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Da wären wir also. Nach fünf Jahren, vier Staffeln und 32 Episoden geht „Barry“ zuende. Vor dem Serienfinale wurde einiges angeschoben, nun sollten wir endlich erfahren, welches Schicksal man für die Figuren bereithält. Und ein letztes Mal können wir uns an der ausgefallenen Mixtur erlaben, die diese Serie ausmacht. Das beginnt bereits damit, dass auffallend oft Leute mal wieder „Sally Reed“ mit vollem Namen sagen. Das muss einfach so!

„Hank! What’s gonna happen to us?“ – „It’s not for me to decide.“ (Sally Reed & Hank)

Spannender als bei der namentlichen Erwähnung wird es für Sally Reed und uns jedoch bei Hank. Im Firmensitz bekommen wir Sally Reed und John in Gefangenschaft zu sehen, wobei Erstere mal wieder erschreckend distanziert zu ihrem Sohn dargestellt wird. Letztlich gibt sie nach einigen aufklärenden Worten bezüglich der Vergangenheit von ihr und Barry entschuldigend zu, eine schlechte Mutter zu sein und John ist derjenige, der Nähe und Liebe verteilt. Das fühlte sich zwar insgesamt irgendwie sperrig an, war aber eine wichtige Szene.

„Why was he in prison?“ – „Because he killed a lot of people.“ – „Because he was a soldier?“ – „No, because he was a murderer.“ (John & Sally Reed)

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Dann kommt es zum Aufeinandertreffen mit Fuches und seinen Gangstern. Auch hier werden zunächst einige Wahrheiten auf den Tisch gelegt, die die Charaktere und ihre Entwicklungen über die vier Staffeln skizzieren. Vor allem Fuches selbst ist da ziemlich offen unterwegs:

„I was a poser. Yeah. And I fancied myself a mentor, fostering other men’s natural abilities. But it wasn’t until I was in prison and I got beaten to within an inch of my life day after day that I finally dropped the bullshit and just accepted who I am. A man with no heart.“ – „I’m nothing like you, Fuches.“ (Fuches & Hank)

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Fuches bietet Hank an, abzuhauen, wenn dieser zugibt, Cristobal getötet zu haben. Hank bricht in Tränen aus und es scheint kurzfristig so, als würde er dem Vorschlag folgen, aber letztlich streitet er es ab und will den Deal zurückziehen. Die urplötzlich aufkommende Schießerei ist dann sowohl typisches „Barry“-Stilmittel als auch astreines Final-Futter. Kurz hatte ich gedacht, dass es der Serie zuzutrauen wäre, ein „alle tot“-Ende zu fabrizieren, aber leider wollte man den Weg dann doch nicht gehen. Beachtlich ist hier bereits, dass Fuches sich direkt zu Beginn der Schießerei schützend auf John wirft. Allgemein scheint dieser einen emotionalen Punkt bei ihm getroffen zu haben – vermutlich, weil Fuches John davor bewahren möchte, Ähnliches durchmachen zu müssen wie Barry. Entsprechend schützt er John auch vor dem horrormäßigen Anblick der Toten und Schwerverletzten, die wir in einer einmaligen Kamerafahrt in all ihrer Grausamkeit zu sehen bekommen. An dieser Stelle sei lobend erwähnt, wie viel Realismusgrad man im Nachspiel darstellt, indem eben nicht alle direkt tot liegen bleiben, sondern einige sich vor Schmerzen winden. Lediglich die Tatsache, dass zuvor drei Leute stumpf auf die Explosion einer Granate warten, statt in Deckung zu springen, ist mir extrem negativ aufgefallen.

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Was bleibt, ist der Abschied von Hank. Dass er im Ableben nach Cristobals Hand greift, war ein schöner Moment. Insgesamt hätte ich mir aber ein epochaleres Ende für diesen vielleicht besten Charakter der Serie vorgestellt. So kam alles doch etwas plötzlich und unspektakulär.

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Ähnlich unspektakulär läuft es beim neuerlichen Gang Barrys zum Supermarkt-Waffengeschäft, wo er stumpf eine „Gun!“ einfordert und ein trockenes „Okay, what kind?!“ zurück bekommt. Herrlich! Also, nebst ziemlich schwerer Waffen, versteht sich. Beim Rauslaufen durch die bunten Regale mit Kinderspielzeug hat mir am Ende eigentlich nur gefehlt, dass die Frau an der Tür ihm noch einen schönen Tag wünscht.

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Barry ist jedenfalls bereit, sich für John zu opfern und legt nebenbei dar, wie bescheuert manch ein Glaube doch ist, indem man etliche böse Missetaten einfach durch andere vermeintlich gute Missetaten ausgleichen können solle. Fuches überlässt ihn John und es gibt so etwas wie ein versöhnliches und freundschaftliches Ende zwischen den beiden, ausgedrückt in Blicken und einem angedeuteten Lächeln. Dass Fuches lediglich diesen zwar beinahe heldenhaften Abgang erhält und wir danach nichts mehr über ihn erfahren, finde ich etwas enttäuschend. Barry deutet sein Überleben und das In-die-Arme-gespült-bekommen Johns (inklusive einer endlos „John!?“ rufenden Sally Reed, deren Zusammenkunft wir aber gar nicht zu sehen bekommen) einfach mal als Zeichen, dass ihm von Gott vergeben ist und er sich nicht stellen muss. Also, zumindest als Sally Reed ihm dieses nahelegt, kommt es halt als manipulative Ausrede gelegen.

Der Shot am Hotelbett als Barry aufwacht und feststellen muss, dass Sally Reed und John fehlen, hat mir gefallen. Dass Barry sich dann allem Anschein nach die Zeit nimmt, sich zu rasieren, bevor er auf die weitere Suche nach den beiden geht, ist nicht so ganz verständlich (hier handelt es sich natürlich schlichtweg um einen kleinen Anschlussfehler, bei dem die Barthaarlänge nicht ideal abgepasst worden ist zwischen den Drehs).

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Barry fährt zu Gene, wo er Sally Reed und John erwartet, jedoch lediglich den gerade fliehen wollenden Tom trifft. Der Quacksalber schafft es tatsächlich, Barry ins Gewissen zu reden, so dass dieser sich stellen möchte – doch just in dem Moment der Aussprache hören wir einen Schuss! Während wir noch denken „Och Mist, jetzt hat sich Gene erschossen, obwohl Barry sich doch stellen wollte“, stellen wir fest, dass der Schuss nicht etwa dem Kopf des selbstmordgefährdeten Gene sondern Barry Brust galt. Ein „Oh, wow!“ später folgt ein zweiter Schuss, dieses Mal in Barrys Kopf und er ist Geschichte.

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Eigentlich kein schlechter Punkt für ein Serienende, aber es geht weiter. Passend zur Theater-gleichen visuellen Inszenierung mit Gene und Barry auf der Sofagarnitur, setzt Applaus ein. Sally Reed hat eine Schultheater-Inszenierung des renommierten Stückes „Unsere kleine Stadt“ hingelegt und alles erscheint besser, jetzt, einige Jahre ohne Barrys negativen Einfluss. Doch der Schein währt nur wenige Sekunden, denn bereits auf dem High School Parkplatz bekommen wir die Unsicherheit Sally Reeds zu spüren. Statt John „Ich liebe dich“ zurück zu sagen, sorgt sie sich um die Qualität ihrer Aufführung. Und dem charmanten neuen Lehrerkollegin gibt sie eine wenig charmante Abfuhr (die aber wenigstens einen der wenigen lustigen Momente der Folge dargestellt hat).

Teenager-John hat schon einige Züge in Mimik und Sprache, die an Barry erinnern (oder an Will Byers in „Stranger Things“). Entsprechend fühlte ich mich kurz an „Dexter“ erinnert, als er mit einem Freund „die Sache“ machen wollte. Das entpuppt sich aber nicht etwa als mörderisch, sondern als das Anschauen von „The Mask Collector“, dem Film über Barry. Die Hollywood-Klischee-hafte Nacherzählung war interessant anzuschauen, auch wenn ich etwas schade finde, dass man keine echten Stars die Rollen für die paar Einstellungen hat übernehmen lassen können. Amüsant wird es ab dem Moment, in dem das Filmscript von der Wahrheit abdreht und zeigt, wie Gene in kriminelle Angelegenheiten verstrickt sei – inklusive Ryan Madison in seinem Büro.

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Vom Filmende erfahren wir dann wenigstens noch, dass Gene lebenslang im Gefängnis steckt und Barry ein ehrenvolles Begräbnis erhalten hat. Für John ist das eine zufriedenstellende öffentliche Darstellung. Und in gewisser Weise stellt der Film auch ein Abbild der realen Welt dar, in der vermeintliche Wahrheiten als Fakten gesehen werden, nur weil sie öffentlich und aufmerksamkeitsstark erzählt werden. Dabei finde ich ganz charmant, dass die letzte Einstellung jemanden zeigt, der auf das auf einem Bildschirm Gesehene reagiert – als Spiegelbild von uns Zuschauer:innen, die dasselbe machen.

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Ich finde, es ist verdammt schwer, diese Episode zu bewerten (oder zumindest, ihr eine plakative Wertung in Form von Kronen, Sternen oder was auch immer zu geben). Man hat letztlich den Weg gewählt, inhaltlich möglichst alle Stränge abzuschließen, statt auf Effekte und Absurditäten zu setzen. Das ist sehr löblich und deutlich besser als eine super-unterhaltsame Episode, die aber viele Fragen offen hält. Insgesamt hat mir aber der Humor und gerade das absurde Element gefehlt. Hinzu kommt, dass mir manche Entwicklungen nicht konsequent genug erschienen. Sei es das Wechselspiel um Fuches oder die Tatsache, dass Barry sich nicht etwa von Sally aber vom dämlichen Tom vermeintlich dazu bringen lassen sollte, sich zu stellen.

Das Finale war jetzt auch kein absolute Debakel (um vergleichend zum Beispiel auch noch einmal an „Dexter“ zu erinnern, ähem…). Einiges war gut, aber eben weniges richtig gut. Vielleicht wollte man zu viel oder hat sich ein bisschen verrannt in der Hinleitung. Letztlich haben aber zumindest viele Leute ihr Schicksal gefunden, was – so plötzlich und seltsam es auch kam – gerade bei Barry willkommen ist, um einen Schlusspunkt zu setzen.

Ein bisschen enttäuschend, ja, aber dennoch war es ein grundsätzlich passendes Ende einer Geschichte, die seit Anbeginn von impulsiven Ausbrüchen und pointierten Aktionen gelebt hat.

Review zur 4. Staffel von „Barry“

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Insgesamt war die vierte Staffel durchaus gelungen. Vielleicht nicht gänzlich auf dem überraschend hohen Niveau der dritten Staffel, aber die Erwartungen konnten dann doch in vielen Episoden erfüllt werden. Nach einem langsamen Start hat vor allem die Zeitsprung-Exkursfolge eine Schwäche dargestellt, das hätte man rückwirkend betrachtet anders und vor allem schneller erzählen können. Leider konnte auch das Finale nicht ganz an die Hoffnung herankommen, eine Fünfer-Episode zu schaffen. Tatsächlich hatte ich eher mit dem Gedanken gespielt, auf 3,5 Kronen zu gehen, aber das fühlt sich dann auch nicht fair an.

Tschüss, „Barry“!

Und erneut heißt es, Abschied von einer großartigen Serie zu nehmen. „Barry“ hat noch recht unscheinbar begonnen, sich aber zu einem überraschend vielschichtigen und vor allem außergewöhnlichen Stück Serienunterhaltung entwickelt. Vor allem die zweite Serienhälfte hat demonstriert, dass absurder Humor, spannendes Drama und zumindest mal überdurchschnittliche Bildsprache Hand in Hand gehen können. Viele Nebenfiguren konnten punkten und haben „Barry“ zu dem gemacht, was es war. Viel mehr als Barry Berkmann, einem Killer, der Schauspieler werden möchte. Danke für viele unterhaltsame Stunden! Ich bin gespannt, was Bill Hader sich als nächstes ausdenkt.

Bilder: HBO

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Beitrag von:
Montag, 29. Mai 2023, 09:26 Uhr
BarryReview
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Ein Kommentar

  • Holden

    Die Folge muss ich ein bisschen wirken lassen. Positiv (wobei mir da vermutlich so manch ein Zuschauer widersprechen wird) war, dass nichts so passierte, wie man es in anderen Serien gemacht hätte.

    Es kommt nicht zum großen, actiongeladenen Showdown zwischen Barry, Fuches und Hank (und Gene). Stattdessen stirbt der vielleicht beliebteste und sympathischste Charakter „so nebenbei“, der zwielichtigste verschwindet mit einem „Alles ist gut“ aus der Handlung und der Protagonist bekommt einen Überraschungstod, der dafür sorgt, dass der vielleicht unschuldigste von all den Arschlöchern in dieser Serie die härteste Strafe abbekommt. Okay, dass Sally am Ende ein quasi-Happy End bekommt, war abzusehen. Wenn Kim Wexler am Ende mit einem Klaps auf die Finger davonkommen darf, dann wohl auch Sally Reed.

    Aber man merkt auch hier wieder, was für ein starker Geschichtenerzähler Bill Hader in den letzten Jahren wurde. Mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen, kann oft nach hinten losgehen und ich wette, dass jetzt schon ein ganzer Haufen YouTuber und Redditoren sich darüber beschweren, dass die Serie auf diese Weise endete, anstatt mit der plumpen Fanfiction, die sie in ihrem Kopf hatten. Aber ja, das war ein großartiges Ende mit der vielleicht schwärzesten Pointe seit TAXI DRIVER.

    Die beiden größten Lacher in dieser erwartet eher ernsten Folge, kamen für mich übrigens von der Enthüllung, dass Genes Sohn genau so eine aufmerksamkeitsgeile Medienhure wie sein Vater wurde und von der überraschend furchteinflößenden Filmversion von Noho Hank. Zudem frage ich mich, ob die Serie tatsächlich einen subtilen Seitenhieb auf ihren Geldgeber Warner Bros ablieferte. Ich meine, die Realversion von WB ist ja nicht gerade dafür bekannt, ihre Stars bei gewissem Fehlverhalten sofort vor die Tür zu setzen *Hust*Ezra Miller*Hust*, aber die Anschuldigungen gegen Gene waren scheinbar genug, um ihn zu feuern.

    Naja, schade, dass es vorbei ist. Und dass es diese Serie, so wie es aussieht, vermutlich nie auf Blu-Ray geben wird. Hoffentlich bleibt sie populär genug, damit sie in ein paar Jahren nicht als Steuerabschreibung endet.

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