Leute in Anzügen, die in Wolkenkratzern mit Millionenbeträgen „traden“, sich gegenseitig betrügen und wir Normalos null Ahnung haben, was sie beruflich eigentlich genau machen, kannte ich bis vor einiger Zeit nur von Barney Stinson aus „How I Met Your Mother“. Das fand ich gut gemacht und heiter. Heiter will „Bad Banks“ ja gar nicht sein – aber ist es gut gemacht? Kurz vor dem Start von Staffel Zwei hier ein Rückblick auf die ersten sechs Folgen der deutsch-luxemburgischen Serie.
Was bisher geschah
Finanzkrise in Europa. Menschen in Panik, jeder sorgt sich um seine Ersparnisse. Aber was geschieht hinter den Kulissen? Traurige Heldin ist die Investmentbankerin Jana Liekam: super ehrgeizig, super jung, super süß. Mit einem tollen Privatleben und eigentlich mit einem guten moralischen Kompass. Ihre Erniedrigung und Kündigung in ihrem Job trotz ihrer Kompetenz, ihre arschigen Vorgesetzt*innen, die fiesen Intrigen und auch ihr eigener Ehrgeiz führen dazu, dass sie sich in dieser eiskalten, dreckigen Finanzwelt behauptet und dafür vieles aufgibt. Auch irgendwie sich selbst. Aber mit Erfolg, je nach Perspektive.
Bildsprache und Kamera
Tolle Settings, liebevolle Details, was Architektur, Kostüm und Innenaufnahmen betrifft. Aber die Kamera ist selbst in ruhigen Szenen atemlos und alles ist zu blaustichig (und beides nicht cool, sondern es wirkt irgendwie gewollt). Schärfe und Unschärfe ohne ersichtlichen Grund, ebenso Zeitlupen und Zeitraffer. Und warum komme ich bestimmten handelnden Personen näher als ich in einem bestimmten Moment möchte und umgekehrt? Irgendwie fühle ich mich unbehaglich bei vielen Einstellungen.
Authentizität der Story
Ich komme nicht aus dem Finanzbereich und hatte auch gar nicht erwartet, dass mir „Bad Banks“ jetzt das europäische Bankenwesen erklärt und ich mich danach erleuchtet fühle. Von daher hab ich die Mechanismen, die mir vorgesetzt wurden, auch ohne Enttäuschung hinnehmen können. Aber mich haben der Banker-Sprech und die dazugehörige Attitüde oft ermüdet. Und mir kam manches einfach zu unglaubwürdig, zu konstruiert vor. Aber ich kenne Menschen, die Menschen kennen, die tatsächlich jeden Tag im Anzug in einem Wolkenkratzer arbeiten und mit ganz viel Geld jonglieren. Diese Menschen sagen, dass manches schon zutrifft, aber „Bad Banks“ gucken für sie ein bisschen so ist, als würde ein echter Polizist eine Krimiserie schauen.
Besetzung
Jana Liekam (Paula Beer)
Paula Beer ist sicher eine gute und vielfältige Schauspielerin. Aber ich kam mit ihrer Darstellung der Jana nicht so richtig klar. Die Entwicklung vom ambitionierten, aber eigentlich netten Mädchen zur abgebrühten Business-Tussi konnte sie mir nicht wirklich nachvollziehbar machen.
Gabriel Fenger (Barry Atsma)
Was ich super finde: Er spricht drei Sprachen und seine Anzüge sitzen gut. Was ich schlecht finde: eigentlich den Rest. Fast jede Szene mit ihm wirkt gestellt – wenn er auftaucht, fühle ich mich oft so, als säße ich in einem Impro-Theaterstück, in dem er den typischen Banker verkörpern soll.
Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch)
Diese Besetzung war ein Volltreffer – Désirée Nosbusch hatte ich noch nicht oft als Schauspielerin wahrgenommen, aber sie hat ihre Rolle in „Bad Banks“ sehr passend und unaufgeregt ausgefüllt. Das könnte aber vielleicht auch daran liegen, dass ihre Rolle als Christelle Leblanc für mich das klarste Profil in dieser Serie hat.
Um den Cast nicht allzu madig zu machen: Meine Kritik ist vielleicht ein bisschen unfair den Schauspielern gegenüber. Vielleicht sind da eher die Autoren und Dramaturgen zur Verantwortung zu ziehen. Die teilweise plakative Überzeichnung der Figuren und die dramatische Effekthascherei in vielen Dialogen machen es den Darstellern wahrscheinlich schwer, ihre Rollen durch mehr Eigenes und Glaubwürdiges zu beleben. Und es tauchen neben diesen drei Figuren in „Bad Banks“ natürlich noch andere wichtige Charaktere auf, die größtenteils echt passend besetzt sind und ihren Job gut machen.
Fazit
„Bad Banks“ will viel. Am liebsten ganz oben mitspielen in der Serienliga voller Intrigen, menschlicher Abgründe und dem großen Geld. Aber das gelingt für mich nur so mittel. Denn vieles passt hier nicht zusammen, bleibt an der Oberfläche und wirkt zu gewollt. Die Folge: stereotype Charaktere, zu denen ich keine rechte Verbindung finde, Overacting der Schauspieler und zweifelhafte Glaubwürdigkeit der Story. Da helfen die tollen Kulissen, ein bisschen Sex und derbe Sprache auch nicht viel weiter. Trotzdem, oder gerade deshalb, gibt es ja vielleicht noch Entwicklungspotenzial in der zweiten Staffel, nachdem sich alle Beteiligten der Produktion ein bisschen freigeschwommen haben.
„Bad Banks“ Staffel 1 gibt es momentan auf Netflix, die zweite Staffel startet am 6. bzw. 8. Februar im ZDF und auf arte und ist online first ab dem 30. bzw. 31. Januar in der arte- bzw. ZDF Mediathek zu sehen.
Bilder: ZDF/Fabrizio Maltese
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