Und wieder begeistern mich die ersten Minuten der neuen „Better Call Saul“ Episode, auch wenn die Szene keine Vor- oder Rückschau ist, in schwarzweiß oder in einen Splitscreen verwandelt wurde. Aber Jimmy in einer typischen durchgedrehten Art und Weise zu sehen, macht einfach Freude. Wie er die ganze Nacht in einem Bus sitzt und die Karten zur Unterstützung für Huell schreibt, großartig. Dabei fällt mir auf, egal wie krumm die Aktionen von ihm sind, fleißig ist er, sogar sehr fleißig. Auch wie er für alle der imaginären Personen ein Handy vorbereitet und auf die Anrufe der Staatsanwältin wartet – genial. Da kann man auch darüber hinwegsehen, dass es eindeutig mehr Briefe als Handys sind.
Am Ende geht der Plan auf. Jimmy setzt den Richter unter Druck mit der angeblichen massenhaften Unterstützung für Huell, während Kim die Staatsanwältin mit Forderungen und einem riesigen Anwaltstross das Leben schwer macht. Als Resultat bekommt Huell nur eine Bewährungsstrafe, wer hätte das gedacht.
In Kims Verhalten sieht man am Anfang wieder die Ablehnung und den Frust über Jimmy. Und er reflektiert diesen Zustand in seinem kleinen Zimmer im Nagelstudio. Er glaubt, dass die Beziehung bereits beendet wurde.
Was aber dann passiert, kann ich immer noch nicht ganz glauben, insbesondere weil es meine Einschätzung der vergangenen Reviews der letzten Wochen komplett ad absurdum führt. Denn Kim steht anscheinend total auf die Jimmy-Nummer. Sie will sogar noch einmal eine derartige Aktion durchziehen. Warum ist das so? Wenn wir zurückdenken, dann gab es die Momente, in denen Kim und Jimmy zusammen unbedarften Bar-Besuchern Lügen aufgetischt haben und sich einen Spaß aus den mehr oder weniger harmlosen Betrügereien gemacht haben. Und auch abseits dessen muss sie ja irgendwas an ihm finden, schon klar. Aber ich dachte ernsthaft, dass Kim einen anderen Weg eingeschlagen hätte. Alles wirkte, als ob sie sich geistig von Jimmy schon getrennt hätte, auch die Bildsprache der letzten Episode kommunizierte mehr als deutlich diese Trennung. Aber jetzt fällt sie direkt über ihn her und will sogar, dass er nach dem Sex die Stimmen der ausgedachten Menschen nachspricht. Ist Kim langweilig, sucht sie das Adrenalin, was treibt sie an? Diese Frage stelle ich mir nach Coushatta und ich habe keine Antwort. Oder ist es nur ein kurzer Rausch, der sich wieder legt? Ich werde nicht schlau daraus. Oder trennen sie sich gar nicht und Kim war quasi auch in den Breaking Bad Zeiten die ganze Zeit noch mit/bei ihm? Puh, darüber muss ich jetzt sicher eine ganze Woche nachdenken und hoffen, dass in der kommenden Episode dazu etwas Klarheit geschaffen wird.
In den anderen zwei Erzählsträngen gehen die Dinge ihren Lauf. Nacho ist inzwischen der neue Hector, plant aber mit gefälschten Pässen für sich und seinen Vater schon seine Flucht in ein Leben ohne Kriminalität. Mike ärgert sich parallel mit den Deutschen und berichtet Gus über den Fortschritt.
Übersetzungsfail(s) in dieser Episode
Ein kleiner Exkurs in diesem Review und ein Geständnis. Ich habe diese Folge auf Deutsch angefangen. Erst wollte ich zurückschalten, aber dann dachte ich, ok, lass ich es mal so, ist ja auch mal ganz angenehm. In der Bar Szene, Mike und Werner, wunderte ich mich über den Fremden, der eine Limonade bestellt und von Werner korrigiert wird, es hieße Hefeweizen. Wie bitte? Eine Limonade (oder „Limo“ wie er sagt) ist doch kein Weizen? Im Original auf Englisch macht diese Szene dann wieder Sinn, der Amerikaner sagt „Heefiweeizen“ und wird von Werner auf die korrekte Aussprache hingewiesen, die da heißt „Hefeweizen“. Erneut schaue ich die Szene auf Deutsch und lasse mir die Untertitel einblenden, selbst da steht „Heefiweeizen“, warum also lassen sie ihn Limo sagen? Oder ist die Zeit für die Übersetzung so knapp, dass es keine Qualitäts-Kontrolle gibt, so dass Sprecher und Untertitel-Texter komplett aneinander vorbei arbeiten?
Und noch ein anderer Fail in dieser Episode. Als Kim mit ihren Mitarbeitern (im Original „Associates“) die Staatsanwältin konfrontiert, wird es mit „Kollegen“ übersetzt, die Untertitelung sagt korrekterweise „Mitarbeiter“ und das wäre auch die bessere Übersetzung. Was ist da also nur los mit den Sprechern, machen die ihr eigenes Ding?
Trotz der genannten Übersetzungsfehler macht die Folge viel Spaß, lässt mich aber ob der Sinneswandlung Kims ratlos zurück. Ich verstehe es einfach nicht, freue mich aber über diese Wendung und hoffe einfach auf eine sinngebende Szene in der kommenden Episode.
Bilder: Netflix / AMC
Was ich mich frage: Wer hat denn den ganzen Spass für Huells Verhandlung bezahlt (Briefe, Homepage, Kaffeefahrt& Anwälte). Er selbst oder Kim+Jimmy?
Ich denke, dass entweder die Briefe nochmal auf die Handschrift kontrolliert werden (Zufallsfund) oder Kim bei ihrer nächsten geplanten Aktion ihre Anwaltslizenz verliert. Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, dass Jimmy je über die Konsequenzen seiner Aktionen resümiert hat.
Kim kommt in jeder Situation frustriert und kühl rüber (wie immer?!), um danach ihren Frust und Langweile mit Jimmy im Bett zu kompensieren.
Der Bau des Methlabors passt meiner Meinung nach nicht richtig zur Serie (das hätte ein Spinoff von Gus sein können) bzw. ist bisher zu langweilig umgesetzt.
Meine „Lieblings-Synchronsprecherin“ war auch wieder mit dabei…und Limo-Colaweizen-Radler-Hefi was auch immer :P
Ich glaube die Huell-Aktion ist beendet und wird nachträglich keine Stolperfalle für Kim und Jimmy; bzw. wie du schon sagst, Jimmy kann eigentlich nichts mehr passieren, deswegen glaube ich auch nicht daran, dass Kim Probleme bekommt. Aber wie wird es dann zwischen den beiden enden? Ach, ich weiß es einfach nicht – was auch ganz schön ist :-)
Das mit der Limo ist schon selten dämlich, danke für diese interessante Entdeckung für zukünftige „Originalton-Diskussionen“. :)
Die Anzahl der Briefe kann durchaus größer als die der Telefone gewesen sein, weil ja nicht auf bzw. in jedem eine Nummer stehen musste. Das war wohl eher gezielt, um eine überschaubare Anzahl wuppen zu können. Und bei Kim wurde das mMn eigentlich ganz passend erzählt. Wie du schreibst wurde gezeigt, wie sie sich nach und nach etwas von Jim distanziert (oder eben sich beide auseinanderleben). Sie geht in eintöniger Arbeit unter, wird gelangweilt und ihr Jim macht jetzt auch vermeintlich einen langweiligen Handy-Verkäufer – das stumpft ab. Da bieten die neuerlichen Aktionen Nervenkitzel (und eben mehr das, was Jim ausgemacht hat, als sie ihn kennenlernte).
Maik hat recht mit seinem Hinweis wegen der geringeren Anzahl von Telephonen als Briefen: Der Büroangestellte sagt doch sogar zur Staatsanwältin beim Briefe öffnen und lesen „This one has a phone number“ – was implizit aussagt, daß das eben nicht bei allen der Fall ist.
Vermutlich hat Jimmy die Nummern über die größere Anzahl an Briefen gestreut, davon ausgehend, daß die eh nur „Stichproben“ nehmen und lediglich ein paar Briefe wirklich lesen und aus diesen dann maximal zwei, drei Leute anrufen werden.
Noch kurz was zu Kim: Vermutlich fragen wir alle uns schon länger, wann und wie sie aus Jimmys Leben verschwindet, denn in Breaking Bad ist sie definitiv nicht mehr dabei, nicht on-screen, wie wir alle wissen, aber auch nicht als Charakter irgendwo im imaginären Hintergrund, sonst hätte Saul sie ja mit einplanen müssen, als er zum Ende hin dann auch untertauchen will in eine neue Identität. Wenigstens ordentlich verabschiedet hätte er sich irgendwie. Der Saul-Charakter ist eindeutig ohne wirkliche persönliche Bindungen.
Ich dachte erst lange, daß sie irgendwie tragisch verunglücken wird, und mit ihrem Autounfall war sie ja schon nah dran. Später habe ich eher vermutet, daß sie irgendwann erkennt, daß er einfach ein chronischer Trickser ist und immer bleiben wird, und das moralisch einfach nicht mittragen kann.
Aber nun scheint sie selber Gefallen dran zu finden – wahrscheinlich wirklich, weil so ein Leben als Top-Anwalt mit hochkandidelten Wirtschaftskunden einfach staubtrocken, steif und ein wenig langweilig ist.
Daher glaube ich mittlerweile eher, daß Jimmy irgendwie den Bogen überspannen und sich gegen sie richten wird, so daß ihr gar nichts anderes über bleibt, als Abstand von ihm zu nehmen.
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