„Atlanta“ ist zurück mit Staffel 3, und dieses Mal soll ja alles anders werden. Wobei ‚anders‘ relativ ist bei dieser Serie, die sich Donald Glover ausgedacht hat und in der er auch die Hauptrolle spielt. Denn wenn man mal an die letzten beiden Staffeln zurück denkt, da war wirklich ziemlich viel ‚anders‘ als in anderen Serien, teilweise fielen einzelne Folgen sogar aus der linearen Erzählung der eigenen Serie heraus – man denke nur an die „Teddy Perkins“-Folge.
In Staffel 3 verschlägt es Earn, Paper Boi & Co. nach Europa – so suggeriert es uns der Trailer. Doch davon ist in der Auftaktfolge noch so gar nichts zu sehen. Noch nicht einmal von Earn oder Paper Boi. Vielmehr sehen wir zwei Unbekannte, die nachts auf einem Fluss schippern und angeln. Die beiden steigern sich hinein in ein Gespräch, in dem es darum geht, was es heißt, Schwarz und Weiß zu sein, und was Menschen versuchen, um zu der jeweils anderen Gruppe zu gehören. Es endet in einem kurzen Horrormoment, ehe wir einen jungen Schüler sehen, der in der Klasse aufwacht – er hat das wohl nur geträumt. Dieser Junge – Loquareeous – steht im Mittelpunkt der Folge, die sich wirklich abgedreht entwickelt. Es beginnt nach dem Traum mit einem harmlosen Tanzmoment von Loquareeous, der dafür aber zur Schulleitung zitiert wird. Dort soll ihn seine Mutter abholen, von der er sich – wie auch die Schulleitung – ordentlich Ärger einfängt. Das ruft das Jugendamt auf den Plan, das aber zur Überraschung aller Loquareeous einfach von der Mutter übergeben bekommt.
Damit beginnt aber der eigentliche Horror für Loquareeous erst, denn er landet in einer Familie eines weißen, lesbischen Paares, das ausschließlich farbige Kinder aufnimmt. Die nächsten Minuten fühlen sich einfach extrem unangenehm an, weil die beiden Mütter auf der einen Seite etwas bemüht wirken, auf der anderen Seite aber komplett scheitern. Da tun einem die Kinder wirklich richtig leid, und man fragt sich die ganze Zeit, wann sie den beiden denn wohl entkommen können – oder zumindest Loquareeous. Doch mehrere Fluchtversuche scheitern.
Ich weiß nicht, ob Ihr das aus eigenen Träumen kennt, aber ich erlebe es manchmal so, dass man etwas träumt, und da dann auch rauskommen möchte, aber irgendwie keinen Ausweg findet. Der Zug fährt ewig, man findet keine Ausgangstür im Gebäude usw. Sehr unangenehmes Gefühl, und das erzeugen Donald Glover, Stephen Glover und Regisseur Hiro Murai hier auch. Heißt also, dass sich Loquareeous‘ derzeitiges Leben ebenfalls wie ein Traum anfühlt? Richtig, tatsächlich handelt es sich bei dem Erlebten um einen weiteren Traum – um den von Earn, der ganz am Ende der Folge doch noch kurz zu sehen ist. Was es mit dem Traum auf sich hat, und wo sich Earn eigentlich befindet, wird nicht mehr aufgelöst – wir sind schon am Ende der Folge.
Ich hatte es im Review zu Staffel 2 ja schonmal angesprochen, wie unangenehm sich die Folge „Teddy Perkins“ angefühlt hatte – auch bei dieser Loquareeous-Folge beschleicht einen wieder dieses mulmige Gefühl, mit dem wir hier in die Staffel starten. Dabei ist die Folge wieder toll erzählt und inszeniert – Hiro Murais Handschrift ist direkt erkennbar, erfreulicherweise. Dazu kommt der Überraschungseffekt dieser Folge, bei der wir die ganze Zeit darauf warten, dass das Europa-Abenteuer von Paper Boi & Co. endlich losgeht. Aber: Da werden wir noch eine weitere Folge warten müssen. Obwohl die Erwartung also nicht erfüllt wird – eine Enttäuschung ist die Auftaktfolge deswegen nicht, ganz im Gegenteil.
PS: In Deutschland wird die Folge ab 29. Juni 2022 auf Disney+ zu sehen sein.
Bilder: FX
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