Im Januar hatte ich euch meinen Ersteindruck zur neuen HBO-Comedy „Avenue 5“ im Review zur Pilotfolge geschildert, in der Nacht zum heutigen Montag ist in den USA die gerademal neun Episoden umfassende ersten Staffel zuende gegangen. Ab 7. April wird die Serie hierzulande auf Sky Atlantic HD zu sehen sein, im spoilerarmen Gesamtreview könnt ihr euch schon einmal einen Einblick zum prominent besetzten Weltall-Chaos machen.
Viel Potenzial
Gewisse Eindrücke aus der ersten Episode konnten durchaus gefestigt werden. Der Cast bleibt natürlich weiterhin sehr hochwertig. Ich hatte wegen Hugh Laurie und Zach Woods eingeschaltet, vor allem aber Josh Gad als naiv-blöder Milliardär Herman Judd oder auch Suzy Nakamura als dessen kompromisslos-direkte rechte Hand Iris Kimura haben mich im Spiel sehr überzeugt. Allgemein sind die Charaktere vielseitig, klar gezeichnet (bis deutlich überzeichnet) und interessant zusammengestellt. Das Casting ist bis in die Breite sehr gelungen.
Auch der Dialog ist größtenteils erstklassig. Die Drehbuchzeilen bergen viel kleinen Witz zwischen den Zeilen, der vor Ironie und Sarkasmus nur so trotzt. Das hat schon sehr an die Schwester-Serie „Silicon Valley“ auf HBO erinnert. Aber da wäre noch ein Problem…
Wenig Ausreizung
So richtig lustig wird es mir persönlich dann doch zu selten. Ja, der Humor ist eigentlich allgegenwärtig und an sich angenehm subtil, aber so richtig gezündet hat er bei mir nur alle paar Folgen mal momentweise. Auch die Story überschlägt sich lieber mehrfach auf teils sehr unsinnige Art und Weise, denn wirklich spannend zu werden. So schwebt „Avenue 5“ irgendwie in einen schwerelosen Status, der nichts Halbes und nichts Ganzes ist. Die Staffel wird hinten raus zwar griffiger und ein paar smarte Wendemanöver gibt es auch zu beobachten, aber mindestens so viele Ungereimtheiten und vor allem schafft man es trotz eigentlich guten Dialogen und einem super Cast nie wirklich, das Publikum vollumfänglich einzufangen. Dazu sind einfach zu viele zu dumme Figuren an Bord. Selbst die Experten machen teilweise sehr abstruse Fehler, nur, damit die Story entsprechend verlaufen kann oder man etwas Zeit zum Füllen einer Folge erhalten kann.
„Exactly! I’m not clever, but I look as if I should be.“ (Captain Ryan Clark)
Man könnte das alles stets als Konterkarieren der Gesellschaft ansehen. Das Kartenhaus, in dem wir alle leben. Erbaut aus Lügen und Täuschungen, das letztlich beim kleinsten Schubser aufgedeckt wird und in sich zusammenfällt. Die Analogie, dass wir alle eigentlich sehr ähnlich simpel gestrickte Menschen mit Fehlern und einem erwünschten öffentlichen Bild sein wollen. Aber es ist eben auch nur eine Comedy-Fernsehserie. Und dafür funktioniert vieles einfach nicht so, wie es könnte.
Die Inszenierung zwischen den Handlungsorten Erde und Raumschiff funktioniert nicht immer wirklich homogen. Vereinzelte Figuren-Entwicklungen und vor allem Konstellationen zueinander wirken nicht ganz konsequent. Und selbst der ins All mitgenommene Comedian schafft es nur extrem selten, wirklich lustig zu sein. Ne, irgendwas fehlte da…
Und so bleibt es mir auch recht schwer, das Gesehene richtig Einzuordnen. Definitiv war die Staffel nicht so gut, wie ich mir das nach der ersten Folge und den Grundbausteinen erhofft hatte. Ich war sogar kurz davor, hier nur drei Kronen zu verteilen, das wäre aber auch nicht wirklich fair. Denn das Anschauen hat ja doch Spaß gemacht, es war stets kurzweilig (wenn auch durch sich selbst überholende Story-Entwicklungen geschürt) und die Charaktere sind gut, das Setting in gewisser Weise auch originell und mit dem Mut, außergewöhnliche (wenn auch nicht immer valide erklärbare) Dinge zu machen, erzählt. Auch gefällt mir die Ironie in der Darstellung, die fielen Anspielungen auf aktuelle Stars und Geschehnisse aus einer Erdachten Zukunfts-Perspektive. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass das vieeel besser hätte sein können. Und das wurmt mich leider etwas.
2. Staffel „Avenue 5“?
Es wird auf jeden Fall weiter gehen. HBO hat bereits im Februar eine zweite Staffel von „Avenue 5“ offiziell bestätigt. Vielleicht schafft man es ja dann, die letzten Ungereimtheiten wegzupolieren und das zu schaffen, was mit den Grundzutaten eigentlich machbar sein könnte. Wir halten euch auf dem Laufenden.
Bilder: HBO
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