Anfang Juli haben uns die ersten Bilder von Hillary Swank im Weltall erreicht, Anfang August gab es den ersten ausgewachsenen Trailer, heute ist sie gestartet, die neue Netflix-Serie „Away“. Entsprechend gut passt auch der Titel der ersten Folge. Mit „Los“ geht es los und ich möchte euch meinen Ersteindruck zum Original mitteilen, bei dem ich genauso unsicher beim Einstellen der Spoiler-Ampel bezüglich dieses Blogbeitrages war, wie in der Kategorisierung des Formats. Ist es noch Drama oder schon Science-Fiction? Ich meine, theoretisch können wir ja wirklich im Weltall und auf dem Weg zum Mars sein…?
Die Serie startet auf dem Mond, was erstmal etwas irritierend ist. Unser Erd-Begleiter dient jedoch nur als Tankstelle (macht das Sinn bei dem kleinen Anteil der Gesamtstrecke?!) und vor allem Ort eines ersten Problems. Das bekommen wir dank verschachtelter Erzählweise, etlicher Andeutungen und zunächst nur anhand einer Rückblickfetzen nicht genau erläutert.
„Every mission has it‘s screw-up, Darlene, they just got their‘s out of the way early!“ (Matt)
Ein bisschen Background gibt es dann aber doch. Die von Swank verörperte Emma Green ist eine wahre „Soccer-Moms“ und arbeitet wie ihr Mann bei der NASA, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht ins All darf. Aber hey, er ist zumindest in der Mission Control bei der von ihr angeführten Mission dabei. Die fängt eigentlich auch noch sehr positiv an auf einer außergewöhnlich gut aufgelegten Pressekonferenz. Das Ziel des multinationalen und kaum diverser für das moderne Fernsehen besser aufstellbare (vielleicht ist ja noch eine Person von ihnen homosexuell oder gar Transgender?!) Team ist klar: der Mars. Acht Monate Hinflug, acht Monate Rückflug und dazwischen ganz viel Forschung. Problem: Insgesamt ist man einfach mal drei Jahre von allem anderen weg.
„The biggest challenge is gonna be that they‘re really gonna be, no kidding, away. Away from the planet, away from their family, …“ (TV-Experte)
Nach und nach wird aufgerollt, was an Bord der Raumfähre wirklich geschehen ist. Die Spannungen innerhalb des Teams sind genauso gut inszeniert wie die Situation, dass wir Zuschauer wild umher raten, was genau vonstatten gegangen ist. Da fehlt hin und wieder einer der Crew-Mitglieder und gerade der Kniff mit unterschiedlichen Geschehnis-Schilderungen war gekonnt eingesetzt. Jedoch geht mir da einiges zu schnell. Die Mission ist erst einige wenige Tage alt und da wird bereits gehörig an ganz dicken Ästen gesägt. Unstimmigkeiten im Team, das zuvor noch (wenn auch teils etwas aufgesetzt scherzend) herumgespaßt hat, nach gerademal einer Kleinigkeit wirkt etwas kindisch und nicht dem „die Besten der Besten“-Anspruch entsprechend. Und auch das Schauspiel der 1,6-fachen Schwerkraft auf dem Mond ist etwas uneinheitlich und wirkt – nun ja – gespielt. Ganz davon abgesehen, dass sich so teils auch Szenen unnötig auf eine 1,6-fache Sendezeit ausdehnen.
„So just remember, the further away I get, I‘m actually just getting closer to being back to you.“ (Emma Green)
Was die Teaser bereits angedeutet haben, wird für die ganz dummen Zuschauer ja auch nochmal auf der PK angesprochen: Drei Jahre entfernt von der Familie sein ist ziemlich doof, oder nicht?! Ja. Vor allem, wenn Stunden danach direkt mal ein gesundheitliches Problem hinzu kommt. Als wäre der Trennungsschmerz nicht schon genug gewesen. So übertrieben inszeniert sich mir das Timing der diversen Handlungsstränge ergeben, so positiv muss ich dann aber doch die intensive Emotionalität und vor allem das Schauspiel von Swank und Talitha Eliana Bateman, die Tochter Alexis spielt, erwähnen. Die beiden Telefonszenen sind gut umgesetzt gewesen.
Die erste Folge von „Away“ bietet eine seltsame Mischung. Es wird auch durch den erzählerischen Aufbau viel Drama und Brisanz geschaffen, obwohl wenig in Echtzeit passiert. Der eine Vorfall war sicherlich brenzlig (pun intended), aber wird zur diplomatischen Staatsaffäre hochgeschaukelt. Der gesundheitliche Fall (pun intended) kam natürlich in dem Moment überraschend (zumal ich einfach an Kreislaufprobleme gedacht hatte), wirkt aber vom Timing her sehr konstruiert („Dad hat es doch erst in seinen 70ern gehabt..?!“). Natürlich muss eine neue Serie heutzutage mit der ersten Folge ihre Zuschauer an sich reißen, mir wirkte das aber zu verkrampft. Zu sehr wollte man eine hochdramatische Ausgangslage schaffen, die mit Emotionen, Familienbunde, Träumen und persönlichen Schicksalen spielt. Ja, das hat in gewisser Weise funktioniert, ich frage mich jetzt jedoch, ob sich die Ereignisse im weiteren Verlauf der Staffel nur noch weiter überschlagen werden, wenn es bereits so beginnt. Man hat das Gefühl, man will mehr rausholen, als in der eigentlich überschaubaren Grundgeschichte drin ist.
So bleibt uns vorerst noch recht wenig Gewissheit. Was wir haben ist eine starke Frauenrolle, die an ihrer Aufgabe wachsen wird, genau wie ihre Tochter daheim, die erwachsen werden dürfte. Vermutlich wird ihr Mann auch noch irgendeine ultimative Problemlösung für die Mission beisteuern und Emma wird dem Kosmonauten das Leben retten. Oder so. Etwas ernüchternd fand ich die visuelle Aufmachung, da hatte vor allem der erste Teaser mir etwas mehr Cinematography versprochen als zunächst gehalten werden konnte. Dennoch ist die Produktion auf hohem Niveau gehalten. Seltsam wirkt noch auf mich, dass die Serie trotz der Ereignisse langsam wirkt. Muss an den rund 57 Minuten Laufzeit gelegen haben. Bei dem Setting wären aber definitiv ein paar mehr Eye-Candy-Shots möglich, wenn man schon Zeit aufbringt.
Schlecht war das nicht und ich schwanke zwischen 3 und 3,5 Kronen, will aber mal nicht so sein und gehe auf die höhere Stufe.
Bilder: Diyah Pera/Netflix
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