenn natürlich nicht alles schlecht war. Man bekommt sehr feine (wenn auch total überzogene) Action-Sequenzen zu sehen, den ein oder anderen kleineren Story-Twist und einfach nur viel Spannung. Dennoch braucht man seine Zeit (und den Willen), um rein zu kommen, was sicherlich viele dazu bringen wird, die Staffel nicht zu Ende zu schauen. Und allgemein wirkt alles eben etwas weniger epochal und etwas kostenreduziert umgesetzt.

3. Staffel „Altered Carbon“?

Noch hat Netflix nicht offiziell verkündet, ob es zu einer dritten Staffel kommen wird. 2018 war das Projekt angeblich auf fünf Staffeln ausgelegt worden und von der Romanvorlage ist noch ordentlich Stoff vorhanden. Allerdings hat Netflix auch aus Budget-Gründen die Laufzeit der zweiten Staffel deutlich reduziert (von in der Debütrunde noch zehn Folgen mit jeweils über 50 Minuten Laufzeit auf acht Folgen mit teils weniger). Dafür geht mit „Altered Carbon: Resleeved“ am 19. März ein Anime-Film zur Serie live, was ja zumindest gesteigertes Involvement andeutet. Und auch bei den Toplisten auf Netflix war die zweite Staffel der Serie zuletzt stets ganz oben zu sehen. Fest steht, dass wir uns dann wohl schon wieder mit einem neuen Gesicht begnügen müssen. Denn Anthony Mackie soll einer weiteren Verpflichtung bereits abgesagt haben. Vielleicht kann man Joel Kinnaman ja zu einer Rückkehr bewegen? Ich würde es feiern.

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Bilder: Netflix

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Beitrag von:
Mittwoch, 4. März 2020, 11:53 Uhr
Altered CarbonReview
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10 Kommentare

  • Bernd

    Die Sätze zu Will Smith (und seiner Frau) würde ich noch einmal überdenken. Die sind in ihrer aktuellen Form sehr fragwürdig.

    • Tut mir leid, aber ich verstehe nicht genau, was du meinst? Erläutere das gerne einmal genauer, was daran verkehrt sein soll? :(

      • Bernd

        Es liest sich, als würden für dich alle dunkelhäutigen Schauspieler aussehen wie Will Smith (und die weiblichen wie Jada Pinket Smith). Ich vermute (und hoffe), es ist nicht wirklich so, aber was die Formulierung in ihrer jetzigen Form impliziert, könnte in schmutzige Schubladen gesteckt werden.

      • Philip

        Ich will an dem Satz nur kritisieren dass er sich schwer liest. Hab 3 Anläufe gebraucht 😅

      • @Bernd: Lag vielleicht am Cache oder so, habe die anderen Kommentare gelöscht.
        Zum Punkt: Bin ehrlich gesagt etwas geschockt, dass das auch nur ansatzweise so rüber kommen könnte, bzw., dass jemand anders das denken könnte. Für mich haben sie eben beide in gewissen Einstellungen und Mimiken etwas von den genannten anderen Darstellern. Dass es keine DoppelgängerInnen sind, dürfte klar sein, ebenso eigentlich, dass meine Formulierung hinsichtlich der „Besetzungstaktik“ eine übertriebene und flapsige Formulierung ist. Dennoch finde ich, dass da so gar nichts impliziert ist, sondern eher die, die Implikationen sehen, einer gewissen Propaganda folgen. Aber ich formuliere es mal um – auch, damit es einfacher zu verstehen ist. ;)

  • Bernds Endlos-Kommentare? Oder: Wenn ich meine kleine Meinung nur oft genug wiederhole, bleibt vielleicht doch irgendwas hängen?
    Ok. Der Gerechtigkeit die Ehre: Der Mann kann möglicherweise wirklich nichts dafür, dass sein ziemlich scheuklappiger Kommentar wieder und wieder auftaucht. Vielleicht ein dezenter Hinweis des Universums an alle pingel-pampigen Rassismus-Sucher und ihrer verbissene Kramerei auch noch in der unwahrscheinlichsten Ecke (eines fernen Universums). Hat irgendwer gemeckert, als Idris Elba als Odins Sohn auftauchte? Ich fands witzig. Insofern ist das Gejammer öde, Mann! Öde, langweilig, peinlich, erbärmlich. Hier geht’s um eine meiner Lieblings-Serien (von Netflix) und ja – ich habe auf die zweite Staffel gewartet. Die mich nun, auch dank des platten Darstellers (der meinethalben auch gern grün gepunktet sein könnte) zuerst entgeistert und dann erbost hat. Takeshi Kovac war endlich mal eine herausragende Figur in einer herausragenden Serie in dem sekündlichen Einerlei aus den Wellen unendlicher Langeweile auftauchenden Serien. Die in der Regel noch in der Luft abkratzen wie verwesende fliegende Fische. Eine Serie mit einer durchaus spannenden Story, mit geistreichen Dialogen und einer erstaunlichen Tiefe – ok, im Prinzip ist alles schon mal da gewesen – trotzdem, die sich nicht dem Ende in wirrem Heile-Welt-Gefasel verlor.
    Und jetzt? So ein einförmiger Tralala-Brei! Wen interessiert, wie die Leute aussehen? Die spielen einfach flach, trivial, saftlos und vorhersehbar. Clowns-Sprüche und Rumgehupfe inklusive. Schön, dass die KI noch irgendwie unterhaltsam ist. Retten kann das dieses Ding auch nicht mehr.
    Und – au contraire – ansonsten interessanter Blog-Schreiber. Visuellen Effekte und so weiter interessieren mich nur dann, wenn sie zum Rest passen.
    Ansonsten könnte ich mir auch selbst ein buntes Bilderbuch malen. (Das könnte ich wirklich)
    Nachtrag: Ich will mal nicht so sein. Die Vergleiche mit W. Smith (der übrigens seit Jahren von einem Flop zum nächsten wackelt) und seiner Frau sollen wohl hier allenfalls andeuten, dass die Macher der Serie auf eine gewissen Ähnlichkeit bauend, plumperweise (und sich selbst vermutlich auf die Schultern klopfend) vermeinten, das brächte was. Sie hätten natürlich auch seichte Klone von Downey und Paltrow, Mortensen und Tyler oder Peck und Badham blablabla nehmen können.
    Rausgekommen wäre immer dasselbe.
    Ein Trauerspiel. Und vermutlich mal wieder das Ende eines Lichtblicks in einem Haufen Mist.

    • Naja, ich versuche, ein möglichst ganzheitliches Review zu schreiben und entsprechend alle für mich nennenswerten Punkte auch aufzuführen. Natürlich rettet ein nettes visuelles Bild keine Serie, aber man kann es ja zumindest als positiven Aspekt anführen. Immerhin wäre eine gut geschriebene und dargestellte Serie sicherlich besser, wenn die aber dann fade aussieht, hat man auch wenig Spaß. :)

      • Bianka Thon

        Hm. Nu ja. Nein. :D Ich lache mich heute noch schlapp (im positiven Sinn) wenn ich im Raumschiff Orion den Bügeleisen-Beschleuniger sehe. Und Eisensteins Iwan oder Langs Metropolis beeindrucken mich – soweit es um’s Bild-Gewaltige geht immer noch unendlich mehr als die meisten neuen Filme. Bei Serien (über die du ja schreibst) ist es ein bisschen anders. Meine Favoriten bei Netflix waren ‚River‘ & ‚Beau Séjour‘, ach ja und natürlich ‚La Mante‘. Muss mal gucken, ob du da was drüber geschrieben hast. Aber klar liebe ich die neuen visuellen Effekte, bin ja kein Idiot. Besonders bei Sci-Fi oder Fantasy. Nur in diesem speziellen Fall würde ich die gern irgendwem um die Ohren schlagen. Weil es einfach enttäuschend ist, so eine Ausnahme-Serie wie die Titanic absaufen zu sehen. Und mir – außer HAPPY (!) – im Moment keine Fantasy-Serie einfällt, die mich besonders erfreute.

      • Unfairer Vergleich, da andere Zeiten und anderer Kontext der Inszenierung. :) Es muss nicht High-End-Deluxe-Darstellung sein, auch in dieser Staffel lassen einige Momente ja zu wünschen übrig, wie ich geschrieben habe. Es muss letztlich ja auch zum Inhalt passen und stimmig sein. Ich meinte damit lediglich, dass man nicht alles schlechtreden oder ausblebenden muss, weil einem ein Aspekt nicht gefällt. Da sollte man dann schon fair oder zumindest offen für sein. Aber das scheint in der heutigen #Echauffiergesellschaft leider kaum mehr möglich zu sein, da lauter Schwarz-Weiß-Denken herrscht. :/

  • Paul

    Also ich denke ich weiss genau was du meinst @Maik
    Wenn man so eine rolle von jmd kennenlernt verbindet man im gehirn das, was die rolle sagt und tut mit der art wie es vom schauspieler dargestellt wird. Also egal wie exakt eine rolle einstudiert wird, es ist sehr schwer moeglich dass zwei schauspieler ueberzeugend ueber laengere zeit dieselbe rolle spielen.
    Und bei der zweiten staffel kommt dann auch noch dazu dass tak wirklich einfach total veraendert wirkt, klar es is einiges passiert, aber da ist es wirklich als waers ne neue rolle.
    Des gehirn speichert zusaetzlich halt auch noch die gangart von personen ab und bei Anthony mackie sieht der gang halt ganz anders aus obwohl der gang dem von tak aus staffel 1 zmdst aehneln muesste.
    Mich hat die zweite staffel nich richtig ueberzeugt.
    Wenn man schon so ne serie macht wo man die koerper wechseln kann, dann sollte man darauf auch genug fokus setzen damit des gut gelingt. Aber bei altered carbon koenntens genauso gut zwei serien statt staffeln sein so n harter bruch is da drin finde ich

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