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Die letzten beiden Better Call Saul Folgen im Jahr 2016. Tristesse oder großes Finale, das ist die Frage, die ich im folgenden Review zu beantworten versuche.

S02E09 – Nailed / Nägel mit Köpfen

Wo waren wir nochmal? Richtig, Jimmy manipulierte Akten im Haus von Chuck, um HHM auflaufen zu lassen, so dass der Klient wieder zurück zu Kim kehrt. Und genau das geschieht auch. Chuck läuft brutal bei einer Routineanhörung auf, denn durch die Manipulation stimmt die Adresse auf den Antragsformularen nicht mehr mit der tatsächlichen Adresse überein. Ein Fauxpas, der Chuck aus der Bahn wirft – wie konnte das nur passieren? Lange hegt Chuck keine Selbstzweifel, schnell hat er Jimmy in Verdacht und konfrontiert ihn vor Kim. Als Resultat ergibt sich eine Art der Liebeserklärung von Kim an Jimmy, die vor Chuck Partei für ihren On/Off-Beziehungsfreund Jimmy ergreift. Auch wenn sie selbst weiß, dass Jimmy natürlich seine Finger im Spiel hatte, kritisiert sie Chuck dafür, dass er nie an seinen Bruder geglaubt hat. Damit spricht sie dem Zuschauer – inklusive mir – aus dem Herzen, ein schöner Moment.

Während Jimmy durch Aktivitäten wie die Manipulation der Akten weitere kleine Schritte in Richtung Saul macht, ist Mike schon viel weiter. Er rächt sich an Hector und ergattert einen großen Batzen Bargeld, als er einen seiner Kuriere überfällt. Dabei geht er absolut professionell vor, mit schwarzer Maske und blitzschnell, aber ohne dem Fahrer ein Haar zu krümmen. Manchmal wundert man sich schon, wie so ein Mann, der stramm auf die 70 zugeht, noch so auf Zack ist und sich mühelos mit dem organisierten Verbrechen anlegen kann.

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Mike macht Ernst.

Der große und überleitende Cliffhanger zu Episode 10 ist Chucks Wahn, Jimmys Betrug aufzudecken. Er macht den Copyshop ausfindig, in dem Jimmy eine ganze Nacht verbracht hatte, um die Manipulation an den Akten vorzunehmen. Dort versucht er, den Kassierer dazu zu bringen, dass dieser Jimmys Anwesenheit zugibt. Er weiß natürlich nicht, dass Jimmy dank Kims Hinweis den Kassierer Minuten vorher bestochen hat. Chuck versteht die Welt nicht mehr; denn zuvor bestätigte der Angestellte des Copyshops noch Jimmys Anwesenheit gegenüber Chucks Gehilfen, doch das war vor Jimmys überzeugenden Geldscheinen. Am Ende kommt Chuck mit dem Stress nicht mehr klar und fällt auf den Tisch und stößt sich den Kopf. Blutverschmiert liegt er am Boden, der Eindruck wird vermittelt, dass er sterben könnte.

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Chuck kommt mit dem Stress nicht mehr klar.

Wie immer bleibt der Eindruck einer schönen Folge, aber auch der Beigeschmack, dass hier ein großes Finale vorbereitet wurde. Mike legt sich mit Hector an und Jimmy muss sich vielleicht einer traurigen Endgültigkeit stellen?

S02E10 – Klick

Die letzte Episode der zweiten Staffel greift zurück auf die Vergangenheit. Jimmy und Chuck am Bett ihrer Mutter, die im Sterben liegt. Das Besondere an dieser Darstellung: Im ersten Moment sieht man lediglich Jimmy an einem Krankenhausbett. Die Interpretation ist sofort, dass Chuck gestorben ist und Jimmy am Totenbett trauert – erneut eine geschickte Bildsprache der Macher. Ziel der Szene ist es aber nicht, uns an der Nase herum zu führen, sondern einen weiteren Stein in der komplizierten und belasteten Beziehung der beiden ungleichen Brüder im Familienmauerwerk zu erklären. Während Jimmy Sandwiches holt, da der Moment des Ablebens der Mutter nicht absehbar ist, stirbt sie. Ihr letztes Wort lautet „Jimmy“. Chuck, der sich auch so zu erkennen gibt, als die Mutter kurz erwacht, wird von ihr nicht wahrgenommen. Er, der alles im Leben richtig gemacht hat, Erfolg hat und sich stets korrekt verhalten hat, wird in der letzten Sekunde seiner Mutter ignoriert – für sie gibt es nur Jimmy. Erst der Vater und nun die Mutter, während Jimmy immer die Akzeptanz von Chuck gesucht hat, fühlt er sich von ihm um die Liebe seiner Eltern betrogen. Kein Wunder also, dass beide Probleme miteinander haben.

Zurück im Jetzt sehen wir Jimmy, der die Szene im Copyshop aus sicherer Entfernung beobachtet hat, intervenieren. Er hilft, so gut er kann. Chuck stirbt nicht, ist aber schwer gezeichnet. Die Untersuchungen im Krankenhaus versetzen ihn in eine psychische Starre. Jimmy tut sein Bestes, weiß aber, dass er Schuld an dieser Eskalation hat.

Während er auf Resultate der Untersuchung wartet, gibt es ein schönes kleines Highlight zu sehen. Der über die vergangenen Episoden von Jimmy produzierte Werbespot ist endlich zu sehen. Rentner und Kriegsveteranen, die nur von Jimmy McGill ernst genommen und gewissenhaft repräsentiert werden können – das ist die Botschaft. Vielleicht etwas kurz, aber schön anzusehen ist diese Werbeunterbrechung.

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Kim gefällt Jimmys Fernsehwerbung.

Bevor aber das große Finale zwischen Chuck und Jimmy aufgelöst wird, sehen wir Mike. Er will einen Schritt weitergehen und Hector endgültig aus dem Weg schaffen. Mike besorgt sich ein Scharfschützengewehr und übt, so dass er auch ja nicht verfehlt, wenn er die Chance bekommt. Er legt sich auf die Lauer und da ist er, Hector. Doch er kann den Schuss nicht setzen: Hector wird verdeckt, er muss warten. Bevor sich aber eine zweite Möglichkeit ergibt, hört er die Hupe seines Autos, welches mehre Meter entfernt in der Wüste steht. Jemand hat ein Stück Holz zwischen Sitz und Lenkrad befestigt und dazu die Botschaft „don’t“ – mach es nicht – hinterlassen. Wer es war, wissen wir nicht. Vielleicht kündigt sich hier schon Gus aus Breaking Bad an?

Bei Jimmy und Chuck endet die Staffel damit, dass Chuck trotz Entlassung aus dem Krankenhaus keine Ruhe findet. Er tapeziert sein Wohnzimmer mit Alufolie und kündigt bei HHM. Jimmy wird durch Howard auf Chucks irrationale Handlung aufmerksam gemacht und versucht ihn umzustimmen – Chuck ohne Gesetze und Akten? Undenkbar! Chuck versichert glaubhaft, dass er nun weiß, dass Jimmy die Akten nicht manipuliert hat – er also einen Fehler gemacht haben muss. Und dieser Fehler beweise ihm, dass er nicht mehr geeignet ist für den Job als Anwalt. Jimmy schluckt den Köder und will als guter Bruder Chuck aufbauen und gibt seine Tat zu. Doch er rechnet nicht damit, dass Chuck dieses Geständnis mit einem Kassettenrekorder aufgenommen hat. Ende.

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Jimmy tappt in Chucks Falle.

Der Cliffhanger der Staffel ist also, dass Chuck kurz davor steht, Jimmy der Urkundenfälschung zu überführen. Auch wenn dieser „Move“ unerwartet daherkommt, ist mir das eindeutig zu wenig. Jimmy ist immer noch Jimmy, zwei ganze Staffeln und der Name Saul taucht bisher NUR im Titel auf. Natürlich war diese Staffel gut, alleine für die Inszenierung verdienen sich die Macher ein großes Lob, neben den hervorragenden Charakteren und Schauspielern. Aber es geht einfach nicht voran. Vielleicht aber gehe ich auch mit der falschen Einstellung an die Serie? Vielleicht sehen wir Saul auch erst mit dem Ende der Serie als Saul? Wie dem es auch sei, mir fehlt die Spannung. Mir fehlt das Kribbeln, denn inzwischen kennt man die Charaktere, nun wären etwas mehr Ereignisse angebracht.
Bitte in Staffel 3 einen Gang rauf schalten, danke.

Gedanken zur kommenden Staffel findet ihr auf der nächsten Seite.

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Beitrag von:
Sonntag, 24. April 2016, 18:18 Uhr
Better Call SaulReview
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8 Kommentare

  • Ich hatte mir auch mehr erhofft. Ja, das war gut, aber irgendwie fühlt sich die komplette Staffel wie eine Einführung an. Das war so schnell vorbei und hat sich gefühlt an Nebenstories festgeklammert. Klar, das Tempo ist hier anders und die kleinen Dinge werden groß inszeniert (was auch gut ist). Und schon klar, dass er nicht ab Episode 2 Saul ist, aber es gibt ja auch bereits ein paar Anzeichen (eigene kleine Kanzlei, etc.). Wirkte mir aber leider etwas zu sehr auseinander gedriftet, wie Mike und Jimmy dargestellt wurden. Bin gespannt, wie die in Season 3 wieder zusammen kommen („Ich kenne da jemanden…“).

  • Mein Hauptproblem mit Staffel 2 war, dass es wohl im Writer’s Room eine „Entweder Jimmy oder Mike“ Regel gegeben haben muss. Pro Folge bewegte sich immer nur einer der Plots vorwärts. Als beispielsweise Mike sein großes Salamanca Abenteuer hatte, hat Kim eine ganze Folge lang nur herumtelefoniert und Jimmy in seinem Büro gesessen. Als dann Jimmy endlich die Initiative ergriff, trat Mike auf der Stelle.

    Trotzdem, für mich ist „Better Call Saul“ zur Zeit eine der besten Serien. Es ist zwar alles etwas bodenständiger und weniger adrenalinpumpend als „Breaking Bad“, aber es ist spannend. Und vor allem hat sich jedes mal, wenn der Abspann anfängt, die Geschichte (selbst die Hälfte, in der weniger passiert ist) vorwärts bewegt, anstatt dass wie z.B. „Homeland“ oder „The Walking Dead“ die meisten Folgen nur Füllmaterial bis zum nächsten Cliffhanger sind, der dann keine fünf Minuten nach Beginn der nächsten Folge ohnehin irrelevant sein wird. (Und schon die Tatsache, dass Fans und Kritiker sich tatsächlich fragen „Wie geht es weiter?“ anstelle von „Wer stirbt als nächstes?“, zeigt ja schon deutlich, dass sich Vince Gilligan und Co richtig Mühe geben.)

    Prognose für Staffel 3: Chuck bringt Jimmy vor Gericht, doch dieser kann sich dank des Zustands seines Bruders nicht nur herausreden*, er erwirkt auch eine Einweisung in die Psychiatrie, was dann wohl das Ende der brüderlichen Beziehung sein wird. Entweder wird dies der Grund für den Namenswechsel sein oder einfach nur, weil der alte Name trotz Freispruch nun in der Öffentlichkeit negativ belastet ist. („James McGill? Da war doch was…“)

    *“Euer Ehren, ich liebe meinen Bruder und wenn ich inmitten seines mit Folie tapezierten Wohnzimmers ein Verbrechen gestehen muss, dass seinen paranoiden Wahnvorstellungen entprang, nur damit er sich nach einem Zusammenbruch in der Öffentlichkeit vor Zeugen, der laut Ärzten übrigens bewiesenermaßen psychosomatische Gründe hatte, wieder besser fühlt, würde ich dies jeden Tag tun. Habe ich erwähnt, dass sein Wohnzimmer mit Folie tapeziert war, weil er glaubt, dass ihm Elektrosmog weh tut?“

  • Jonas
    Jonas

    Solange man sich derartige Gedanken um eine Serie machen und sich auch über die Handlung aufregen kann, ist dies ein gutes Zeichen. Trotzdem hoffe ich einfach, dass Vince ein bisschen mehr Network TV als Netflix macht :-)

    Was auch großartig wäre, glaube ich aber nicht, dass wir auf einmal die Zeit nach Breaking Bad sehen und dort die Handlung spielt. Wie er untergetaucht ist, warum er Inhaber(?) eines Cafés ist und so weiter.

    • Denke auch, dass das nie wirklich größer thematisiert wird. Vermutlich am Ende ein kurzer Abschnitt, ähnlich wie beim Beginn der jeweiligen Staffeln bislang. Aber ja, spannend – und sehr fraglich, wie lange wir darauf warten müssen. Habe aktuell gar kein Gefühl, auf wie viele Staffeln das Ganze angesetzt ist…

      • Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Handlung länger als 4 Staffeln (von denen die letzte natürlich wieder in der Mitte geteilt und als zwei verschiedene vermarktet wird) laufen kann.

      • Das hatte ich zu Beginn auch gedacht, aber das langsame Tempo rührt ja eher davon, dass es auch Breaking Bad’sche 5 oder 6 werden könnten. Bleibt natürlich die Frage, wie ausgedehnt das ganze Herankommen an den großen Bruder (oder ggf. auch Erzählen der Nachgeschichte) noch kommt.

  • Freddy

    Erstmal danke für „Uhrkundenfälschung“, habe sehr gelacht ;)

    Ich bin ehrlich gesagt nicht überrascht, dass die lange herbeigesehnte „Transformation“ noch nicht passiert ist und freue mich auch, dass es so ist. Ich hatte vor der Serie befürchtet, dass die Sendung irgendwann auf ein besseres Sitcom-Niveau rutscht und jede Folge eine lächerlich Fall-Abhandlung zeigt. Ab Mitte zweiter Staffel habe ich aber die Hoffnung entwickelt, dass die Sendung tatsächlich darauf abzielt, die Transformation als Inhalt zu präsentieren und wenn sie abgeschlossen ist, ist auch die Serie vorbei. Bei großem Erfolg und demnach vielen Staffeln wird diese Story entsprechend langsam und dafür muss es Mike geben, der ein bisschen mehr Action reinbringt. Ich finds toll ;)

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